Nick Stone - 04 - Eingekreist
Box
konzentrieren sollen. Was sich drüben auf der Terrasse abspielte, ging mich nichts mehr an – aber ich konnte einfach nicht anders: Ich beobachtete den Jungen weiter durch das Fernglas.
Das Lämpchen von Scharfschütze Zwei leuchtete auf.
Vermutlich hatte sie sein Ohrläppchen im Visier.
Dann drängte der Junge sich durch die Menge und
trat an den Tisch. Er fing an, sich einen Teller voll zu laden, und sah sich dabei nach seinem Vater um, als überlege er, ob er ihm etwas mitbringen sollte.
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Jetzt brannten alle drei Signalleuchten. Wie denn
auch nicht?
Ich beobachtete, wie er das Zeug auf den
Silbertabletts begutachtete, nach einem Kanapee griff und es dann lieber doch nicht nahm. Ich studierte sein glänzendes junges Gesicht, während er sich fragte, was am besten zu seiner halb ausgetrunkenen Cola passen würde.
Alle drei Lämpchen brannten, während ich durchs
Fernglas starrte. Der Junge war exponiert, als er sich jetzt mit Erdnüssen voll stopfte.
Los, mach schon! Sieh zu, dass du diesen Scheißjob hinter dich bringst!
Ich konnte es nicht glauben. Meine Daumen
verweigerten mir einfach den Dienst.
In diesem Augenblick beschloss ich, den Anschlag
platzen zu lassen und eine stichhaltige Begründung
dafür zu finden. Ich konnte nicht anders.
Keiner der Scharfschützen wusste, wer das Ziel außer ihm erfasst hatte, und wir würden uns nicht morgen
früh beim Kaffee zusammensetzen, um zu besprechen,
was schief gegangen war. Mit dem Jasager würde ich
schon irgendwie fertig werden.
Der Junge verschwand wieder in der Menge, bewegte
sich zu seinem Vater zurück. Inmitten der anderen
konnte ich gerade noch eine Schulter von ihm sehen.
Die drei Lämpchen erloschen gleichzeitig. In nächsten Augenblick flammte Signalleuchte zwei erneut auf.
Diese Frau ließ einfach nicht locker. Wahrscheinlich war sie doch kinderlos.
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Nach wenigen Sekunden erlosch das Lämpchen
wieder. Richtig oder falsch, jetzt musste ich handeln.
Ohne den Jungen aus den Augen zu lassen, drückte
ich einmal mit dem Daumen auf die Sendetaste. Dann
drückte ich sie erneut und betätigte gleichzeitig die zweite Taste, die den Sprengsatz zündete. Beim dritten Mal drückte ich wieder nur die Sendetaste.
Die Detonation auf dem jenseitigen Themseufer klang wie ein starker, lange nachhallender Donnerschlag. Ich beobachtete, wie der Junge – und seine gesamte
Umgebung – auf die Detonation reagierte, statt wie von mir geplant tot zusammenzubrechen.
Die Druckwelle kam über den Fluss und ließ mein
Fenster klirren. Während ich darauf horchte, wie die letzten Echos durch die Straßen von Whitehall
rumpelten, wurde unter mir das Gekreische der
Touristen lauter. Ich konzentrierte mich weiter auf den Jungen, den sein Vater eilig mit sich zu der Bogentür zog.
Während auf der Terrasse Panik ausbrach, knipste
der Fotograf wie wild, um die Aufnahmen zu machen,
mit denen er seine Hypothek würde abzahlen können.
Dann kam der Jasager in Sicht und blieb neben den PR-Frauen stehen, die sich bemühten, den Gästestrom in geordnete Bahnen zu lenken. Er machte ein besorgtes Gesicht, das nichts mit der Detonation, sondern nur damit zu tun hatte, dass er zusehen musste, wie die Zielperson lebend in Sicherheit gebracht wurde. Der Junge verschwand durch die Tür, und die anderen
folgten, aber der Jasager machte weiter keine Anstalten, 50
den beiden Frauen zu helfen. Stattdessen hob er den Kopf und sah über die Themse zu mir hinüber. Das war beinahe unheimlich. Obwohl er nicht genau wusste, wo ich in diesem Gebäude war, hatte ich das Gefühl, er sehe mir direkt in die Augen.
Wegen dieser Sache würde ich tief in der Scheiße
sitzen, und ich wusste, dass ich für ihn eine wirklich gute Story brauchen würde. Aber nicht heute; es wurde Zeit, dass ich mich auf den Weg zur Waterloo Station
machte. Mein Eurostar fuhr in einer Stunde und fünf Minuten. Die Scharfschützen würden jetzt an den
Übergangspunkten stehen – den Nahtstellen zwischen
kontaminierten und nicht kontaminierten Bereichen –, ihre Overalls ausziehen und sie in die Sporttaschen werfen, aber ihre Latexhandschuhe noch anbehalten, bis sie die Tür der Bürokabine von außen geschlossen
hatten. Waffen, Fernrohre und Lunchbox blieben ebenso zurück wie der Netzstore und der dunkle
Hintergrundstoff.
Ich lief schnell, aber nicht überhastet ans Fenster und schob es einen Spaltbreit hoch, um die Antennen
einzuziehen. Der Lärm auf der Straße war jetzt
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