Nick Stone - 01 - Ferngesteuert
dem Halfter und ließ sie zu Boden fallen.
Ob der andere seine Dienstwaffe gezogen hatte, konnte ich nicht erkennen. Im Arbeitszimmer brannte bisher kein Licht. Die Taschenlampe des anderen Beamten nutzte mir nichts. Melvin und ich blockierten den größten Teil 455
des Lichts der Dielenlampe. Ich hoffte jedoch, der erste Mann würde seine Pistole schon weggesteckt haben, um die Kleine nicht noch mehr zu ängstigen. Aus ihrer Sicht war Kelly nur ein kleines Mädchen, das unter vorerst ungeklärten Umständen in dieses Haus geraten war.
»Mach Licht, Kelly!« rief ich. »Los, beeil dich!«
Keine Reaktion.
»Los, Kelly, mach Licht.« Ich hörte leichte Schritte auf uns zukommen. Ein Klicken, dann flammte die
Deckenlampe auf.
»Okay, bleib dort stehen.« Ich sah, daß sie rotgeweinte Augen hatte.
Hinter dem Schreibtisch stand der Michelin-Mann. Er mußte über hundert Kilogramm wiegen und befand sich schon fast im Pensionsalter. Die Pistole steckte noch im Halfter, aber seine rechte Hand lag auf ihrem Griff.
»Lassen Sie die Waffe stecken!« warnte ich ihn. »Los, sagen Sie’s ihm, Melvin.« Ich stieß ihm die Mündung meiner Pistole gegen den Hals.
»Ich bin erledigt, Ron«, bestätigte Melvin.
»Keine Dummheiten, Ron, verstanden? Es lohnt sich nicht, wegen dieser Sache den Helden zu spielen.
Wirklich nicht!«
Ich merkte gleich, daß Ron mich verstand. Vermutlich dachte er an seine Frau, seine Hypothek und seine Chancen, jemals wieder eine Tüte Donuts zu sehen.
Im nächsten Augenblick piepste Melvins Funkgerät.
»Wagen sechs-zwo, Wagen sechs-zwo, hören Sie mich?«
fragte die scharfe Frauenstimme aus der Zentrale. Das klang wie ein Befehl, nicht wie eine Frage. Es mußte 456
großartig sein, mit ihr verheiratet zu sein.
»Das seid ihr, Melvin, stimmt’s?« fragte ich.
»Ja, Sir, das sind wir.«
»Sagen Sie ihr, daß hier alles in Ordnung ist.« Um meiner Aufforderung mehr Gewicht zu verleihen, drückte ich die Pistole noch fester gegen seinen Hals. »Die Waffe ist entsichert, Melvin, und ich habe den Finger am Abzug. Melden Sie ihr, daß alles in Ordnung ist. Es lohnt sich nicht, den Helden zu spielen, Kumpel.«
»Ich mach’s«, stieß Ron hervor.
»Wagen sechs-zwo, Meldung!« verlangte die Stimme.
»Okay, Sie nehmen die rechte Hand hoch und drücken mit der linken die Sprechtaste«, wies ich Ron an. »Kelly, du darfst kein Wort sagen, verstanden?«
Sie nickte. Ron drückte die Sprechtaste seines
Funkgeräts. »Zentrale, hier sechs-zwo. Wir haben das Haus abgesucht. Alles in Ordnung.«
»Verstanden, sechs-zwo, Meldung um 2213
registriert.«
Ron klickte zweimal mit der Sprechtaste.
Kelly schluchzte sofort wieder los und hockte sich auf den Fußboden. Ich stand weiter auf der Schwelle, hielt meine Pistole gegen Melvins Hals gedrückt und hatte Ron, dessen Waffe noch im Halfter steckte, mitten im Raum vor mir stehen.
»Wenn Sie jetzt nicht mitspielen, Ron, erschieße ich erst Melvin und anschließend auch Sie. Haben Sie das verstanden?«
Ron nickte.
»Okay; dann drehen Sie sich um, Ron.«
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Er gehorchte.
»Knien Sie sich hin.«
Ron kniete sich hin. Er war nur eineinhalb Meter von Kelly entfernt, aber solange sie sich nicht bewegte, hatte ich freies Schußfeld.
Melvin schwitzte ungeheuer. Mein um seinen Hals
geschlungener Arm war bereits feucht, und ich sah sogar Schweißtropfen über meine Pistole laufen. Unter seinem durchgeschwitzten Uniformhemd zeichnete sich die
kugelsichere Weste ab.
»Sie ziehen mit der linken Hand Ihre Pistole heraus, Ron«, wies ich ihn an. »Aber ganz langsam, nur mit Daumen und Zeigefinger anfassen. Dann lassen Sie die Waffe links neben sich fallen. Haben Sie das verstanden, Ron?«
Er nickte.
»Sagen Sie ihm, daß er keinen Scheiß machen soll, Melvin«, forderte ich meine Geisel auf.
»Mach keinen Scheiß, Ron.«
Ron zog langsam seine Pistole aus dem Halfter und ließ sie links neben sich fallen.
»Jetzt machen Sie mit der linken Hand die
Handschellen vom Gürtel los und legen sie hinter sich ab.
Verstanden?«
Ron gehorchte. Ich konzentrierte mich auf Melvin, der angefangen hatte, heftig zu zittern. Ich sprach leise in sein Ohr. »Keine Angst, Ihnen passiert nichts. Diese Story können Sie später Ihren Enkeln erzählen. Sie müssen nur tun, was ich sage. Haben Sie verstanden?«
Er nickte.
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Ich wandte mich wieder an Ron. »Okay, legen Sie sich hin, Ron. Mit dem Gesicht nach unten auf den
Fußboden.«
Er gehorchte und war damit
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