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Nick Stone - 04 - Eingekreist

Nick Stone - 04 - Eingekreist

Titel: Nick Stone - 04 - Eingekreist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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schüttelten.
    Ich fühlte, dass sich auf meiner Stirn Schweißperlen bildeten, als ich mich darauf konzentrierte, wem er gerade die Hand schüttelte. Ich wusste, dass ich es mir nicht leisten konnte, die Identifizierung der Zielperson zu übersehen, und war mir gleichzeitig nicht allzu
    sicher, ob der Jasager dieser Aufgabe gewachsen sein würde.
    Ich hatte angenommen, die Besucher seien
    ausschließlich Südamerikaner, aber als einer der Männer sich etwas zur Seite drehte, erkannte ich an seinem Profil, dass er ein Chinese war. Er war Anfang fünfzig, elegant wie ein Talkshow-Moderator, größer als der
    Jasager und mit mehr Haaren auf dem Kopf. Weshalb er zu einer lateinamerikanischen Delegation gehörte, war 45
    mir ein Rätsel, aber das würde mir keine schlaflosen Nächte bereiten. Ich konzentrierte mich darauf, wie er begrüßt wurde. Aber das war nichts Besonderes, nur ein gewöhnlicher Händedruck. Der Chinese, der offenbar
    Englisch sprach, machte den Jasager mit einem
    kleineren Kerl rechts neben sich bekannt, der mir den Rücken zukehrte. Der Jasager trat einen Schritt auf ihn zu, und als sie sich die Hand gaben, legte er dem
    kleineren Kerl seine linke Hand auf die Schulter.
    Ich gestand mir das nicht gern ein, aber er machte
    seine Sache ausgezeichnet. Er brachte die Zielperson sogar dazu, sich zur Themse umzudrehen, während er
    sie auf das Riesenrad London Eye und die Brücken auf beiden Seiten des Parlamentsgebäudes aufmerksam
    machte.
    Die Zielperson war ein Halbchinese – aber was mich
    wirklich verblüffte, war die Tatsache, dass es sich um einen Jungen von sechzehn oder höchstens siebzehn
    Jahren handelte. Er trug einen modischen Blazer mit weißem Hemd und blauer Krawatte und sah wie ein
    Junge aus, den jedes Elternpaar sich als Freund seiner Tochter gewünscht hätte. Er schien bester Laune zu
    sein, wirkte sogar überschwänglich, grinste jeden an und beteiligte sich erneut an der Unterhaltung, als der Jasager und er sich wieder zu der Gruppe umdrehten.
    Ich hatte das Gefühl, noch tiefer in der Scheiße zu sitzen, als ich bisher gedacht hatte.
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    4
    Ich zwang mich dazu, wieder an meinen Job zu denken.
    Scheiß drauf, Sorgen über das alles konnte ich mir auf dem Flug in die Staaten machen.
    Die Unterhaltung auf der Terrasse ging weiter, als
    der Jasager sich von der Gruppe verabschiedete, einer anderen zuwinkte und aus meinem Gesichtsfeld
    verschwand. Er würde noch nicht gehen – das hätte
    verdächtig gewirkt –, aber er wollte natürlich nicht in der Nähe des Jungen sein, wenn er erschossen wurde.
    Sekunden später leuchteten unter mir drei Lämpchen
    auf. Die Scharfschützen warteten darauf, dass ich ihnen mit drei leisen Summtönen den Feuerbefehl erteilte.
    Irgendwie kam mir das nicht richtig vor, aber ich
    handelte völlig automatisch. Ich schnippte den
    Rasierschaumdeckel von der Box und legte beide
    Daumen auf die Sendetasten.
    Als ich sie gerade drücken wollte, erloschen binnen einer Zehntelsekunde alle drei Signalleuchten.
    Ich sah wieder durchs Fernglas, nur mit dem rechten Auge, und ließ meine Daumen auf den Sendetasten. Die Gruppe mit dem Jungen bewegte sich geschlossen von
    links nach rechts. Ich hätte mich auf die Lämpchen
    konzentrieren müssen, aber ich wollte sehen, was dort drüben vorging. Der Chinese hatte dem Jungen – der
    offenbar sein Sohn war – einen Arm um die Schultern gelegt, während sie sich einer kleineren Gruppe von Südamerikanern näherten, die sich über einen Tisch mit Essen hermachten.
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    Eine Signalleuchte flammte auf: Scharfschütze Drei
    traute sich zu, sein Ziel zu treffen, indem er leicht vorhielt, sodass der Junge beim nächsten Schritt in die Schussbahn hineingehen würde.
    Das Lämpchen brannte weiter, als sie an dem Tisch
    bei der anderen Gruppe von Südamerikanern stehen
    blieben, die sich mit Pasteten voll stopften.
    Signalleuchte drei erlosch wieder.
    Ich wurde plötzlich von Zweifeln befallen, wusste
    selbst nicht, warum, und versuchte mich wieder in den Griff zu bekommen. Was kümmert mich der Junge?
    Wäre es darum gegangen, wer von uns beiden überleben sollte – er oder ich –, hätte ich keine Sekunde gezögert.
    Was in meinem Kopf vorging, war höchst
    unprofessionell und völlig lächerlich.
    Am liebsten hätte ich mich selbst geohrfeigt. Machte ich mit diesem Scheiß weiter, würde ich irgendwann
    Bäume umarmen und als Freiwilliger bei Oxfam
    arbeiten.
    Ich hätte mich einzig und allein auf die

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