Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Niemand lebt von seinen Träumen

Niemand lebt von seinen Träumen

Titel: Niemand lebt von seinen Träumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
verschwanden in den Kojengängen.
    Sie lief über das Unterdeck des großen Frachtschiffes und stieg die Treppe in einen dunklen Ladeschacht hinab.
    Dort sah sie die vielen Landmaschinen, alle mit einer Zeltplane bedeckt. Sie kroch unter eine dieser Planen und setzte sich auf den Sattel eines Raupenschleppers. Dort hockte sie die ganze Nacht, bis draußen der Morgen anbrach und die Maschinen des Schiffes zur Probe anliefen.
    Als sich die schweren Kolben drehten und ein Zittern durch den stählernen Schiffsleib lief, preßte sie die Hände an das Herz und wartete auf den Augenblick, in dem sie das Rauschen des Meeres hörte und das Ausfahren aus dem Hafen spürte.
    Aber das Schicksal war damals gegen sie. Zollbeamte gingen noch einmal von Ladebunker zu Ladebunker und kontrollierten anhand der Transportlisten die Gegenstände, die ausgeschifft werden sollten. Sie kamen auch in den Raum, in dem Susanne unter ihrer Plane auf dem Sitz des Raupenschleppers saß. Plane nach Plane wurde gelüftet … ein Haken auf der Liste … und weiter ging es.
    Als die Beamten die Plane von Susannes Versteck hoben, sah sie ihnen aus Schreckens weiten Augen entgegen und kletterte gebrochen von dem Sitz.
    »Da bin ich«, sagte Susanne leise. »Ich habe eben Pech gehabt …«
    »Oder Glück, Mädchen«, sagte einer der Beamten und klopfte ihr auf die Schulter. »Wolltest du in die USA?«
    »Ja.«
    »Auf dem Sitz des Schleppers? 14 Tage lang?«
    »Ja.«
    »Das ist doch Dummheit!« Der Beamte sah sie kritisch an. »Was willst du denn eigentlich da drüben?«
    »Ich habe meinen Bräutigam drüben.«
    »Kleine Kriegsbraut, was?«
    »Nein, mein Bräutigam ist Deutscher. Er ist in Cleveland Ingenieur, und seit Wochen versuchen wir vergeblich, Auswanderungspapiere für mich zu bekommen. Ich bin Studentin der Kunstgeschichte …«
    Der Beamte lachte. »Was Sie da aber gemacht haben,war keine Kunst. Das war vielmehr Stümperart. Wenn Sie schon schwarz nach Amerika wollen, dann müssen Sie das schon anders anstellen! Da gibt es besondere Tricks, die todsicher sind. Aber die sage ich Ihnen nicht. Ich werde mich hüten! Und nun kommen Sie mal schön mit, damit Sie mir nicht wieder ausrücken. Wir unterhalten uns noch ein wenig miteinander …«
    So machte sie die Kontrolle des Schiffes mit, sah, wie gründlich es durchgesehen wurde, und daß es fast unmöglich war, den suchenden Augen zu entgehen.
    Bevor sie gehen durfte, wurde in der Wachstube des Zolls ein Protokoll aufgenommen.
    »Vielleicht hören Sie noch von uns«, sagte der Beamte zum Schluß und klopfte ihr auf die Schulter. »Eine kleine Geldstrafe wegen Versuchs illegaler Auswanderung ist Ihnen jedenfalls sicher.« Und leise fügte er hinzu: »Es soll auch nur eine Strafe sein, weil Sie so dumm waren …«
    Dann stand Susanne wieder auf der Straße des abendlichen Hamburg und wußte nicht, was sie weiter beginnen sollte.
    Ein neuer Versuch? Es lagen ja viele Schiffe im Hafen, die nach Amerika fuhren. Fast jedes dritte Schiff nahm diese Route! Sollte sie es noch einmal wagen?
    Sie ging wieder zum Hafen zurück, in ein anderes Becken, wo fremde Zollbeamte waren, die sie nicht kannten. Dort strich sie um die Piers herum und las die Namen der vielen Dampfer. Am Heck flatterten die Landesfahnen am weißen Mast.
    Schiffe aus Panama … Uruguay … USA … England … Japan … Schweden … Norwegen … Argentinien … Mexiko … Griechenland …
    Die ganze Welt lag hier in einem Hafenbecken.
    Die Welt jenseits des Wassers, das eine so große, eine unüberwindliche Grenze für Frank und Susanne war …
    Obgleich die Schiffe lockten, wagte Susanne nicht, einen erneuten Versuch zu unternehmen. Außerdem war der Wachdienst auf den Schiffen sehr streng … das merkte sie sofort, als sie einmal an einen Laufsteg trat und sofort der Kopf eines Matrosen über der Reling erschien.
    Traurig ging sie zurück in die hell erleuchtete Stadt und reihte sich in den Strom der Menschen ein, der fröhlich der Reeperbahn zustrebte.
    Man müßte es einmal in Bremen versuchen, dachte sie und achtete nicht darauf, wohin sie ging. Vielleicht hat man es dort leichter, auf ein richtiges USA-Schiff zu kommen, auf einen Truppentransporter oder ein Care-Paket-Schiff. Man muß es einfach immer wieder versuchen. Vielleicht gelingt es doch einmal.
    Und nun lag sie hier in dem kleinen Hotel auf einem leidlich sauberen Bett und starrte an die Decke, über die die Lichter der draußen vorbeifahrenden Autos huschten.
    Die ›Giesela

Weitere Kostenlose Bücher