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Niemand hört mein Schreien: Gefangen im Palast Gaddafis (German Edition)

Niemand hört mein Schreien: Gefangen im Palast Gaddafis (German Edition)

Titel: Niemand hört mein Schreien: Gefangen im Palast Gaddafis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annick Cojean
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›General der Nutten‹! Er suchte überall nach Frauen, das war seine Spezialität und seine Hauptaufgabe; er sammelte sogar Strichmädchen von der Straße auf.«
    »Und Mabruka al-Sharif?«
    »Spielte eine wesentliche Rolle bei den Maßnahmen. Sie hatte sogar noch mehr Einfluss auf Gaddafi, sie hockte ständig mit ihm zusammen. Mir hat sie einen derartigen Ekel eingeflößt, dass ich mich bei drei Anlässen weigerte, ihr die Hand zu geben. Sie war gut vernetzt und kümmerte sich unter anderem um die Frauen von Staatschefs. Sie betrieb Schwarze Magie, und ich bin sicher, dass sie darauf zurückgriff, um sich Gaddafi ergeben zu machen.«
    »Er war ein Anhänger der Schwarzen Magie?«
    »Er hat es geleugnet, aber man kann in einem noch so aufgeklärten Zeitalter leben, selbst führende westliche Politiker gehen zu Wahrsagern! Jedenfalls waren wir mehrere, die ihn in Kenntnis darüber setzen wollten, dass Mabruka Sharif und Mismari Schwarze Magie praktizierten. Ich erinnere mich, dass wir, fünf hochrangige Offiziere, einmal mit ihm im Wagen fuhren, ich saß am Steuer, und wir sagten ihm: ›Pass bloßauf! Du bist ein Opfer der Schwarzen Magie, und die zwei da sind dabei, dein Image zu beschädigen.‹ Er zuckte nur mit den Schultern. ›Ich vertraue ihnen hundertprozentig.‹ Meine Warnungen sind alle ins Leere gelaufen. Er war der Machthaber und ich nur ein einfacher Staatsbediensteter. Ich hafte nicht für seine Verbrechen!«
    »Bei welchen Gelegenheiten sind Sie mit der Protokollabteilung in Berührung gekommen?«
    »Praktisch nie, da ich mich, wie ich Ihnen schon sagte, weigerte, an den offiziellen Reisen teilzunehmen, die Mismari organisierte. Sie haben mich dennoch dazu aufgefordert, als es nach Frankreich, Spanien etc. ging. Aber selbst wenn sie meinen Namen auf eine Liste setzten, mir ein Zimmer reservierten – ich habe mich geweigert. Ich wollte nichts damit zu tun haben.«
    »Womit?«
    »Mit all diesem Tun um die Frauen.«
    »Weil die Reisen diese Machenschaften förderten?«
    »Ich habe vieles gehört, denn es gab Auseinandersetzungen mit echten Militärs. Mismari, der mehrere Sprachen sprechen konnte, arrangierte es als Protokollchef, die Lieferungen von Frauen als ›Kommissionen‹, ›Delegationen‹ oder ›Gruppen von Journalistinnen‹ zu verschleiern. Ich weiß auch, dass dieser ›spezielle‹ Service ein sehr lukratives Geschäft für die Verantwortlichen war, vor allem wenn sie ins Ausland reisten und sich dem Spiel mit den Geschenken widmeten. Ich habe mich davor zu schützen gewusst.«
    Dann erwähnte ich Sorayas Bericht. Wie sie von Salma und Mabruka in Sirte entführt wurde, dass sie immer wieder vergewaltigt und im Kellergeschoss von Bab al-Aziziya gefangen gehalten wurde. Er schüttelte den Kopf, wirkte gequält.
    »Man hat mich in diesen Dingen nicht zu Rate gezogen. Ich hätte mich widersetzen können. Er hätte mich ins Gefängnis geworfen. Ich schwöre, dass ich von diesem Kellergeschoss nichts wusste! Das ist gegen alle Werte, die ich vertrete! Ich bin ein geachteter Soldat, ein Vater, ein Großvater. Können Sie sich mich als Vergewaltiger vorstellen? Als Zuhälter? Niemals! Ich wäre nicht in der Lage, mit einer Frau gegen ihren Willen zu schlafen!«
    Es folgte ein Moment des Schweigens, in dem er seinen Gedanken nachzuhängen schien. Schließlich holte er tief Luft, warf den beiden Rebellen, die das Gefängnis beaufsichtigten, einen langen Blick zu und rief mit zum Himmel erhobenen Armen: »Er, der der geistige Vater der Nation hätte sein sollen! Es ist entsetzlich!«
    War er tatsächlich überrascht, oder spielte er Theater? War es vorstellbar, dass der libysche Sicherheitschef angesichts der Verbrechen, die der Herr von Bab al-Aziziya begangen hatte, aus allen Wolken fiel, wo doch so viele Bedienstete – Wächter, Chauffeure, Krankenschwestern – auf dem Laufenden waren?
    »Ich habe keinen sehr intimen Kontakt mit ihm gepflegt! Wir arbeiteten eng zusammen und waren miteinander verwandt. Und ich bin bis zum Ende bei ihm geblieben. Ich habe ihm sogar geholfen, sich in Sicherheit zu bringen, als er verletzt war. Aber ich schwöre, dass diese Informationen ein echter Schock sind! Wenn ich von einem gynäkologischen Untersuchungsraum in der Universität höre, kriege ich eine Gänsehaut.«
    »Kann man sagen, dass Sex als politische Waffe eingesetzt wurde?«
    »Aber bitte! Das ist doch ein Klassiker! Sie wissen selbst genau,dass Sex überall als Waffe benutzt wird. Selbst in

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