Nick Stone - 04 - Eingekreist
Zwölferpack zog. Drei 373
weitere Flaschen warf ich für spätere Verwendung aufs Feldbett.
Mein Bein begann wieder zu schmerzen, aber ich
hatte keine Lust, den Verband zu wechseln. Ich würde in dieser Nacht ohnehin noch nass werden und mit
Schlamm bedeckt sein, und das Aspirin würde
hoffentlich helfen.
Ich musste Vorsorge für bis zu vier Nächte unter
freiem Himmel treffen – bis zu zwei in Zielnähe und zwei weitere im Dschungel, bevor ich ihn verließ, sobald der Staub sich gesetzt hatte, und mich zum Flughafen durchschlug. Jedenfalls musste ich spätestens am Dienstag in Maryland sein.
In einer Ecke des Lagerraums fand ich einen ehemals grünen, jetzt aber stark ausgebleichten alten
Militärrucksack mit A-förmigem Tragegestell. Zu dem Rucksack und den Mineralwasserflaschen auf dem
Feldbett kamen neun Büchsen Thunfisch und ein ganzes Sortiment Honig-Sesam-Riegel, die aussahen, als könnte man tagsüber von ihnen leben.
Das in den Regalen aufgestapelte Zeug ließ erkennen, dass die beiden sich ebenfalls bedient hatten, als die US-Truppen große Teile ihrer Ausrüstung verschenkt
hatten. Ich griff mir einen Poncho und ein paar
dunkelgrüne Moskitonetze. Aus dem Poncho ließ sich
mit einigen Metern Schnur, die durch seine Ösen
gezogen wurde, ein Regendach improvisieren, und die Moskitonetze würden mich nicht nur vor Insekten
schützen, sondern konnten auch als Tarnnetze dienen.
Ich nahm mir drei davon: eines als Insektenschutz und 374
zwei zur Tarnung meiner Feuerstellung und der
Sprengladung, sobald sie angebracht war. Schließlich hätte ein großer weißer Plastikzylinder, der so in einem Baum angebracht war, dass seine Vorderseite auf die Straße unmittelbar hinter dem Tor zielte, doch Verdacht erregen können.
Mein wichtigster Fund war eine Machete – im
Dschungel eine absolute Notwendigkeit, weil man sich damit Schutz, Nahrung und Unterkunft sichern kann.
Niemand, der auch nur einigermaßen erfahren ist,
möchte im Dschungel ohne eine Machete sein. Hier
handelte es sich um das bei der U.S. Army eingeführte Modell, das viel handfester war als das Buschmesser, mit dem Diego mich angegriffen hatte. Diese Machete war ungefähr fünfzehn Zentimeter kürzer und hatte einen soliden Holzgriff und eine Segeltuchscheide mit einer leichten Einfassung aus Aluminium.
Ich kletterte an dem Rahmengestell aus Winkeleisen
nach oben, hielt mich an einer Strebe fest und
begutachtete das dort lagernde Zeug. Aus dem
Computerraum war plötzlich zu hören, wie Luz sehr
zufrieden »Jaaa!« sagte. Auf meiner Baby-G war es
15.46. Wahrscheinlich war Luz für heute mit den
Hausaufgaben fertig. Ich fragte mich, ob sie wusste, dass Aaron und Carrie sich ihretwegen stritten. Falls die beiden sich einbildeten, sie bekomme davon nichts mit, irrten sie sich vermutlich gewaltig – wenn sie nur
halbwegs wie Kelly war, entging ihr garantiert nichts.
Meine Gedanken schweiften für einige Sekunden nach
Maryland ab: Wir befanden uns in derselben Zeitzone, 375
und auch Kelly würde jetzt wahrscheinlich ihre
Schulsachen zusammenpacken. Sie besuchte vorläufig
eine sündhaft teure Privatschule, aber nur so konnte sie später den Übergang von der Einzelbetreuung, an die sie sich in der Klinik gewöhnt hatte, zu dem
Konkurrenzkampf in der normalen High School
schaffen, in die Josh’ Kinder gingen. Ich machte mir kurz Sorgen darüber, wie es mit ihrer Ausbildung
weitergehen sollte, wenn mir die zweite Hälfte meines Honorars vorenthalten wurde – aber dann fiel mir
wieder ein, dass das meine geringste Sorge war.
Ich erkannte, was ich tat, und würgte diese Gedanken entschlossen ab. Ich musste mich auf meinen Job
konzentrieren … falsch, auf meinen Auftrag.
Ich wusste, welche Ausrüstung ich brauchte, und sie war nicht sehr umfangreich. Die nötige Erfahrung hatte ich mir mühsam erworben – ähnlich wie viele Urlauber, die mit fünf Koffern verreisen, um dann festzustellen, dass einer genügt hätte. Außer Proviant und Wasser
brauchte ich nur die Kleidung, die ich jetzt trug, eine weitere trockene Garnitur, ein Moskitonetz, eine leichte Decke und eine Hängematte. Diese Sachen würde ich
gewissenhaft trocken halten: im Rucksack in
Plastikbeutel eingepackt und nachts unter dem Poncho.
Falls sich nichts Besseres fand, hatte ich bereits die Hängematte auf der Veranda im Auge.
Nichts davon war lebensnotwendig, aber es wäre
verrückt gewesen, auf diese Dinge zu verzichten. In Ländern wie
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