Nick Stone - 06 - Feind ohne Namen
Kumpel – die Arbeit ruft, du weißt ja, wie das ist. Ich wollte nur nicht, dass du umsonst zum Flughafen fährst.«
»Was geht hier vor, Mann? Machst du dir Sorgen, weil sie fliegen soll, während Alarmstufe Orange herrscht?
Hör zu, du weißt so gut wie ich, dass …«
»Tut mir Leid, Kumpel, muss Schluss machen.« Ich
hängte ein und ging davon.
Ich kam mir wirklich wie ein Arschloch vor. Am
liebsten hätte ich ihm geraten, mit den Kindern zu Hause zu bleiben, und ihn aufgefordert, sich eine
Lastwagenladung Antibiotika zu besorgen, aber das konnte ich nicht – ich durfte keine undichte Stelle riskieren. Für Josh und die Kinder war es am besten, wenn ich den Mund hielt und George die bestmögliche Chance gab, das in den Staaten eingesetzte Active Service Unit zu fassen. Ich konnte nur hoffen, dass seine Leute, die Jagd auf das ASU machten, verdammt gut waren.
Als ich zu meinem Auto zurückkam, stellte ich die Rückenlehne wieder hoch und verließ den Parkplatz mit dem einzigen Wagen, auf dessen Rücksitz sich keine Tragetaschen türmten.
Im östlichen Teil der Siedlung, in der Suzy vermutlich wohnte, gab es eine Ladenzeile mit einem
Spirituosenladen, einem Tag und Nacht geöffneten Spar und einer chemischen Reinigung. Ich parkte und betrat die Spar-Filiale. Hinter der Theke saß ein altes Paar, das eine geöffnete Packung Katzenzungen vor sich stehen hatte. Die beiden beobachteten mich aufmerksam,
während ich eine Pastete und ein paar Dosen Red Bull in meinen Einkaufskorb legte.
Ich ließ den Wagen stehen, legte den Rest des Weges zu Fuß zurück, aß unterwegs die mit kaltem Steak und Niere gefüllte Pastete – das stand zumindest auf der Packung – und füllte mich mit Koffein ab, um endlich wieder aufzuwachen und in Gang zu kommen.
Ein paar Leute waren unterwegs, um ihre Hunde
spazieren zu führen, aber die meisten waren vermutlich zu Hause und badeten ihre Kinder: Hier herrschte diese fürs Ende eines Wochenendes typische Atmosphäre. Die Straßenbeleuchtung war ausreichend, aber nicht so hell wie auf der Hauptverkehrsstraße. Der Bauträger hatte vermutlich nur die Mindestanforderungen erfüllt, was sich zu meinen Gunsten auswirkte.
In den Wohnzimmern der Einzel- und Reihenhäuser
leuchteten Fernsehschirme. Ich bog auf den Warwick Drive ab. Jenseits der Ringstraße konnte ich in dem Haus, das ich für Suzys hielt, Licht brennen sehen. Und in der Einfahrt parkte ein größerer Wagen.
Ich stellte die zweite leere Red-Bull-Dose auf die Gartenmauer eines Einzelhauses im Tudorstil,
kontrollierte, ob mein Handy ausgeschaltet war, und überlegte dann auf dem Weg zum Haus, welche
Möglichkeiten mir offen standen. Was war, wenn sie einen Mann hatte und er zu Hause war? Was war, wenn sie Kinder hatte? Was war, wenn sie allein war, aber ihr Mann zurückkam, während ich im Haus war? Was sollte ich tun, wenn sie damit drohte, den Jasager zu
informieren?
Als ich näher herankam, fiel Licht durch einen Spalt der Wohnzimmervorhänge, aus einem schmalen Fenster rechts neben der Haustür und aus dem Treppenhaus ins Freie.
Das Fahrzeug erwies sich als schlammiger Honda-
Geländewagen. Ich folgte dem Trampelpfad durch die Lücke zwischen den beiden Häusern und blieb am
Fundament des Wintergartens stehen, um den Garten abzusuchen. Das Licht aus dem Treppenhaus war so hell, dass ich dem Betonmischer, dem Sandhaufen und dem Bauholzstapel daneben ausweichen konnte. Im
Obergeschoss des Nachbarhauses drehte Coldplay
mächtig auf; Kelly wäre begeistert gewesen.
Ich folgte dem Gartenzaun bis zu den jungen Bäumen, die das Grundstück begrenzten, und bewegte mich tief geduckt, um in seinem Schatten zu bleiben. In mittlerer Entfernung ragte Bluewater so strahlend hell beleuchtet auf, dass die Parkplätze wie ein UFO-Landeplatz
aussahen. Von hier aus konnte ich die Rückseite des Hauses überblicken. Die Esszimmervorhänge waren
zugezogen, aber die Eichenholzküche war deutlich
sichtbar. Zwischen den beiden Fenstern befand sich die Hintertür, vor der eine sechzig Zentimeter hohe
Ziegelmauer die Umrisse des zukünftigen Wintergartens markierte.
Ich sah über den Zaun, um mich davon zu überzeugen, dass sich der Coldplay-Fan nicht aus dem Fenster lehnte, um heimlich eine Zigarette zu rauchen, setzte mich dann in Richtung Esszimmerfenster in Bewegung und achtete auf Abstand zu der Baustelle und dem überall lagernden Material. Ich wollte keine Spuren im Sand hinterlassen.
Bewegung rechts vor mir, in
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