Nick Stone - 06 - Feind ohne Namen
könnte?«
Er schüttelte den Kopf. »Es gibt keinen Impfstoff –
seine Herstellung ist Ende der neunziger Jahre eingestellt worden. Aber die Einnahme von Doxycycline kann
meines Wissens vorbeugend und bei akuter
Infektionsgefahr vielleicht schützend wirken.«
Ich ging sofort darauf ein. »Das genügt mir – wir brauchen einen Lastwagen von diesem Zeug. Können Sie veranlassen, dass Yvette ihn noch heute bekommt?«
Simon nickte. »Klar, das lässt sich alles arrangieren.«
Er sah zu Suzy hinüber. »Sind Sie schwanger – oder halten Sie’s für möglich, dass Sie’s sind?«
Sie hielt ihren neuen Sargnagel hoch. »Was glauben Sie?«
»Ich wollte nur darauf hinweisen, dass manche
Antibiotika sich nachteilig auf die Fötusentwicklung auswirken können.«
Suzy stand auf. Sie hatte ihr Lächeln wiedergefunden.
»Wunderbar. Jetzt wissen wir alles, was wir schon immer über Lungenpest wissen wollten, und wahrscheinlich auch einiges, was wir lieber nicht gewusst hätten. Danke, Simon.«
Er rang sich ein schwaches Lächeln ab, das sofort wieder verblasste. »Ich weiß nicht, was hier läuft, und ich will’s auch nicht wissen, aber die Sache ist … Ich bin Familienvater, und ich denke … Ich habe mir überlegt, dass ich schon immer mit ihnen zu meiner Schwägerin nach Namibia reisen wollte. Glauben Sie, dass jetzt ein günstiger Zeitpunkt dafür wäre?« Seine Hand zitterte noch immer, als er die Zigarette ausdrückte.
Suzy und ich wechselten einen Blick.
»Bitte, ich muss es einfach wissen.«
Scheiße, warum nicht? »Ich will’s mal so ausdrücken.«
Ich stand wie Suzy auf. »Wäre ich eines Ihrer Kinder und Sie würden sagen: ›Morgen fliegen wir zu Tante Edna in die Ferien‹, was bedeuten würde, dass ich schulfrei bekäme und in ein schönes, heißes Land reisen dürfte, wäre ich sehr, sehr glücklich und würde mich sehr, sehr sicher fühlen.« Ich sah zu Suzy hinüber. »Du nicht auch?«
»Unbedingt. Ein Kindertraum. Aber Sie können nicht mitreisen, Simon.«
Ich konnte nicht erkennen, ob aus seinem
Gesichtsausdruck Schock oder Resignation sprach.
»Nein, nein alles ist okay.« Ich machte diese dämliche Nach-unten-Bewegung mit beiden Händen, um ihn zu
beruhigen. »Aber Sie fahren von hier aus zu keinem weiteren Vortrag. Sorry, Kumpel. Warten unten zwei Kerle auf Sie?«
»O Gott, nein! Ich bin Familienvater und habe …«
»Beruhigen Sie sich, Kumpel, Ihnen passiert nichts.
Die beiden bringen Sie an einen sicheren Ort, an dem Sie bleiben, bis wir unseren Auftrag ausgeführt oder dabei versagt haben, das ist alles. Schaffen wir’s nicht, werden Sie sich jedenfalls glücklich schätzen, dass Sie irgendwo isoliert sind.«
Der Jasager würde auf keinen Fall riskieren wollen, dass es irgendwo eine undichte Stelle gab. Simon würde die nächste Zeit in einem Haus irgendwo auf dem Land verbringen, während seine Familie glaubte, er sei eilig angefordert worden, um im Dschungel an der
Bekämpfung irgendeiner Epidemie mitzuwirken.
Suzy nahm seine Umhängetasche vom Tisch, während
er langsam seinen Mantel anzog, und ich trat auf ihn zu.
»Simon, haben Sie ein Handy?«
»Äh, ja …«
Ich klopfte ihm wie meinem besten Kumpel auf den
Rücken. »Passen Sie auf, ich sage Ihnen, was ich an Ihrer Stelle tun würde. Rufen Sie auf dem Weg nach unten Ihre Frau an, und erzählen Sie ihr, dass Sie dringend nach Afrika müssen, um an der Bekämpfung irgendeiner
Epidemie mitzuwirken. Sie soll mit den Kindern für zwei Wochen zu ihrer Schwester fliegen, und Sie kommen dorthin nach – die Firma zahlt, kostenlose Flüge für alle, eine einmalige Gelegenheit, Scheiß dieser Art.«
Er knöpfte seinen Mantel zu. »Danke für den Tipp.«
Ich zuckte mit den Schultern. »Kein Problem.
Vergessen Sie nur nicht unseren Drogendeal – und
nehmen Sie sich in Acht, Kumpel. Seien Sie vorsichtig, wenn Sie mit Ihrer Frau telefonieren. Behalten Sie Ihr Wissen für sich, sonst sind die beiden Jungs dort unten beim nächsten Mal nicht ganz so nett. Sie verstehen, was ich meine?«
Er ließ sich seine Tasche von Suzy geben und
bedankte sich nochmals, als er zur Wohnungstür ging.
Suzy begleitete ihn. Als er die Tür öffnete, legte sie ihm die Hand auf die Schulter. »Vergessen Sie, was er gerade gesagt hat.«
Simon hob ruckartig den Kopf. Auch ich war verwirrt.
Sie fuhr fort: »Wäre ich Ihre Frau, und Sie würden von zwei Wochen Urlaub erzählen, wäre ich glücklich. Aber wenn Sie sagen würden, dass
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