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Niemand, Den Du Kennst

Titel: Niemand, Den Du Kennst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Richmond
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nachdem die es schon wussten. Erst, nachdem das Buch erschienen war. Anfangs haben Sie ihnen gar nichts erzählt.«
    »Margaret hatte darauf bestanden, dass ich nichts sage. So wütend sie wegen der Affäre auch war, hatte sie doch auch furchtbare Angst, was geschehen würde, wenn der Verdacht auf mich fiele. Im Nachhinein ist mir natürlich klar, wie dumm das war. Aber unter den damaligen Umständen glaubte ich kein Recht zu haben, Margaret etwas zu verweigern.«
    »Sie haben an dem Abend, als Lila verschwand, mit ihr gegessen«, sagte ich. »Nach der Veröffentlichung des Buches
hat sich eine Kellnerin gemeldet, die Sie beide zusammen in Sam’s Grill gesehen hat.«
    »Das leugne ich nicht.«
    »Und Sie haben das Restaurant zusammen verlassen.«
    »Stimmt.«
    »Sie haben sie um zehn Uhr zu Fuß zur Haltestelle gebracht.«
    Er nickte.
    »Damit sind Sie der Letzte, der sie gesehen hat. Und die Kellnerin sagte, Lila habe traurig gewirkt, als Sie beide das Restaurant verließen. An dem Morgen hatte sie geweint, bevor sie aus dem Haus ging.«
    Wieder nickte McConnell.
    »Also?« Ich spürte die alte Wut hochbrodeln. »In ihrem Leben lief alles wunderbar. Sie hatte gerade mit der Arbeit, die sie an der Columbia präsentierte, auf sich aufmerksam gemacht. Sie galt als heiße Favoritin für den Hilbert Prize von Stanford. Jeder wusste, dass sie ihren Weg gehen würde. Der Grund für ihre Verzweiflung waren eindeutig Sie - etwas anderes kam nicht infrage.«
    »Wissen Sie noch, was Thorpe als mein Motiv vermutet hat?«, fragte McConnell.
    »Er sagte, Sie wollten sich an jenem Abend in dem Restaurant von Lila trennen, und sie hat damit gedroht, Ihrer Frau von Ihrer Affäre zu erzählen.«
    Er sah mich schweigend an.
    »Was denn?«, sagte ich.
    »Klingt das wie etwas, das Lila tun würde?«
    Er hatte recht. Obwohl ich das McConnell gegenüber nicht zugeben würde, hatte dieser Teil von Thorpes Argumentation mich schon immer gestört. Das passte einfach nicht zu Lilas Wesen. Sie hätte McConnells Frau niemals von sich und Peter
erzählt, und ebenso wenig hätte sie damit gedroht. Im Laufe der Jahre hatte ich versucht, mein Unbehagen in Bezug auf dieses Detail zu verdrängen, indem ich mir einredete, Lila vielleicht doch nicht so gut gekannt zu haben, wie ich meinte.
    »Wollten Sie mit ihr Schluss machen?«
    »Ganz im Gegenteil. Einige Tage zuvor hatte ich meiner Frau reinen Wein eingeschenkt.«
    Maria trat aus der Küche und zeigte auf eine Uhr an der Wand. Es war zwei Uhr morgens. » Cerrado «, sagte sie.
    »Nur noch ein paar Minuten«, bat ich. Diese Unterhaltung durfte noch nicht zu Ende sein. Es gab noch so vieles, was ich fragen wollte.
    » Cerrado «, sagte sie noch einmal und bedeutete mit einer Geste, dass es Zeit zum Schlafen war.
    » Por favor «, sagte ich, doch es war zwecklos. Als McConnell und ich aufstanden, lächelte Maria und zwinkerte mir zu. Sie muss geglaubt haben, sie täte mir einen Gefallen, wenn sie mich mit dem gut aussehenden Amerikaner in die Nacht hinausschickte.
    Wenige Augenblicke später standen McConnell und ich auf der nicht asphaltierten Straße vor dem Café. Er hatte seine Baseballkappe wieder aufgesetzt und tief in die Stirn gezogen, was ihn jünger aussehen ließ, als er war. Er war sieben Jahre älter gewesen als Lila; demnach musste er inzwischen um die fünfzig sein. Das Buch, das er im Café gelesen hatte, klemmte unter seinem Arm. Beim Aufstehen hatte ich einen Blick auf den Titel erhascht: die Naturgeschichte einer Kerze von Faraday.
    Das Dorf war still und wie ausgestorben. Die weißen Häuser leuchteten im Mondlicht.
    »Sie sollten um die Uhrzeit nicht allein hier draußen herumlaufen«, sagte er. »Ich bringe Sie zu Ihrem Hotel zurück.«
Hätte ich nicht solche Angst gehabt, dann hätte ich vielleicht über diese Absurdität gelacht. »Das können Sie nicht ernst meinen«, sagte ich und sah mich nach der geschlossenen Tür des Cafés um. »Außerdem mache ich das ständig.«
    »Das sollten Sie aber nicht.«
    Ich steckte die Hand in meine Handtasche und tastete nach meinem Probestecher. Das ist ein Grundwerkzeug der Kaffeebranche, ein langes Metallgerät mit einem spitzen Ende auf der einen Seite und einem kleinen Zylinder an der anderen, der sich zu einem Griff verjüngt. Um eine Probe zu nehmen, sticht man mit dem spitzen Ende in den Kaffeesack, und die Bohnen gleiten über den Stiel in den Zylinder. Mit einer Hand holte ich den Probestecher aus dem Lederfutteral.
    Meine Hand

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