Nick Stone 07 - Schattenkiller
wünschte, es wäre etwas explodiert. Dann hätten wir uns alle besser gefühlt, mit dem Wissen, dass Jerry richtig gehandelt hatte.
Die Männer draußen lachten und riefen spöttisch. Na- sir hielt Salkics Kopf an seiner Brust und starrte mich an. Benzil kroch nach oben.
Salkic schob Nasir weg, griff unter sein Hemd und holte zwei Schlüssel hervor. Er reichte sie mir mit schmutzigen Fingern.
Oben auf dem Steinhaufen setzte Benzil sein Gebet fort, während Salkic mir den Weg zu Nuhanovics Haus beschrieb und die Sicherheitsmaßnahmen erklärte. Seine Stimme klang ruhig, beinahe roboterhaft. »Ich werde mir jetzt meine beiden größten Wünsche erfüllen: Hasan schützen und meine Schwester rächen.«
Benzil protestierte. »Es sind schon genug Menschen gestorben. Bitte, warten wir auf die SFOR.«
Salkic war geradezu erschreckend ruhig. »Ich fürchte mich nicht davor, zu meiner Schwester ins Paradies zu gehen, wenn das Gottes Wille ist.«
Jerry und ich wechselten einen Blick. Mehr von diesem fatalistischen Blödsinn.
Salkic sagte Nasir, was er auch uns gesagt hatte, und nach dem Klang der Stimme zu urteilen, wollte Nasir ihn begleiten, aber Salkic lehnte ab. Sie umarmten sich, und dann nickte Salkic uns zu und stand auf. Er brüllte und verfluchte die Männer draußen, als er zu seiner Schwester eilte.
Er kniete bei ihr nieder, und seine Schultern bebten, als er mit der Hand über das strich, was von ihrem Kopf übrig war.
Vorsichtig drehte er sie auf den Bauch. Bitte, lass ihn was Explosives bei ihr finden. Ich konnte nichts sehen. Salkic war im Weg.
Dann hörte ich das Knistern von Klebeband. Nasir brummte etwas auf Serbokroatisch, und ich glaubte zu verstehen, was er meinte. Ich beobachtete, wie Salkic drei eiförmige Handgranaten vom Rücken der jungen Frau löste. An der mittleren war eine Schnur befestigt. So wie sie gefallen war ... allein das hatte vermutlich eine Explosion verhindert.
»Sie war mit Sprengstoff präpariert, Jerry.«
Nasir sah ihn an und nickte. Es war kein großer Trost, aber er hatte das Richtige getan.
Jerry wirkte wie betäubt. Er schien überhaupt nicht zu merken, was um ihn herum geschah. Wahrscheinlich sah er vor dem inneren Auge immer wieder, wie er auf die junge Frau schoss und sie starb.
Salkic hatte einen ähnlichen Gesichtsausdruck, als er mit jeder Hand eine Granate nahm und die Sicherungs- stifte herauszog. Dann hob er die Leiche seiner Schwester hoch, neigte den Oberkörper nach hinten, um ihr Gewicht auszugleichen, und wankte in Richtung Tageslicht.
Wir beobachteten, wie er den Eingang der Höhle erreichte, dort einige Schritte nach rechts trat und verschwand.
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Wir warteten gespannt. Würden die Männer sofort auf ihn schießen?
Etwa zehn Sekunden später bekamen wir die Antwort. Die erste Handgranate explodierte, dann auch die zweite. Ich war auf den Beinen und lief, noch bevor das Donnern verhallte, und ich hoffte, dass Nasir mir folgte. Es wäre eine verdammt üble Sache gewesen, draußen festzustellen, dass ich ganz allein war. Ich musste die Verwirrung ausnutzen und rasch mit den Leuten fertig werden, auf die ich stieß.
Für etwas Ausgeklügeltes blieb keine Zeit: Kolben an die Schulter, tief Luft holen und nach draußen ins graue Licht treten.
Ich wandte mich nach rechts und sah sofort Bewegung: zwei oder drei Personen, ich war mir nicht sicher. Rauch hing tief über den Explosionsstellen.
Ich schoss auf einen kriechenden Mann, und ein von hinten kommender Feuerstoß riss einen zweiten von den Beinen. Nasir war mir gefolgt.
Weitere Schüsse knallten hinter uns, auf der rechten Seite. Einzelne Schüsse, neun Millimeter. Jerry feuerte auf den verdreckten Geländewagen. Der Mann am Steuer zuckte zusammen und erschlaffte. Es war Spitzbart, und er hielt das blutbesudelte Motorola noch immer in der Hand.
Ich eilte an Salkic vorbei, der neben seiner Schwester lag. Offenbar hatte er sie fallen lassen und die Handgranaten nach dem Wagen geworfen, und unmittelbar im Anschluss war er von den Typen niedergeschossen worden. Er sah aus, als könnte er noch leben, aber ich untersuchte ihn nicht. Meine Aufmerksamkeit galt einem Mann, der weiter unten im Gelände lief, hinter dem Wagen, etwa hundertfünfzig Meter entfernt. Ich setzte mich mit dem Rücken an ein Rad, zog die Beine an, stützte die Ellbogen an den Knien ab, rammte den Kolben der AK an die Schulter und zielte.
Der erste Schuss ging daneben. Nasir kniete sich neben mich, als ich erneut zielte,
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