Nick u. Jan 3 - Das Finale - mitten ins Herz
scheint er glatt vergessen zu haben, dass er 'ne Tunte ist. Seine Stimme klingt richtig normal. Arne geht währenddessen um mich herum und macht Fotos mit seiner kleinen Digitalkamera. Die kann er einhändig bedienen, das ist äußerst praktisch, weil er nämlich in der anderen sein Sektglas hält und immer, wenn er an Uli vorbeikommt, schenkt der ihm nach und sie küssen sich gut gelaunt. Uli ist ja richtig verschossen! Und Arne scheint gar nicht so schlimm zu sein ... nur zu Mats hat er a b s o 1 u t nicht gepasst. Dietlinde hat nach dem Begrüßungsschluck und seiner Fassungslosigkeit nichts mehr getrunken. „Ich brauch 'ne ruhige Hand!"
„So ... und nun Mascara", sagt Dietlinde mit vor Eifer rosigen Wangen, „obwohl", er geht einen Schritt zurück und sieht mich mit zugekniffenen Augen abschätzend an, „eigentlich braucht er keine, er hat selbst so schöne schwarze Wimpern!" „Doch, nimm man was", rät Uli, „guck mal, da ist noch Puder auf den Wimpern!"
„Hast recht ." Dietlinde kramt suchend im Koffer. „Ach - und hier", sagt Uli, „nimm doch erst die Wimpernzange!" Und reicht Dietlinde wie eine tüchtige OP-Schwester dem Chef- arzt das Skalpell. „Oh ja!" Dietlinde ergreift begeistert das Ding - ein seltsames scherenähnliches Gerät - ich schrecke unwillkürlich zusammen, als er sich damit nähert - und klemmt mir damit die Wimpern ein.
Mann, bin ich froh, dass ich ein Mann bin und mit diesem Firlefanz normalerweise nichts am Hut habe ... ehrlich, ich hab' ganz schön Schwierigkeiten, mich in Transvestiten hineinzudenken ... oder alle, die's eben freiwillig tun. Kann so was Spaß machen? Oder ist das nur 'ne Frage der Gewöhnung? Allein der Zeitaufwand! Dass Frauen nicht ständig unpünktlich sind, ist ihnen hoch anzurechnen und mir ehrlich gesagt ein Rätsel. Und jetzt das ominöse Mascara, das sich als Wimperntusche entpuppt. Eklig, wenn man blinzelt, dann kleben die Wimpern oben und unten zusammen.
„Halt doch mal still!", fährt mich Uli an, „was klimperst du jetzt mit deinen Augen! Lass sie einfach offen! Wenn's trocken ist, verklebt nichts mehr!"
„Komm', er muss schon zwischendurch mal blinzeln, sonst tränen sie ihm ..." nimmt mich Dietlinde in Schutz. Er will sich's auf gar keinen Fall mit seinem Spielzeug verderben, nehme ich an.
Mit hochkonzentriertem Gesichtsausdruck (er schielt ein bisschen dabei) trägt er diese Pampe zum zweiten Mal auf. Gebeugt steht er vor mir und vor lauter Eifer lugt seine Zungenspitze vorwitzig heraus.
Wieder geht er einen Schritt zurück, um sein Werk zu begutachten.
„Na?", sagt er und Uli und Arne starren mich fasziniert an. „Wahnsinn", flüstert Uli.
„Bloß blöd, dass er so kräftige Augenbrauen hat", sagt Dietlinde verärgert, „das ist nicht gerade damenhaft ... aber ich kämm ihm da den Pony drüber, dann stört's nicht so! Und jetzt der Lippenstift ... was meinst du?"
Uli und Dietlinde beraten sich. Arne macht derweil 'ne Dose Whiskas auf und ,Batman' kriegt sich kaum noch ein. Er maunzt und dreht sich um Arnes Beine herum, als wolle er Slalom lernen. Ich sehe Arne neben ihm hocken und ihn streicheln, während der Kater gierig frisst.
Echt, was hatte ich bloß gegen Arne? Irgendwie ist er doch ganz sympathisch!
„Nein ... dieses Rot ist zu ordinär ... hier! Der isses ! Mocca!" Klingt gut, finde ich.
„... und den passenden Konturenstift hat er auch! Rosa ist wirklich gut bestückt ..." Uli und Dietlinde kreischen über ihren Witz und können erst mal nicht mehr aufhören.
Ich vermute, dass die Pointe darin liegt, dass Rosa von Natur aus nicht mit dem Größten beschenkt wurde, was man in 'ner Hose finden kann. Was treiben die denn auf ihren Bridge-Abenden? Messen sie sich womöglich gegenseitig?
Also Lippenstift ist widerlich, meine Aversion bestätigt sich. Ich find ihn schon auf Frauenlippen scheußlich - nur so vom Angucken! Diese unnatürliche Farbe, die manche tragen! Und an allen Tassen und Gläsern hinterlassen sie Spuren! Komisch, Katharina hat nur anfangs Lippenstift benutzt. Ich hab' sie schon ewig lange nicht mehr welchen tragen sehen ... ob's daran liegt, dass ich zu dieser Thematik mal einen Spruch machte? Auf jeden Fall steht für mich ab sofort fest, dass ich lieber die Klos in der Mensa putzen würde, bevor man mich dazu bringt, aus Geldmangel eine Karriere als Travestie-Star anzupeilen. Dietlinde reicht mir ein Kosmetiktuch.
„Da, beiß mal mit den Lippen drauf, sagt er. Ich tu's. Ein lüsterner Mundabdruck
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