Nickel: Roman (German Edition)
Schütze legal bewaffnet war oder nicht, aber Police Sergeant Bill Van Endel sagte: »Wir sind froh, dass die junge Dame wieder bei ihren Eltern ist und jemand in der Lage war, ihr in der Not zu Hilfe zu kommen.«
Bei dem Mädchen soll es sich um Shelby Cross handeln, die seit vergangener Woche vermisst wurde. Ihr Vater Adam Cross wurde im Licht der jüngsten Ereignisse aus dem Polizeigewahrsam entlassen.
Es ging noch weiter, auch ein Sprecher der Schusswaffen-vereinigung NRA wurde zitiert: Die Bürger selbst müssten die hinterste Verteidigungslinie bilden. Anspielungen auf einen attraktiven jungen Helden oder auch nur einen hässlichen rothaarigen Jungen fand ich nirgends, also hatte Shelby es gut gemacht. Augenklappe und Lou konnten ebenfalls schweigen. Möglicherweise suchten sie nach jemandem, auf den meine Beschreibung passte, aber eigentlich konnten sie höchstens herausfinden, dass ich allein lebte und vermutlich in eine Pflegefamilie gehörte. Ich las den Artikel noch einmal. Falls sie nach mir suchten, dann verdeckt. Ich stand auf und legte Rhino die Zeitung auf den Schreibtisch.
»Könntest du jemanden bitten, mir ein Taxi zu rufen?«
Rhino lächelte und sagte: »Du brauchst kein Taxi. Dein Freund Jeff, der kann dich fahren.«
Er zog zehn Hundertdollarscheine aus dem Schreibtisch und blätterte sie vor mich hin. Ich betrachtete das Geld, dachte einenMoment darüber nach, schob die Scheine zusammen, faltete sie und steckte sie ein.
»Dein Finderlohn. Der Junge ist ein Kämpfer. Ein echter Kämpfer.« Rhino stand auf und ging zur Tür, öffnete sie und streckte den Arm aus. Ich folgte ihm hinaus.
Jeff bearbeitete einen schweren Sandsack, den man von der Kette abgenommen und auf Matten gelegt hatte. Er kniete neben dem Sack, dann boxte er blitzschnell gegen die Oberseite, warf ein Bein darüber, feuerte aus dieser Position Schläge ab, schwang sich auf die andere Seite und wiederholte das Manöver. Wir beobachteten ihn bei dieser Prozedur, und als Jeff langsamer wurde, klatschte Rhino in die Hände, damit er wusste, dass wir zusahen. Jeff stand auf, kam zu uns und verbeugte sich tief vor Rhino. Rhino verbeugte sich ebenfalls, allerdings nicht ganz so tief, und sagte: »Erinnerst du dich an unseren Freund Nickel?«
»Natürlich. Wie geht’s dir, Nickel?«
Rhino kam mir zuvor. »Gut, aber er braucht einen Gefallen. Kannst du ihn fahren?«
Jeff schnappte sich ein Handtuch von einem Ständer und rieb sich das Gesicht trocken. »Klar. Jetzt sofort?«
Rhino nickte.
Jeff schlüpfte in ein Paar Flipflops und sagte: »Dann los.«
Kapitel 39
Wir nahmen das Auto, mit dem ich Jeff zur Knapp hatte kommen sehen. Ich saß schweigend da, während Jeff fuhr. Als wir fast bei mir zu Hause waren, deutete ich auf eine Tankstelle und sagte: »Setz mich einfach hier ab.«
»Ich fahre dich gerne nach Hause …«
»Nein, so ist es gut. Danke.«
Jeff entriegelte die Türen und sagte: »Ich möchte dir danken. Die letzten paar Tage waren die besten in meinem ganzen Leben.«
Ich dachte daran, wie ich mit Shelby über die Wiese gerannt war, während um uns herum Kugeln durch die Luft geflogen waren. Dachte an Brände und Nick und Eleanor. Verdrängte all das Hässliche und versuchte nur an Jeff zu denken, daran, wie sein Leben gewesen war und wohin es sich jetzt entwickelte.
»Gern geschehen. Rhino meint, du bist ein Kämpfer.«
Jeff nickte ernsthaft.
»Wenn du einen Kampf hast, sag Rhino, er soll mich holen. Ich will sehen, was du mit ein bisschen Training ausrichten kannst. Du warst schon gut, als du ungeschliffen warst,aber Rhino wird dich zu einer echten Macht machen. Er baut Waffen.«
»Wenn du mal was brauchst – egal was –, lass es mich wissen. Dann komme ich, ohne Wenn und Aber.«
»Mach ich.«
Er streckte die Hand aus und ich ergriff sie. Als er meine viel kleinere Hand schüttelte, spürte ich seinen Puls.
»Ich meine es ernst. Ich weiß nichts über dich; Rhino wollte mir nichts erzählen. Aber ich sehe dir an, dass dir in letzter Zeit etwas große Angst gemacht hat. Wenn ich helfen kann …«
»Dann lasse ich’s dich wissen. Liest du Zeitung?«
»Manchmal. Warum?«
»Bitte Rhino um die in seinem Büro. Lies zwischen den Zeilen. Vergewisser dich, dass du dich wirklich mit mir einlassen willst. Ich weiß, ich bin nur ein Kind, aber das ist ein großzügiges Angebot, und ich möchte, dass du weißt, worauf du dich einlässt, wenn wir zusammenarbeiten. Danke fürs Fahren.«
Ich stieg aus und
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