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Nickel: Roman (German Edition)

Nickel: Roman (German Edition)

Titel: Nickel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aric Davis
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dasselbe.
    Es spielt keine Rolle, wie diese Ansagen lauten, es kommt darauf an, wie man reagiert. Der Gasversorger will, dass man seine Rechnung bezahlt, deshalb hat der keine automatisierten Systeme, die das unnötig erschweren. Aber wenn man es so einrichten wollte, dass man eine bestimmte Nummer nur dannerreichen kann, wenn man den Code kennt, dann würde man ein solches System verwenden. Das System, von dem ich gelesen hatte, arbeitete mit einer Sperre. Wenn man einmal nicht richtig reagiert, ist die Leitung, von der man anruft, für das System tot – die Nicht-erreichbar-Ansage wird real. Ich rannte zum Computer und suchte in den Pädoforen nach einem codierten System, fand aber nichts. Ich ging nach draußen.
    Ich musste Arrow anrufen, auch wenn das das Letzte war, was ich jetzt tun wollte. Da warteten zu viele mögliche Zurückweisungen, und ich glaubte nicht, dass ich damit umgehen konnte. Aber falls Shelby mitbekommen hatte, was sie mit ihr vorgehabt hatten, dann konnte sie mir vielleicht einen Tipp geben. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Shelby schon so weit war, darüber zu sprechen – bestimmt war sie noch im Krankenhaus. Und falls nicht, musste sie bestimmt ständig mit dem Seelenklempner oder der Polizei reden. Ich starrte eine Weile ins Leere, wartete, dass die Dinge sich in meinem Kopf zusammenfügten. Schließlich gab ich auf. Ich schnappte mir eine Jacke und ging zum Münztelefon, um Arrow anzurufen.
    Es wurde allmählich kalt draußen; der Winter streckte die Tentakel aus. Der Winter macht mir nichts, Sommer und Frühjahr auch nicht. Aber Herbstwetter – Wetter wie dieses hier –, das hasse ich. Wenn der Frühling für Geburt steht, der Sommer für Leben und der Winter für Tod, dann steht der Herbst für das Sterben. Die Welt um einen herum vergeht; erst explodiert sie regelrecht in Rot und Orange, aber dann geht sie einfach ein. Mit Schnee kann ich umgehen, aber zuzusehen, wie die Welt stirbt und aufgefegt wird, macht mir Angst, ich kann eigentlich gar nicht erklären, wieso. Vielleicht ist es dieAngst, der Frühling könnte nicht kommen und alles würde für immer so trostlos bleiben. Alle tun immer so behütet, so als wären sie sicher, dass der Frühling kommt und sie es warm und gut haben werden. Geht doch in einer beliebigen Stadt in eine Obdachlosenunterkunft für Frauen und fragt da mal nach. Ihr werdet leere Blicke und gebrochene Herzen finden. Taucht tiefer und sucht euch eine Einrichtung für sexuell missbrauchte Kinder. Fragt diese Kinder mal, ob sie glauben, dass irgendwann alles wieder gut sein wird. Ich kenne die Antwort schon. Wollt ihr raten?
    Ich ging zum Telefonieren bis zur Tankstelle in der Nähe von Arrows Haus. Ich kann stur sein. Sie meldete sich und ich fragte: »Kannst du reden?«
    »Nic… ja. Wann?«
    »Jetzt. Ich bin an der Tankstelle.«
    »Okay. Ich bin gleich da.«
    Ich legte auf und war versucht abzuhauen. Was, wenn die Polizei ihr Haus beobachtete? Ich entschied, dass es das Risiko wert war. Setzte mich neben dem Telefon auf den Bordstein und zog meine Jacke enger um mich. Starrte zu Boden und hörten sie gar nicht heranrollen. Ich weiß nur: Gerade noch saß ich einfach da und im nächsten Moment fegte es mich weg. Ich hob den Kopf, hoffte, es würde Arrow sein, und erkannte zu meiner Freude an der rotblonden Mähne mit den feuerroten Strähnchen, dass sie es tatsächlich war. Ich rappelte mich hoch, während sie die Kette so um ihr Fahrrad wickelte, wie ich es ihr gezeigt hatte. Dann drehte sie sich mit Tränen in den Augen zu mir um. »Vielen Dank, Nickel. Du hast sie gerettet. Du hast Shelby gerettet.«
    Sie nahm mich in die Arme, und ich spürte, wie meine Wangen heiß wurden. Ich wollte sie von mir schieben, irgendwas Cooles sagen wie: »Das war noch gar nichts, Baby«, mir ein Streichholz in den Mundwinkel schieben und einfach Fragen auf sie abfeuern. Stattdessen ließ ich mich von ihr umarmen. Als sie mich losließ, war das viel zu früh. Ihre Körperwärme hüllte mich ein wie ein Tuch. Sie lächelte; ich erwiderte ihr Lächeln – mit einem echten Lächeln. Es fühlte sich gut an. Ich sagte: »Lass uns spazieren gehen.«
    »Im Park?«
    »Zu früh.«
    »Wir haben versucht, dein Fahrrad zurückzubekommen, aber die Cops haben es mitgenommen. Sie glauben Shelby nicht.«
    »Was glauben sie nicht?«
    »Dass sie allein war. Sie wollen uns nicht sagen, warum nicht, aber einer von ihnen hat etwas von Gurten gesagt, die durchgeschnitten wurden. Musstest du

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