Nick aus der Flasche
oder ein Labor. Auf einem Tisch mit Steinplatte hatte Nick zuvor einen Bunsenbrenner entdeckt und zahlreiche Reagenzgläser. An den Wänden hingen Regale, in denen sich seltsame Sachen befanden: Schrumpfköpfe, getrocknete Kröten im Glas, Schlangenhäute, Quarze, Flaschen mit bunten Flüssigkeiten. Offensichtlich lebte der Magier hier. Und er schien allein zu sein. Bisher hatte Nick niemanden sonst gesehen.
Seit einer gefühlten Unendlichkeit steuerte die Yacht auf das offene Meer hinaus. Wollte der Kerl sie ertränken? Oder brachte er sie an einen abgelegenen Ort?
Nick konnte durch das winzige Bullauge nicht viel erkennen, starrte lediglich in den trüben Himmel, hinter dessen dicken Wolken sich die Sonne versteckte.
Als plötzlich das Motorengeräusch erstarb und die Yacht stehen blieb, zuckte er innerlich zusammen und Julie riss die Lider auf.
»Ich glaube, wir sind weit genug draußen, dass wir endlich anfangen können.« Der Magier betrat die Kajüte, lächelte falsch und zeigte seine perfekten Zähne.
Nick spürte, wie sich der Kloß in seinem Hals löste und er wieder sprechen konnte. »Anfangen? Womit? Und wer sind Sie?«, fragte er atemlos.
»Ein alter Freund von Rasmus.«
Er hatte diesen blonden Kerl noch nie gesehen.
»Tiberius Cumberland.«
Der Name kam ihm allerdings bekannt vor, Nick hatte ihn schon in E-Mails gelesen. Solomon hatte geglaubt, jemand wolle seine Geschäfte vereiteln. Ob das dieser Cumberland gewesen war? »Womit wollen Sie anfangen?«, fragte er erneut.
Cumberland grinste überheblich. »Warum denkst du denn, dass du hier bist, Dschinn?«
Es kam nur ein Grund in Frage. »Sie wollen, dass ich Ihnen einen Wunsch erfülle? Aber da muss ich Sie enttäuschen, das …«
»Ts.« Cumberland schnaubte amüsiert. »Ja, du wirst mir einen Wunsch erfüllen, einen lang gehegten Traum, und das funktioniert ganz ohne Zauberei. Falls nicht, quäle ich deine Herrin.«
Quälen? Nick warf einen Blick auf Julie und seine Herzschläge gerieten ins Stolpern. »Was wollen Sie?«
»Nur die Zutaten und den Zauberspruch, um Flaschengeister zu erschaffen. Von irgendwas muss ich ja leben und meine Yacht abbezahlen. Rasmus hat schließlich niemandem verraten, wo er sein Geld versteckt hat.«
Flaschengeister erschaffen … Geld versteckt … Konten. Solomon hatte eine Menge Geld zur Seite geschafft. Nicks Magen zog sich zusammen. Oh Gott, der Mann wollte Solomons Machenschaften weiterführen! Offensichtlich war es doch Cumberland gewesen, der Solomons Geschäfte vereiteln wollte. Was leider bedeutete, dass der Kerl noch viel bösartiger war als sein ehemaliger Meister.
Verächtlich schaute der Magier auf ihn herab. »Du kennst den Spruch. Rasmus war nicht dumm, er hat gewusst, dass du lauschst. Von ihm wusste ich auch, dass du in der Nähe bist.«
Mühsam wälzte sich Nick auf den Rücken. Ihm tat alles weh, doch immerhin konnte er sich bewegen, während sich Julie weiterhin nicht rührte. »Aber … Er ist tot!«
»Du bist nicht der Einzige, der sich mit Geistern unterhalten kann.«
Cumberland hatte mit ihm gesprochen?
»Rasmus hatte mir zugesagt, sein Partner zu werden. Leider kam sein Schlaganfall dazwischen oder sollte ich sagen: zum Glück?« Er lachte teuflisch. »Nun muss ich nicht mit ihm teilen und sein Haus verlassen kann er auch nicht. Als ob seine eigenen Schutzzauber ihn darin gefangen halten.«
»Sie wollen also nur die Zutaten und den Spruch?« Hoffnung keimte in ihm auf, auch wenn ihm die Idee nicht gefiel, dass Cumberland mit dem Albtraum weitermachte.
»Fürs Erste.«
»Und deshalb musste Connor sterben?« Nick konnte immer noch nicht begreifen, dass er tot war.
Neue Tränen liefen über Julies Wangen und Nicks Wut sowie seine Hilflosigkeit wuchsen. Er machte sich unendliche Vorwürfe. Connor hatte ihm helfen wollen, seine Flasche bringen … Dumpf zog es in seiner Brust. Er hatte das Gefühl, seine Flasche würde näherkommen. Was für ein Unsinn!
»Connor …« Cumberlands Stirn legte sich in Falten. »Ah, der Bruder deiner Herrin. Er hat mich dank eines Peilsenders, den ich ihm heute Früh angesteckt habe , zu euch gebracht, nachdem ihr untergetaucht wart.«
Daher hatte Connor den Mann also gekannt.
»Er war mir im Weg, hat mich gesehen. War nichts Persönliches.«
Würde ihm Julie auch im Weg sein? Wenn sie starb, wäre sie nicht mehr Nicks Herrin … Seine Angst um sie fraß ihn beinahe auf. »Lassen Sie Julie gehen und ich sage Ihnen alles.«
Der Magier stolzierte
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