Nick Stone 07 - Schattenkiller
ersten Druckpunkt.
Salkic sprach noch immer leise in das Thuraya, aber ich achtete nicht darauf. Meine ganze Aufmerksamkeit galt dem Ziel, und ich beobachtete, wie aus der Wange ein Gesicht wurde, das sich halb drehte, damit es besser in die Höhle rufen konnte. Ich sah, wie die Adern an den Schläfen anschwollen und Speichel von den Lippen spritzte.
Dann schoss er.
Das Visierkorn war auf die Oberlippe gerichtet, als mein Zeigefinger den zweiten Druckpunkt erreichte. Ich fühlte den Rückstoß der Pistole, und der Bursche fiel. Eine andere AK, von zwei Händen gehalten, erschien und ratterte. Ich spürte die Druckwellen der Geschosse in meiner Nähe, und dann folgten einzelne Schüsse hinter mir.
Als die AK nicht mehr feuerte, zog ich mich an einem Felsen hoch, hielt den Kopf gesenkt und lief los.
Um uns herum prallten Kugeln vom Kaliber 7.62 von den Wänden ab, aber wir konnten nichts daran ändern. Geduckt liefen wir weiter.
Als ich hinter den Steinhaufen in Deckung ging, war Salkic dicht neben mir und schoss noch immer.
»Aufhören! Aufhören! Sparen Sie Munition!«
Ich griff nach dem Telefon und schaltete es aus. »Was haben sie gesagt? Haben sie verstanden?«
Salkic atmete schwer. »Ich glaube schon. Und bestimmt haben sie die Schüsse gehört.« Er lehnte sich an den Steinhaufen und schnappte nach Luft.
Nasir und Jerry schossen nicht mehr. Die einzigen Geräusche waren nun unser Atmen und die Rufe außerhalb der Höhle.
Jerry nahm das Handy entgegen. »Vielleicht war sie nicht zu Hause. Vielleicht konnten sie sie nicht finden ...«
Salkic hob den Kopf, und seine Augen waren voller Sorge, als er zu Nasir blickte. »Wir werden sehen.« Seine Stimme klang viel zu ruhig. Es war wieder dieser fatalistische Unfug.
82
Eine weitere Stunde lagen wir da, Nasir und ich mit unseren AKs auf den Steinhaufen, die anderen drei weiter unten auf dem Boden.
Spöttische Stimmen hallten immer wieder durch die Höhle, begleitet von irgendwelchen Schmähungen und ein oder zwei Zeilen eines Liedes. Nasir konnte sich nicht beherrschen und schrie jedes Mal zurück.
Ich kroch zu Salkic hinunter. »Was macht Nuhanovic jetzt, wo er uns vermisst? Wird er nach uns suchen?«
»Ich weiß es nicht. Es geschieht zum ersten Mal, dass ich zu einem vereinbarten Zeitpunkt nicht erscheine.«
Ich versuchte, mich optimistisch zu geben. »Sorgen wir dafür, dass es bei diesem einen Mal bleibt. Wir müssen den Höhlenzugang die ganze Zeit über im Auge behalten. Da Nasir bereits Wache hält, kann er die erste Stunde übernehmen.«
Ich wollte eine Routine schaffen. Routine vermittelt ein Gefühl von Sinn und Bedeutung. Routine macht einem vor, dass etwas Produktives geschieht.
Salkic übersetzte, und Nasir nickte, entleerte dann seine Nase auf die Felsen.
»Ramzi, schalten Sie Ihr Funkgerät ein, für den Fall, dass Nuhanovic Leute schickt und sie in Sichtweite der Höhle geraten.« Es bestand die Möglichkeit, dass jemand die Frequenzen durchging bei dem Versuch, uns zu erreichen.
Benzil ging es noch immer schlecht. Schmerz und Sor-
ge zeigten sich in seinem Gesicht. Der Schorf auf seinen Wangen war aufgesprungen, und Blut quoll aus den Rissen. »Glauben Sie, die SFOR greift ein?« Seine Stimme klang wie das Kratzen von Sandpapier. Er brauchte etwas zu trinken. Und er war nicht der Einzige.
»Ja, davon bin ich überzeugt.«
Er zog mich so nahe heran, dass ich seinen Atem roch. »Nick, worüber wir in Bagdad gesprochen haben ... das Angebot besteht weiterhin. Ich weiß, dass es Rob recht wäre, wenn Sie seinen Platz einnähmen. Wir haben nach wie vor eine Aufgabe. Dies ist bestimmt nur ein vorübergehender Rückschlag, den Sie für uns überwinden werden.«
»Lassen Sie uns später darüber reden, in Ordnung?«
Ich kroch auf den Steinhaufen zurück und sah nach Nasir. Er schüttelte kurz den Kopf, um darauf hinzuweisen, dass sich nichts geändert hatte, mied aber meinen Blick. Klar, an seiner Stelle wäre ich auch verdammt sauer gewesen. Ich begriff, dass ich auf ihn aufpassen musste, falls wir hier herauskamen. Wenn er glaubte, dass er mich nicht mehr brauchte, zielte seine AK vielleicht in meine Richtung.
»Was denkst du, Nick?« Jerry näherte sich dem Steinhaufen. »Sind sie noch da?«
»Du kannst gern nachsehen.«
Ich rutschte zu ihm hinunter und brachte meine Lippen nahe an sein Ohr. »Halt deine Waffe bereit und achte auf Nasir. Er ist wütend auf uns. Wir müssen uns gegenseitig schützen.«
»Ramzi! Ramzi!« Die
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