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Nick Stone - 04 - Eingekreist

Nick Stone - 04 - Eingekreist

Titel: Nick Stone - 04 - Eingekreist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy McNab
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stumm, wie ihre Miene immer trauriger wurde. Dann sah sie wieder auf. »Wissen Sie was, Nick? Damals hat sich etwas ereignet, das ich nie vergessen werde. Es hat mein Leben verändert.«
    Ich beobachtete sie weiter, während sie die Flasche austrank.
    »Am Neujahrstag, fast zwei Wochen nach der Invasion, habe ich mit Luz in den Armen in unserem Haus vor dem Fernseher gesessen. Barbara Bush war Gast bei irgendeiner Show, und auf der Bühne hat ein Chor >God Bless America< angestimmt. Alle Zuschauer sind spontan aufgestanden und haben mitgesungen. Im selben Augenblick ist ein Hubschrauber tief über uns hinweggeflogen, und ich konnte noch immer das riesige Flugzeug kreisen hören . und ich bin in Tränen ausgebrochen. Zum ersten Mal in meinem Leben war ich wirklich stolz darauf, Amerikanerin zu sein.«
    Eine Träne quoll unter der Sonnenbrille hervor und lief über ihre Wange. Carrie versuchte nicht, sie abzuwischen, als weitere folgten.
    »Aber wissen Sie was? Jetzt bin ich unseretwegen so traurig — weil wir einfach alles weggeworfen haben, wofür diese Leute damals ihr Leben hingegeben haben. Können Sie das verstehen, Nick?«
    Ja, das verstand ich, aber auf dieses Gebiet wagte ich mich wohlweislich nie vor. Ich wusste nicht, ob ich von dort wieder zurückgefunden hätte.
    »1993 habe ich einen Hauptmann der Delta Force, einen Kerl namens Johnny Applejack, kennen gelernt. Nun, so haben wir ihn jedenfalls genannt . « Ich erzählte ihr, wie er in der ersten Nacht in Panama City mit seinem Spähtrupp in einem Büro des panamaischen Innenministeriums drei Millionen Dollar in bar entdeckt hatte. Johnny und die fünf Männer seines Trupps fuhren heute nur deshalb keine Porsches, weil er seine Entdeckung über Funk meldete, ohne richtig darüber nachzudenken. »Erst als er sich abmeldete, wurde ihm klar, dass er eben den Pensionsfonds seines Spähtrupps verschleudert hatte. Ich weiß nicht, wie Johnny heute aussieht, aber damals hat er ausgesehen wie jemand, der nach der Ziehung der Lottozahlen merkt, dass er vergessen hat, seinen Schein abzugeben.«
    Sie lächelte.
    Nun folgte eine Pause, in der ich verlegen schwieg, während ich zusah, wie sie einen Zeigefinger unter ihre Brillengläser schob und sich die Augen abwischte. Aber ich hatte erreicht, was ich wollte: Ich hatte den Bann gebrochen. Als ich aufstand, zeigte ich auf das noch immer über ihren Knien liegende Gewehr. »Kommen Sie mit zur Dreihundertermarke?«
    »Warum nicht?«
    Ich wartete, bis sie aufgestanden war. Die dunklen Brillengläser starrten mich wieder an. »Das andere Zeug ist Ihnen wohl zu sehr unter die Haut gegangen, Nick?«
    Ich wandte mich ab und begann im Kopf weitere zweihundert Schritte abzuzählen, während sie neben mir herging. Sechsundzwanzig, siebenundzwanzig,
    achtundzwanzig.
    Ich füllte die Pause mit sachlichen Erwägungen. »Ich habe mir überlegt, dass ich morgen früh um vier vor Charlies Haus sein muss. Also muss ich heute Abend um zehn von hier weg — und wir müssen überlegen, wie ich Ihnen das hier zurückgeben kann.« Ich hielt das Gewehr hoch. »Ich nehme an, dass Sie’s zurückhaben wollen?«
    Neununddreißig, vierzig, einundvierzig.
    »Natürlich. Es ist das einzige Geschenk meines
    Vaters, das wirklich etwas taugt. Uns wird schon etwas einfallen.«
    Ich merkte, dass ich nicht mehr wusste, wie weit ich gekommen war. Ich machte bei fünfundvierzig weiter, als ihre Sonnenbrille sich wieder mir zuwandte. »Wissen Sie schon, wie Sie’s anfangen wollen — Sie wissen schon, ihn an seine Verpflichtungen zu erinnern?«
    Zweiundfünfzig dreiundfünfzig vierundfünfzig.
    »Ich habe über verschiedene Möglichkeiten nachgedacht ...«
    Sechsundfünfzig siebenundfünfzig achtundfünfzig.
    Ich blickte über die Lichtung hinweg und hatte dabei eine weitere Idee. »Ist noch Sprengstoff übrig? Ich habe die Fotos an der Pinnwand gesehen.«
    »Sie sind neugierig, was?«
    Carrie zeigte zur Waldgrenze jenseits des Hauses hinüber. »In dem kleinen Schuppen liegt noch einiges davon.«
    Ich war verblüfft. »Soll das heißen, dass Sie das Zeug einfach herumliegen lassen? In einem Schuppen?«
    »Hey, warum nicht? Wo sind wir schließlich? Hier gibt’s Dinge, die einem mehr Sorgen machen müssen als ein paar Kanister Sprengstoff. Wozu brauchen Sie den überhaupt?«
    »Ich möchte einen Riesenknall veranstalten — um Charlie an seine Verpflichtungen zu erinnern.«
    Ich konnte keinen Schuppen, sondern nur grünen Dschungel sehen — wegen des

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