Nick Stone - 01 - Ferngesteuert
und schluchzte weiter; ihre Knie
waren aufgeschürft, weil McGear sie über den Fußboden geschleift hatte. Jetzt riß er Kelly an den Haaren hoch und brüllte sie an: »Halt endlich die Klappe!« Und während er das tat, brach unser Blickkontakt ab, und ich wußte, daß es Zeit war.
Ich stürzte mich auf McGear, schrie dabei laut, um ihn zu verwirren, bekam mit der rechten Hand die Pistole zu fassen und drückte ihren Schlitten mindestens einen Zentimeter weit zurück.
»Scheiße!« brüllte McGear gedehnt – halb aus Wut, halb vor Schmerz.
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Ich packte mit der linken Hand sein Handgelenk, zog es zu mir her und drückte dabei mit meiner rechten Hand den Pistolenschlitten zurück. McGear wollte noch
abdrücken, aber seine Reaktion kam zu spät; der Schuß löste sich nicht mehr. Für mich kam es jetzt darauf an, den Schlitten mit meiner rechten Hand eisern
festzuhalten.
Gleichzeitig drängte ich McGear mit aller Kraft
rückwärts gegen die Wand. Er hielt Kelly weiter an den Haaren gepackt, und sie kreischte gellend, während sie mitgeschleppt wurde. Ich zwang mich dazu, nicht an sie zu denken, achtete nur auf die Pistole und stieß McGear vor mir her. Ich spürte, wie die Luft aus seiner Lunge entwich, als ich ihn gegen die Wand knallte. Kelly geriet zwischen uns; ich trat auf sie, er trat auf sie, und sie schrie vor Schmerzen auf. McGear merkte offenbar, daß er beide Hände brauchen würde, um mich abzuwehren, denn im nächsten Augenblick rappelte Kelly sich auf und flüchtete aus dem Raum.
Ich fing an, sein Gesicht mit Kopfstößen zu bearbeiten.
Ich traf es mit der Stirn, mit der Nase, mit den Schläfen.
Meine Nase schmerzte und blutete wahrscheinlich so heftig wie seine, aber ich ließ nicht locker, sondern machte verbissen weiter, während ich ihn an die Wand gedrückt hielt.
»Schwein!« brüllte McGear dabei. »Schwein! Du
Scheißkerl! Dich mach ich kalt!«
Und ich kreischte ebenso laut: »Scheiße! Scheißkerl!
Verdammter Scheißkerl!«
Ich hielt ihn weiter an die Wand gepreßt. Bei meinen 327
Kopfstößen fügten seine Schneidezähne mir stark
blutende Wunden auf der Stirn und knapp unter dem rechten Auge zu. Aber solange der Adrenalinspiegel hoch ist, spürt man keine Schmerzen. Ich bearbeitete sein Gesicht weiter mit Kopfstößen; damit konnte ich McGear kaum ernsthaften Schaden zufügen, aber doch
schwächen, während wir um seine Pistole rangen.
Während ich die Waffe gegen ihn zu richten versuchte, brüllte ich allen möglichen Scheiß, um ihn
einzuschüchtern und mir selbst Mut zu machen.
Ich kämpfte nur noch nach Gefühl. Unser Blut brannte in meinen Augen. Ich nahm McGear nur noch
verschwommen wahr. Ich wußte nicht, wohin Kelly
geflüchtet war – und das interessierte mich im
Augenblick auch nicht. Ich konnte ihr nicht helfen, bevor ich mir nicht selbst geholfen hatte.
Ich versuchte noch immer, die Pistole in seiner Hand gegen ihn selbst zu richten. Wohin der Schuß ging, war mir gleichgültig; er konnte ihn ins Bein, in den Magen treffen, das war mir scheißegal, solange ich ihn irgendwo traf.
Seine Schreie wurden lauter, als die Finger meiner linken Hand seinen am Abzug liegenden Zeigefinger umfaßten.
Ich drehte die Waffe um, ließ den Schlitten los und drückte ab.
Die beiden ersten Schüsse gingen daneben, aber ich drückte erneut ab. Mit veränderter Schußrichtung traf ich ihn in Hüfte und Oberschenkel. McGear ging zu Boden.
Der Kampflärm verstummte. Die plötzliche Stille war 328
geradezu ohrenbetäubend.
Nach zwei bis drei Sekunden hörte ich Kellys Geschrei von den Wänden widerhallen. Immerhin war sie noch hier im Gebäude. Sie schien einen hysterischen Anfall zu haben, denn sie kreischte höher und lauter als je zuvor.
Aber ich war zu erledigt, um ihr helfen zu können.
Außerdem hatte ich Wichtigeres zu tun.
Um Kelly würde ich mich später kümmern. Ich
rappelte mich mühsam auf. Ich hatte überall starke Schmerzen. Mein Genick fühlte sich an, als sei es nicht mehr imstande, meinen Kopf zu tragen.
McGear wand sich blutend auf dem Boden und
bettelte: »Erschieß mich nicht, Mann! Nicht schießen!
Nicht schießen!«
Mit seiner Pistole in der Hand tat ich, was er vorhin bei mir gemacht hatte: Ich setzte mich rittlings auf seine Brust und rammte ihm den Pistolenlauf tief in den Mund.
So blieb ich eine halbe Minute lang sitzen und
versuchte wieder zu Atem zu kommen. McGears Körper lag wahrscheinlich im Sterben, aber seine Augen waren
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