Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel
konzentrierte sich wieder auf Sarah. »Tatsächlich hat Geri der Unterricht so gut gefallen, dass sie überhaupt nicht mehr heimkommen wollte.« Ich merkte, dass er auf Sarahs Reaktion wartete. Er hatte es geschafft, das Ganze als Scherz hinzustellen, aber ich wusste, dass er innerlich tief getroffen und verletzt war. Ich hörte mit schlechtem Gewissen zu, wie Sarah ihn raffiniert umgarnte, aber ich wusste, dass es keine andere Möglichkeit gab.
Sarah nickte zu den Fotos über dem offenen Kamin hinüber und machte sich daran, die Angelleine einzuholen. »Was ist mit den Kindern? Sie sehen wundervoll aus - was um Himmels willen ist in Geri gefahren, dass sie ihre Kinder verlassen hat?«
Josh griff nach seinem Kaffeebecher und lehnte sich zurück. »Der Jogalehrer, der ist in sie gefahren.« Obwohl er zu lachen versuchte, merkte ich ihm an, dass die Erinnerung daran ihm schwer zusetzte.
Sarah brauchte einige Sekunden, um das zu kapieren, aber ihr Blick zeigte mir, dass sie seinen Schmerz wahrgenommen hatte.
»Sie ruft einmal pro Woche an«, fügte Josh hinzu. »Den Kindern fehlt sie wirklich sehr.«
»Wie lange ist sie schon fort?«, fragte Sarah leise.
»Ziemlich genau ein Dreivierteljahr.« Er sah zu mir herüber. Ich nickte, denn das stimmte ungefähr. Dabei spielte Josh nur den Ahnungslosen; in Wirklichkeit zählte er jeden einzelnen Tag. Er schlürfte tief in Gedanken versunken einen kleinen Schluck Kaffee.
Wir saßen einige Zeit schweigend da, bis Sarah ein paar höfliche Fragen zu den Kindern stellte, um das Eis zu brechen, worauf Josh ihr erzählte, was sie bereits wusste. Sie verstand es, ihm unterschwellig den Eindruck zu vermitteln, sie stehe ganz auf seiner Seite. Josh genoss es beinahe, seine Story einer Frau erzählen zu können, die ihm aufmerksam zuhörte und seine Auffassung zu teilen schien.
Von draußen waren Türenknallen, rennende Schritte und eine Stimme zu hören, die in fast unverständlichem Englisch etwas rief. Maria war mit den Kindern zurückgekommen und ermahnte sie jetzt, nicht so herumzutoben. Sie steckte ihren
Kopf durch die Tür. »Hola!«
Sekunden später drängten Dakota, Kimberly und Tyce sich an ihr vorbei, um zu ihrem Dad zu kommen. Im nächsten Augenblick erkannten sie mich. »Nick! Nick! Ist Kelly auch hier?«
Dann machten sie verlegen Halt, weil sie eine Frau sahen, die sie nicht kannten.
»Hi!«, sagte ich strahlend. »Nein, Kelly ist in der Schule. Hat euch London gefallen?«
»Yeah, war echt cool. Schade, dass Kelly nicht mitkommen konnte.« Alle drei waren aufgeregt. Sie stürzten sich auf ihren Dad und küssten und knutschten ihn ab, bis er fast unter ihnen verschwand. »Hey, Leute, das hier ist Sarah, Nicks Freundin. Sagt hallo zu Sarah.«
»Hallo, Sarah!«, riefen die drei im Chor.
»Hallo, freut mich sehr, euch kennen zu lernen.« Sie gab ihnen nacheinander die Hand.
Nachdem die Formalitäten erledigt waren, redeten wieder alle gleichzeitig durcheinander.
»Heute war’s echt cool, Dad. Die anderen Kinder kommen von überall her - sogar aus New Mexico. Manche von ihnen gehen jetzt schwimmen. Können wir auch schwimmen gehen?«
Josh hob abwehrend die Hände »Ja, ja, ja - aber nicht sofort. Maria fährt euch hin. Erst müsst ihr was essen. Los, los, verschwindet!«
Die Kinder stürmten in die Küche hinaus. Wir hörten, wie das auf einen Sender mit südamerikanischer Musik eingestellte Radio angestellt wurde. Als die drei sich wegen irgendeiner Kleinigkeit stritten, ermahnte Maria sie schreiend laut, sie
sollten gefälligst leise sein.
Ich begann auf eine günstige Gelegenheit für meinen Vorstoß bei Josh zu warten. Die Kinder fuhren weg, kamen zurück und gingen irgendwann ins Bett, und Maria fuhr nach Hause. Bis dahin hatten wir den neuen Geräteschuppen im Garten besichtigt und über Weihnachten, Ostern, sogar über Thanksgiving und die Unterschiede zwischen englischen und amerikanischen Truthahnfüllungen geredet. Dabei stellte sich heraus, dass ich mit meiner Vorliebe für die Fertigfüllung Paxo allein stand, weil die beiden anderen die typisch amerikanische Erdnussfüllung bevorzugten. Josh erzählte Sarah von den morgigen Ereignissen und welche Rolle Dakota, Kimberly und Tyce dabei spielen würden. Wir merkten ihm an, wie stolz er darauf war, dass sie an diesem großen Ereignis beteiligt sein würden. Er wollte die feierliche Übergabe des Friedensquilts gemeinsam mit einigen Kollegen vom Notfallteam ERT (Emergency Response Team) beobachten,
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