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Niemand kennt mich so wie du

Niemand kennt mich so wie du

Titel: Niemand kennt mich so wie du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna McPartlin
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sitzen, während er ihr anschließend zurück im Zimmer einen recht strengen Schnitt verpasste und die Haare stylte. Sie hatte an Gewicht verloren, und ihre Gesichtszüge traten deutlicher hervor denn je.
    «Du hättest wirklich Model werden können», sagte Nick zu ihr.
    «Meinst du, ehe ich alt oder ehe mein Gesicht verwüstet wurde?», fragte sie und lächelte dabei, um ihm zu zeigen, dass die Antwort keine Rolle spielte.
    «Schön. Du hast eine Narbe im Gesicht. Harrison Ford hat auch eine Narbe und hallo ?»
    Die Fäden waren gezogen, ihr Mund hatte seine normale Form zurück, und die Narbe lag innen und war nicht zu sehen. Auch die Augenpartie sah bis auf eine leicht gelbliche Färbung wieder völlig normal aus. Von dem Unfall blieb lediglich eine hässliche rosarote Linie zurück, die sich etwas mehr als drei Zentimeter lang über ihre linke Wange bis zum Nasenflügel zog.
    «Muss ich ab jetzt Make-up tragen?», fragte sie, genervt von der Vorstellung, sich für den Rest ihres Lebens jeden Tag schminken zu müssen. Und das, wo ich mich gerade zur Ruhe gesetzt habe. Was für ein Mist!
    «Noch nicht, das heilt noch», sagte er.
    «Ich weiß, aber trotzdem.»
    «Was, trotzdem?», wollte er wissen.
    «Gar nichts», antwortete sie.
    «Hast du etwa ein Auge auf jemanden hier drin geworfen?»
    «Nick! Mach dich doch nicht lächerlich!»
    «Oh mein Gott! Hast du!»
    «Habe ich nicht.»
    «Du wirst ja rot.»
    «Ja. Vor Ärger, vor Frust und wegen der verdammten Hitze hier drin!»
    Nick und Eve kannten sich schon seit einer Ewigkeit aus Londoner Tagen. Er hatte bei vielen ihrer Shootings Frisuren und Make-up gemacht. Sie besaßen beide denselben Ehrgeiz, waren beide Iren und Arbeitstiere. Sie hatten sich von Anfang an gut verstanden, und Nick gehörte zu den wenigen Menschen, die Eve vermisste, als sie nach Paris ging. Als sie im letzten Jahr nach Dublin zurückkehrte, begab sie sich auf die Suche nach ihm. Nick war zwischenzeitlich in England sehr erfolgreich, ging dann aber nach Hause zurück, um in Dublin einen Edelsalon zu eröffnen. Falls er sich nicht gerade auf einem Fotoshooting oder einer Modenschau befand oder für eine Anzeigenkampagne arbeitete, stand er in seinem Laden. Er war ein alter und guter Freund, doch seine Zeit war ebenso begrenzt, wie es früher bei Eve auch der Fall gewesen war. Sie sahen sich selten, doch Nick kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie etwas verbarg.
    «Okay, wie du meinst», sagte er.
    «Ich will einfach nicht aussehen wie beschädigte Ware.»
    «Du bist keine beschädigte Ware.»
    «Ich verkörpere die Definition von beschädigter Ware.»
    Während der zweiten Woche fand Eve es schon ein bisschen interessanter, durchs Fenster zu schauen. Sie fing an, einzelne Gesichter und Fahrzeuge, Arbeitszeiten und Rituale des Klinikpersonals zu identifizieren. Es gab eine Krankenschwester, die Eve Patty taufte und die es nie schaffte, einfach aus dem Auto zu steigen, es abzuschließen und ins Gebäude zu gehen. Sie stieg aus, tätschelte ihre Handtasche, schloss ab, ging etwa zwei Meter weit, tätschelte wieder ihre Handtasche, machte kehrt und schloss entweder den Wagen noch mal auf, um etwas herauszuholen oder um zu überprüfen, ob sie auch tatsächlich abgeschlossen hatte. An den Tagen, wo Patty im Dienst war, bot sie reichlich Ablenkung. Eve konnte die einzelnen Schritte der Frau inzwischen fast kommentieren, und es war eindeutig besser, als eine Fliege dabei zu beobachten, wie sie an der weißen Wand im Kreis krabbelte.
    Auch Adam sah sie kommen und gehen. Er stellte sein albernes Auto immer auf dem gleichen Parkplatz ab. Die Ärzte hatten feste Parkplätze. Die Krankenschwestern erforderten viel mehr Aufmerksamkeit, weil sie parkten, wo gerade eine Lücke frei war, und es einige Parkplätze gab, die außerhalb ihres Blickfelds lagen. Adam stieg aus und schloss ab. Er überprüfte nie sein Aussehen, richtete sich nie die Haare und sah auch nie nach, ob sein Auto abgesperrt war. Er kam und ging einfach nur, es sei denn, er traf auf dem Weg jemanden, was meistens der Fall war. Adam schien mehr Leute im Krankenhaus zu kennen als jeder andere – entweder das, oder er war einfach nur netter, oder er saß in mehreren Ausschüssen. Wenn er stehen blieb und sich unterhielt, fragte Eve sich, wer sein Gegenüber sein mochte und worüber sie wohl sprachen. Manchmal waren die Gespräche ganz kurz, manchmal etwas länger. Ein paarmal sah Eve ihn zusammen mit Lily. Lily war immer gehetzt und in

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