Nick Stone - 05 - Tödlicher Einsatz
Alkohol. Fettkloß trug dieselbe
Kleidung wie bei unserem Vormittagstreff, allerdings ohne den roten Kaschmirpullover, und hatte noch seine Lederjacke an. Er fuhr sich nervös mit dem Handrücken über den Mund. »Ich habe die … Ich habe die –«
»Stopp. Das hat Zeit, bis wir drin sind.«
Dann hielt der Aufzug, und ich stieß ihn vor mir hinaus. »Vorwärts! Sie wissen, was Sie zu tun haben.« Er ging zu Apartment 49, und ich folgte ihm in drei Schritt Abstand mit der Browning auf Höhe meines rechten
Oberschenkels.
20
Fettkloß hatte nicht gelogen: Die Wohnungstür stand tatsächlich offen. Ich berührte seinen Oberarm leicht mit der Pistolenmündung. »Sie gehen voraus und lassen diese Tür offen.« Er gehorchte und riss sogar die Bade- und Schlafzimmertüren auf, um mir zu beweisen, dass er in der Wohnung allein war.
Als ich die kleine Diele betrat, war gleich zu erkennen, dass ihm seit heute Vormittag keine märchenhafte
Putzfee einen Überraschungsbesuch abgestattet hatte. Ich schaltete die Deckenleuchte mit der Pistolenmündung aus und drückte die Sperre des Schnappriegels herunter, damit ich die Wohnungstür mit dem Absatz schließen konnte. Dann hob ich die Pistole, um ins Wohnzimmer zu gehen.
Sobald die Wohnungstür ins Schloss fiel, reaktivierte ich den Schnappriegel. Ich wollte nicht, dass jemand sich mit einem Schlüssel Zutritt verschaffte, während ich die Wohnung durchsuchte.
Fettkloß stand neben dem Couchtisch. »Ich habe die Adressen …« Er musste seine Hand in die Tasche seiner Jeans zwängen, die Mühe hatten, seinen Wanst
zusammenzuhalten.
»Machen Sie das Licht aus.«
Er starrte mich sekundenlang verwirrt an, dann
verstand er, was er tun sollte. Bevor er das Licht ausknipste, nahm er seine Camels vom Tisch; dann
umgab uns plötzlich Dunkelheit. Das Licht der
Straßenlampe gegenüber wurde von der Gartenmauer des alten Mannes zurückgeworfen. Fettkloß war nervös; das Feuerzeug in seiner Hand zitterte heftig, als er versuchte, die Flamme dem Ende seiner Zigarette anzunähern. Die sein Gesicht umspielenden Schatten ließen ihn noch mehr wie eine Filmgestalt aus dem Hammer House of Horror aussehen als sonst.
Ich wollte es hier nicht wegen des dramatischen
Effekts dunkel haben. Ich wollte nur nicht, dass jemand durch die Netzvorhänge eine Silhouette sah, die mit einer Pistole herumfuchtelte.
»Jetzt die Rollläden zum Balkon runterlassen.«
Ich verfolgte die rote Glut seiner Zigarette, als er die Gurte der hölzernen Rollläden herabzulassen begann.
»Ich habe wirklich die –«
»Noch nicht.«
Als die Rollläden heruntergelassen waren, beobachtete ich, wie die Zigarettenglut sich in Richtung Sofa bewegte, und hörte ihn schnaufen, als er mit der Zigarette zwischen den Lippen durch die Nase zu atmen versuchte.
Er stieß gegen den Couchtisch, und ich wartete auf das Geräusch, das mir zeigte, dass er sich hinsetzte.
»Jetzt können Sie wieder Licht machen.«
Er stemmte sich ächzend hoch und ging an mir vorbei, um den Schalter zu betätigen.
Ich begann die Wohnung zu durchsuchen, wobei er
wie beim ersten Mal vor mir hergehen musste. Bevor ich das Wohnzimmer verließ, sah ich zu dem Wandregal
hinüber, um mir Lockenkopf nochmals anzusehen. Die Polaroidfotos waren nicht mehr da. Als wir das
Schlafzimmer betraten, fing auf dem Balkon über uns ein Hund wild zu kläffen an. Fettkloß hatte anscheinend beschlossen, doch kein Tennisspieler zu werden. Die Tragetaschen waren verschwunden – mitsamt den
Spritzen, die auf ihnen gelegen hatten. Das Apartment war sicher; außer uns war niemand hier.
Als ich ins Wohnzimmer zurückkam, steckte ich die Browning wieder in meine Jeans und blieb an der Tür stehen. Er ließ sich erneut aufs Sofa fallen und drückte seine Zigarette auf einem bereits überquellenden Teller aus.
»Sie haben die Adressen?«
Fettkloß nickte, rutschte etwas nach vorn und nahm seinen Kugelschreiber vom Couchtisch. »Die Jacht, die legt an Pier 9 an, Liegeplatz 47. Ich schreibe Ihnen alles auf. Ich habe richtig vermutet. Die Geldeintreiber haben hier drei Termine; sie fangen am Freitag in Monaco an –«
Ich hob die Hand. »Stopp. Sie haben die Adressen in der Tasche?«
»Ja, aber … aber … die Schrift ist schlecht zu lesen.
Ich schreibe Ihnen alles noch mal auf.«
»Nein. Zeigen Sie mir einfach, was Sie in der Tasche haben.« Seine Ausrede klang zu dämlich, um wahr zu sein.
Er schaffte es, eine Hand in seine Jeans zu stecken, und zog
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