Nick Stone - 04 - Eingekreist
Tod sicher.
Scheiß drauf, ich musste mehr riskieren.
Ich warf mich herum, stürmte geradewegs auf ihn zu, hielt dabei den Kopf gesenkt und beugte mich so nach vorn, dass nur mein Rücken exponiert war. Ich konzentrierte mich ausschließlich auf den Bereich seines Ponchos, unter dem sein Bauch liegen musste.
Dabei schrie ich, so laut ich nur konnte — mehr um mir Mut zu machen, als ihn zu erschrecken. War ich nicht schnell genug, würde ich’s bald wissen, weil ich spüren würde, wie die Klinge mich zwischen den Schultern traf.
Den zur Zange aufgeklappten Leatherman hielt ich weiter in meiner rechten Hand. Ich erreichte ihn und fühlte seinen Körper unter dem Aufprall nachgeben, während ich ihn mit dem linken Arm umschlang und seinen rechten Arm mit der Machete festzuhalten versuchte.
Dann rammte ich ihm die Spitzzange in den Bauch.
Er stolperte rückwärts, und ich folgte ihm. Die Zange hatte seine Haut noch nicht durchstoßen; sie wurde von der Kleidung unter seinem Poncho aufgehalten. Nun schrie auch er, denn er spürte vermutlich die Stahlspitzen, die in seinen Körper einzudringen versuchten.
Wir prallten gegen einen Baum. Er lehnte mit dem Rücken daran, und ich hob den Kopf und benutzte mein gesamtes Gewicht, um die Spitzzange durch die
Kleidung in seinen Körper zu drücken.
Er stieß einen gellend lauten Schmerzensschrei aus, und ich spürte, wie sich sein Unterleib verkrampfte. Ich hielt ihn weiter gegen den Baumstamm gepresst und spürte schließlich, wie seine Bauchdecke nachgab. Ich hatte das Gefühl, mit der Spitzzange durch eine Gummischicht zu stoßen, und sobald sie einmal drin war, konnte er sie durch keine Bewegung mehr abschütteln.
Ich riss die Spitzzange in seinem Bauch hin und her, um möglichst viel Schaden anzurichten. Mein Kopf hing über seiner linken Schulter, und ich atmete durch zusammengebissene Zähne, während er mir ins Ohr kreischte. Ich sah, dass er die Zähne fletschte, um mich zu beißen, und versetzte ihm einen Stirnstoß, um ihn von mir fern zu halten. Dann schrie er mir so laut ins Gesicht, dass ich den Druck seines Atems spürte.
Inzwischen wusste ich längst nicht mehr, ob er die Machete noch in der Hand hielt oder nicht. Ich roch sein Rasierwasser und fühlte seine glatte Haut an meinem Hals, als er den Kopf von einer Seite auf die andere warf, während sein Körper sich zitternd aufbäumte.
Die Stichwunde musste sich vergrößert haben, denn er blutete jetzt stark. Blut quoll aus seiner Kleidung, und ich spürte es als warme Flüssigkeit auf meiner Hand. Ich drückte die Zange noch tiefer hinein, bis meine Hand in seinem Bauch verschwand, hielt seinen Körper dabei aufrecht und benutzte meine Beine, um ihn zwischen mir und dem Baumstamm einzuklemmen.
Seine Stimme wurde rasch leiser, und ich fühlte ihn warm auf meinen Hals sabbern. Dann knickte er nach vorn zusammen und drückte mich auf die Knie. Erst jetzt zog ich meine Hand aus seinem Bauch. Als der Leatherman herauskam und ich den Kerl von mir wegstieß, krümmte er sich in fetaler Haltung zusammen. Vielleicht weinte er; das konnte ich nicht mit Gewissheit feststellen.
Ich wich rasch von ihm zurück, hob die Machete auf, die ihm aus der Hand gefallen war, sank an einen Baum gelehnt zu Boden, rang keuchend nach Atem und empfand unglaubliche Erleichterung darüber, dass alles vorbei war. Als mein Körper allmählich zur Ruhe kam, meldeten sich die Schmerzen in Bein und Brust zurück. Ich zog das aufgeschlitzte rechte Hosenbein meiner Jeans hoch, um die Schnittwunde in meiner Wade zu begutachten. Sie war nur etwa zehn Zentimeter lang und anscheinend nicht besonders tief, aber schlimm genug, um heftig zu bluten.
Meine rechte Hand, die weiter den Leatherman umklammerte, sah viel schlimmer aus, bis der Regen sein Blut abwusch. Ich versuchte die Klinge herauszuklappen, aber das erwies sich als schwierig; meine Rechte zitterte, seit ich den Klammergriff gelockert hatte, und vermutlich auch, weil ich unter Schock stand. Ich musste die Zähne zu Hilfe nehmen, und als die Klinge endlich benutzbar war, zerschnitt ich die Ärmel meines Sweatshirts in nasse Stoffstreifen. Daraus machte ich einen provisorischen Druckverband, um die Blutung an meiner Wade zu stoppen.
So blieb ich mindestens fünf Minuten im Schlamm sitzen, während mir Regenwasser übers Gesicht, in Augen und Mund lief und von Nase und Kinn tropfte. Ich starrte den Mann an, der mit Schlamm und Laub bedeckt weiter in fetaler Haltung vor mir
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