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Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Titel: Niederschlag - ein Wyatt-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PULP MASTER Frank Nowatzki Verlag GbR
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aufeinanderschlugen. Er musste an Liz Redding denken, an ihre warmen Hände an seinem schmerzenden Kopf. Sie hatten Vanuatu zwei Tage zuvor verlassen, als eine raue Welle ihn von den Füßen gerissen und er sich die Stirn am Mast gestoßen hatte. Manchmal schlich sich Liz auf diese Weise in seine Erinnerung.
    Als er meinte, genug Kraft zu haben, um sich bewegen zu können, mühte er sich aus dem Wagen. Er quälte sich zur Hecktür und warf einen Blick in den Laderaum. Eins der Versandröhren fehlte. Wahrscheinlich ergibt es einen Sinn, wenn man Raymond heißt, dachte Wyatt. Die Röhren waren lang und unhandlich. Wenn man zu Fuß auf einer Vorortstraße unterwegs war, konnte man eine transportieren, jedoch nicht vier. Also würde man eine mitnehmen, man würde sie nicht auch noch zurücklassen und seine Haut retten.
    An einer Wand hinter den Zapfsäulen befand sich ein Wasserhahn. Wyatt wusch sich das Blut ab, zog seinen Overall aus, setzte die Mütze auf und ging zur nächsten Ampel. Dort hielt er ein vorbeifahrendes Taxi an und ließ sich zu seinem Motel in Preston bringen.
    Manche Abläufe waren für Wyatt reine Automatismen. Er ließ den Fahrer zwei Blocks vom Motel entfernt halten, ging zu Fuß zum Motel und wanderte einige Male auf der gegenüberliegenden Straßenseite auf und ab. Schließlich überquerte er die Straße und ging um den Parkplatz herum zu seinem Zimmer. Er stand eine Weile da, sah sich um und fragte sich, ob man ihn bereits erwarte.
    In diesem Moment kam eine Putzfrau um die Ecke, eine Karre vor sich, die voll beladen war mit Besen, Eimern und Plastikflaschen. Am Chromgriff des Wägelchens baumelte ein Transistorradio an einer Trageschlinge. Wyatt ging auf die Putzfrau zu und murmelte: »Ich habe gerade Nummer 14 geräumt. Das Zimmer ist leer, falls Sie dort anfangen möchten.«
    Sie bedachte die erste Tür in der Reihe mit einem skeptischen Blick, für Wyatt der Beweis, dass sich die Putzfrau strikt an einen bestimmten Ablauf hielt. Man fing am Ende an und arbeitete sich vor. Nur hingen an der ersten Tür und an den zwei folgenden »Bitte-nicht-stören«-Schilder, somit war es sowieso vorbei mit der Routine. »Von mir aus«, sagte die Putzfrau schließlich.
    Â»Danke.«
    Wyatt entfernte sich. Hinter einem eingetopften Zierbaum in der Nähe der Pumpe für den Swimmingpool bezog er Posten und beobachtete die Putzfrau. Sie steckte den Schlüssel ins Schloss, stieß die Tür zu seinem Zimmer auf und schob den Karren hinein. Nichts. Keine Überraschungen, kein Geschrei, kein Zurückweichen.
    Die Frau benötigte zehn Minuten und nachdem sie sich den nächsten Raum vorgenommen hatte, ging Wyatt in sein Zimmer. Er bewegte sich äußerst vorsichtig, stellte im Bad einen Stuhl unter die Entlüftung, stieg auf den Stuhl und schraubte den Ventilator ab. Nur keine abrupten Bewegungen. Er hatte dort ein paar hundert Dollar und neue Papiere versteckt.
    Wyatt beendete seinen anstrengenden, ruinösen Morgen mit einer Dusche. Im Grunde hätte er sich davonmachen müssen, aber momentan fühlte er sich derart gerädert, derart benommen und genoss das auf ihn herabprasselnde tröstlich-warme Wasser zu sehr, um sich darum zu scheren.
    Er stand am Fenster zum Innenhof und trocknete sich ab, bewegte sich eher eingeschränkt, um den Schmerz in Grenzen zu halten. Er blinzelte sich das Wasser von den Wimpern. Es war Liz Redding, die da völlig ruhig im unheimlich anmutenden grünen Licht der Swimmingpool-Markise stand und sein Zimmer, seine Gestalt im Fenster versonnen beobachtete. Als er wieder blinzelte, hatte sie sich abgewandt und dann sah er nur noch den langen Bogen ihres Rückens und die Rundung ihrer Hüfte, als sie sich vorbeugte, um einen weißen Corolla aufzuschließen.
    Doch es war der falsche Schlüssel. Sie richtete sich auf, um sich die anderen Schlüssel am Schlüsselbund anzusehen. Wyatt dachte, dass es jetzt an der Zeit sei. Das durfte nicht das Letzte sein, was er von ihr sah.

    EINUNDDREIßIG

    Raymonds Hand fühlte sich klebrig an. Er sah hinunter: Blutflecken von seiner Attacke mit der Ruger gegen Wyatts Kopf. Wie beiläufig rutschte er auf der Rückbank hin und her, beugte sich nach unten, als wolle er sich am Bein kratzen, wischte die Finger an seiner Socke ab und hoffte, dass der Fahrer weder das Blut noch diese Vertuschungsaktion bemerkt hatte.

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