Nick aus der Flasche
schien sich beruhigt zu haben, denn er hörte die beiden nicht mehr.
Seufzend ließ sich Nick auf die Matratze fallen. Seine innere Unruhe fraß ihn beinahe auf. Er würde auf eine richtige Party gehen, viele Menschen kennenlernen und Spaß haben.
Spaß – das war beinahe zum Fremdwort geworden.
Er verdrängte die Erinnerung an die letzte Begegnung mit Solomons Riemen und widmete sich schöneren Gedanken: Emma.
Gleich würde er sie sehen. Nick ängstigte sich davor und zugleich freute er sich. Emma war nun eine alte Frau, aber sie lebte noch. Wie würde sie aussehen? Wie wohnte sie? Ach, er war so nervös!
Als plötzlich die Zimmertür aufflog, eilte Nick ans Fenster. Julie kam herein, Connor folgte ihr dicht auf den Fersen.
»Ich frage dich jetzt ein letztes Mal, Julie: Warum hat er meine Sachen getragen?«
Sie schwieg und packte ihr Telefon in eine kleine Umhängetasche.
Nick unterdrückte den Wunsch, durch die Zähne zu pfeifen. Was für ein steiler Zahn! Julie trug ein Stretchoberteil und einen genauso engen schwarzen Minirock, der jede Rundung ihres Körpers offenbarte. Dazu hatte sie Stiefel an, die ihr bis zu den Knien reichten.
»Und, triffst du dich jetzt wieder mit ihm, so wie du dich herausgeputzt hast?«, wollte Connor wissen. »Dann sag ihm, dass ich meine Jeans zurück will.«
Als sie sich ihrem Bruder zuwandte, erkannte Nick, dass sie sich Lippenstift aufgelegt und ihre Augen schwarz umrandet hatte. Wow, sie war eine flotte Biene, ohne Zweifel. Hatte sie sich tatsächlich für ihn so hergerichtet?
Julie stemmte die Hände in die Hüften und blickte mürrisch drein. »Ich sag es dir noch ein Mal: Vielleicht besitzt er eben zufällig dieselben Sachen wie du, so was soll vorkommen!«
Connors Augen funkelten. »Ich bin weder blind noch doof. Das T-Shirt gibt es nicht im Handel, dieses bunte Logo ist eine Sonderanfertigung. Dad hat drei Stück von einem Klienten bekommen und die hat er mir geschenkt.«
Okay, sie hatten verloren.
Demonstrativ drehte Julie ihrem Bruder den Rücken zu. »Würdest du mich entschuldigen? Ich muss zu Mrs. Warren.«
»In dem Aufzug?«
»Kannst du jetzt endlich verschwinden?« Julie hörte sich sauer an. Mann, das nur seinetwegen. Das schlechte Gewissen machte sich wieder bemerkbar. Auf der Party würde er sich etwas einfallen lassen, um ihre Laune zu heben.
»Connor, bitte!« Sie versuchte, ihn aus dem Zimmer zu drücken, wobei die zwei aus Nicks Gesichtsfeld verschwanden. Er lief nach unten in die Puppenküche, aber da tauchte Julies Bruder erneut auf. »Hast du die von ihm?«
Vorsichtig lugte Nick zwischen den Vorhängen hindurch. Connor hielt seine Flasche in der Hand.
»Gib die sofort her!« Jetzt sah Julie richtig böse aus. Sie sprang in die Luft, um die Flasche zu schnappen, doch Connor war zu groß für sie. Er musste nur den Arm ausstrecken, um die Flasche aus ihrer Reichweite zu bringen.
»Du bekommst sie wieder, wenn du mit der Sprache rausrückst.« Connor verließ das Zimmer, Julie folgte ihm.
Die Tür musste offenstehen, denn Nick hörte sie im Flur. »Gib mir die Flasche!«
»Erst will ich eine Antwort!«
Frustriert ließ sich Nick auf den Küchenstuhl sinken und riss sich ein Stück vom Muffin ab, der dort noch immer auf dem Tisch stand. Er wollte endlich zu Emma! Um seine Flasche machte er sich weniger Sorgen. Er würde sie überall finden, da er spürte, wo sie sich befand. Außerdem war es ihm nur recht, wenn Julie ihn nicht in die Flasche ordern konnte.
Als sich plötzlich das Puppenzimmer verdunkelte und ein gelbes, mit Pelz umrahmtes Auge zum Fenster hereinschaute, fiel Nick rückwärts vom Stuhl und ließ das Teigstück fallen.
Der Kater!
Hoffentlich verschwand das Vieh bald, es machte ihm Angst.
Leider hockte es sich vors Haus und ließ ihn nicht aus den Augen. Ob es den Muffin wollte? Nick rappelte sich auf, packte das Riesenförmchen und warf es zum Fenster raus.
Die Katze schaute zu, wie der Muffin ein Stück über den Boden rollte, und steckte die Nase zum Fenster herein.
Nick wich zurück so weit er konnte. Verdammt, wo blieb Julie? Er hörte sie immer noch streiten.
»Verschwinde«, zischte Nick dem Kater zu, packte den Stuhl an der Lehne und wedelte damit vor dem Fenster herum.
Zu seiner Erleichterung trat das Tier den Rückzug an, aber dann machte es einen Satz auf das Haus zu und steckte die Pfote herein!
Oh Gott, das fette Katzenvieh wollte ihn aufschlitzen! Mit den Krallen versuchte der Kater ihn zu
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