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Niemand, Den Du Kennst

Titel: Niemand, Den Du Kennst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Richmond
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bewog, das Haus zu mieten.«
    Aldous Huxley , Der kleine Archimedes
     
     
    ICH BOG VON DER MARKET STREET ab und folgte der gewundenen Straße hinauf nach Diamond Heights, vorbei an Wohnanlagen aus den Sechzigern und Siebzigern. Ich mochte diese Gegend schon immer, sie kam mir vor wie ein Vorort, der mitten in der Stadt auf einen Berg gepflanzt worden war. Es war schon nach Mitternacht, und die steilen Straßen lagen still und dunkel. Ich wusste, dass Thorpe überrascht wäre, mich so spät vor seiner Tür zu finden, und ich hoffte, das würde mir einen Vorteil verschaffen. In den Nachtstunden war mein Verstand am wachsten, und ich fühlte mich auch am wohlsten in meiner Haut. Wenn Diamond Heights Thorpes Territorium war, dann war die Nacht meins.
    Thorpes Haus lag ganz oben auf dem Red Rock Hill. Es war ein zweistöckiger Eichler-Bau, dessen weißes Dach die graue Vorderwand überragte. Vor dem Haus war ein kleiner Garten in einem Dreiecksmuster angelegt, ein japanischer Ahorn und mehrere Lavendelbüsche schirmten die Blicke von der Straße her etwas ab. Ich parkte meinen Wagen, lief zur Eingangstür
hoch und klingelte. Schon bald hörte ich Schritte. Die Tür ging auf, und Thorpe stand vor mir, in einem gestreiften Baumwollbademantel, den Kopf, abgesehen von einer kahlen Stelle in der Mitte, mit grauen Stoppeln bedeckt. Er hatte dunkle Ringe unter den Augen und verströmte einen schwachen Duft nach Medizin.
    »Ellie?« Er rieb sich die Augen. »Was machst du denn hier?«
    »Du hast gesagt, ich soll jederzeit vorbeikommen.«
    Er lächelte und sagte noch etwas groggy: »Stimmt. Komm rein. Ich mach uns einen Kaffee.«
    Ich folgte ihm durch den offenen Innenhof, wo ein steinerner Springbrunnen gurgelte. Dahinter lag ein großes Wohnzimmer, dessen Rückwand vom Boden bis zur Decke aus Glas bestand. Für jemanden, der in einem hübschen, aber beengten Haus im viktorianischen Stil in Noe Valley aufgewachsen war, kam eins der berühmten von Joseph Eichler gebauten Domizile auf einem Hügel dem Traumhaus ziemlich nahe. Doch Thorpe hatte es vollkommen ruiniert. Auf den Hartholzböden lagen schäbige türkische Teppiche in tiefen Rotund tristen Brauntönen, die den Kamin umrahmenden deckenhohen Regale waren vollgestopft mit Zeitschriften und Krimskrams. Der Flachbildfernseher war in einen massigen Mahagonischrank gequetscht, dessen Türen offen standen und so den Blick auf ein Sammelsurium elektronischer Gerätschaften freigaben. Es gab zwei Sofas, einen Ledersessel mit passendem Hocker, einen Couchtisch und einige nicht zusammenpassende Stühle. Selbst die Fensterwand war durch eine gigantische Bambustruhe verstellt. Überall stapelten sich Zeitungen und Magazine. Joseph Eichler hätte sich im Grab umgedreht.
    Das Haus stank nach kaltem Rauch, und ich bemerkte mehrere leere Aschenbecher. »Rauchst du jetzt?«, fragte ich.
»Nicht mehr. Seit fast zwei Monaten bin ich clean, klopf auf Holz. Die Aschenbecher sind eine Visualisierungstechnik, die mein Life Coach mir empfohlen hat, um es mir abzugewöhnen.«
    »Life Coach? Ich hab mich schon immer gefragt, wer zu so jemandem geht.«
    »Ich hab mich an sie gewandt, weil ich an einem schweren Fall von Schreibblockade litt.«
    »Und, hat sie dich geheilt?«
    »Frag mich in einem Monat noch mal. Derzeit befinden wir uns in Woche neun - Entmüllen des persönlichen Lebensraums.« Er machte eine hilflose Geste. »Hier sind wir auf gewisse Schwierigkeiten gestoßen. Woche zehn und elf sind der spirituellen Erweckung gewidmet. Nächster Halt: Schreibblockade. Sie sagt, wir müssen uns nach oben arbeiten. Laurie Giordano, sie ist hart, aber gut. Erinnere mich daran, dir ihre Karte zu geben.«
    Ich wartete im Wohnzimmer, während er in die Küche ging, um Kaffee zu kochen. Die Küche war nur durch eine niedrige Zwischenwand mit Arbeitsfläche vom Wohnzimmer abgetrennt. Das Spülbecken stand voller Geschirr, die Kühlschranktür war zugepflastert mit Zeitungsausschnitten, Kalendern, Rezepten, Postkarten und Fotos. Er wühlte in einer Schublade, dann in einer weiteren und sagte schließlich: »Ich kann die Filtertüten nicht finden. Wir müssen uns mit Tee begnügen.«
    Er füllte einen roten Kessel mit Wasser und stellte ihn auf den Herd.
    »Ich hoffe, deiner Frau macht es nichts aus, dass ich so spät noch vorbeikomme?«, sagte ich. »Aber ich war gerade in der Gegend.«
    »Frau?«

    »Ich habe Aller guten Dinge sind zwei im Buchladen gesehen.«
    »Ach, das . Tja, als so wahnsinnig gut

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