Nickel: Roman (German Edition)
Rinnstein. Sie holte noch etwasaus der Handtasche und reichte es mir. Ich hielt es ins Licht. Ein Hundertdollarschein.
»Gefälscht?«
»Ja.«
»Es ist eine gute Fälschung.«
»Ja.«
»Und was soll ich damit?«
»Ich muss es waschen.«
»Wie viel?«
»Erst mal hundertfünfzigtausend. Wenn ich fünfunddreißig Cent pro Dollar bekomme, bin ich ein glückliches Mädchen.«
»Fünfundzwanzig.«
»Dreißig.«
»Ergibt am Ende etwa fünfundvierzigtausend?«
»Genau. Aber die Sache ist die: Wenn wir ein gutes Netzwerk aufbauen, könnte das regelmäßig laufen.«
»Kannst du was Kleineres besorgen?«
»Warum?«
»Kleiner ist einfacher. Wenn du das Geld in Zehnern, vielleicht noch in Zwanzigern hättest, wäre das ein Kinderspiel.«
»Sie sind schon gedruckt.«
»Wird dir nicht viel nutzen, wenn du erwischt wirst.«
»Du machst doch die Arbeit. Und nach allem, was ich über dich gehört habe, wirst du nicht erwischt.«
Da hatte die Lady allerdings recht.
»Okay, ich überlege mir was. Aber ich will keine Ware, bis ich weiß, was ich damit mache.«
»Verständlich. Wie lange?«
»Gib mir eine Woche; momentan geht es drunter und drüber.«
»Meldest du dich bei mir, oder …«
»Ist die Nummer, von der aus du mich angepingt hast, in Ordnung?«
»Ja.«
»Dann rufe ich dich an, sobald ich mir was überlegt habe.«
»Ich hoffe, du nimmst das so ernst wie nötig.«
»Das mache ich immer. Ich verstehe deine Besorgnis, aber das ist nur ein Job unter vielen für mich, und wenn er erledigt ist, kommt der nächste.«
Sie reichte mir die Hand und ich nahm sie. Sie zog den Arm zurück und grinste mich an, dann drehte sie sich um und ging fort. Ich sah ihr nach. In der Frau war doch noch jede Menge Leben, soweit ich sehen konnte. Ich checkte den Pager. Keine Arrow. Ich fuhr nach Hause. Ich hatte Arbeit zu erledigen. Es würde eine lange Nacht werden.
Kapitel 23
Zum Glück lag die Rohrbombe noch auf dem Küchentisch. Das hätte ich allerdings auch schon an den fehlenden Streifenwagen in der Umgebung merken können. Ich sah auf die Uhr und ging in die Garage. Fing an, mir meine Ausrüstung zusammenzustellen.
Akkubohrmaschine, voll aufgeladen, Säbelsäge, ebenfalls mit vollem Akku. Ein Stück Seil, etwa eins achtzig lang. Sekundenkleber. Lufthupe. Zweieinhalb-Zentimeter-Bohraufsatz. Nachtsicht brille mit in die Gläser eingebautem Fadenkreuz mit Drei fach vergrößerung. Eine kleine LED-Taschenlampe. Ein Gummi hammer und ein Holzpflock, der so zurecht gesägt war, dass man ihn als Meißel verwenden konnte. Streichhölzer hatte ich bereits in der Tasche. Ich wünschte mir, Arrow würde anrufen. Ging zurück ins Haus, legte mich auf die Couch. Überlegte es mir anders und ging ins Bett. Stellte den Wecker auf zwei.
Als ich aufwachte, weil der Wecker Terror machte, war ich verwirrt. Dann fielen mir Arrow und Shelby ein und ich schaltete den Wecker aus. Ging ins Bad, malte mir das Gesicht mit Make-up in Schwarz, Grau- und Brauntönen an. Betrachtetemich im Spiegel. Ich war ein Dämon. Zog mich ganz in Schwarz an, nichtreflektierende Kleidung. Schnappte mir den Rucksack mit dem ganzen Kram und warf ihn mir über die Schulter. Als Letztes holte ich die Rohrbombe und schnallte sie mir mit Klebeband an den Oberschenkel. Falls sie losging, wollte ich sofort tot sein und nicht zum Krüppel werden.
Ich atmete tief durch und fuhr los Richtung Four Oaks; das einzige Licht ging vom Mond aus. Ich kam an der Tankstelle vorbei. Sie war geschlossen, also musste ich nicht befürchten, gesehen zu werden. In Arrows Siedlung versteckte ich das Fahrrad hinter dem ersten ganz im Dunkeln liegenden Baum, den ich sah. Dann ging ich los und hielt mich dicht an den Häusern, damit ich mich notfalls verstecken konnte. Lauschige Nacht, wenn man nicht gerade ein Ausreißer mit dreihundert Gramm Sprengstoff am Bein war.
Was ich jetzt brauchte – außer einem Telefonmast –, waren ein Gullydeckel und eine gute Stelle ganz in der Nähe, wo ich mich verstecken konnte. Ich musste beobachten, wer außer der Polizei und der Feuerwehr auftauchte. Ich hatte so das Gefühl, dass ich heute Nacht vielleicht den Mann zu sehen bekäme, der Shelby entführt hatte. Ich sah auf den Pager, mehr aus Gewohnheit als sonst etwas. Immer noch nichts von Arrow. Ich unterbrach meine Suche und ging zu ihr nach Hause. In ihrem Zimmer war Licht, aber ich kam mir trotzdem albern vor, als ich Steinchen an ihr Fenster warf wie ein unglücklicher Teenie in einer
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