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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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gesamten Sicherheitsgruppe analysiert werden, doch das hatte Zeit bis zum nächsten Morgen.
    In Paris war es eine Stunde vor Mitternacht.
    »Wir entscheiden selbst über unser Leben«, sagte er fast ein wenig schläfrig. »Wir sind freie Menschen in einer freien Welt und bestimmen selbst über unser Leben.«
    »Ich finde es trotzdem zu kostbar. Ich bekomme beinahe Angst, wenn ich es anfasse«, erwiderte sie und betastete vorsichtig die Halskette. Sie ließ Zeigefinger und Mittelfinger von Stein zu Stein gleiten.
    Die Kette bestand aus zwanzig großen rechteckigen Rubinen, von denen jeder in Gold gefaßt war; die Kette hatte 650 000 Francs gekostet.
    »In San Diego einmal«, sagte er und streckte sich wohlig über die Satinlaken in dem gewaltigen Doppelbett, so daß er mit knapper Not den Champagner erreichte, »in San Diego einmal vor sehr langer Zeit, die mir manchmal so vorkommt, als wäre es erst gestern gewesen, habe ich eine Silberbrosche mit einem mexikanisch-indianischen Muster aus ungeschliffenen Türkisen gekauft. Sie kostete damals hundertfünfundsiebzig Dollar. Das konnten wir uns damals leisten. Heute sehen unsere Finanzen ein wenig anders aus.«
    Er goß den restlichen Champagner ein und reichte ihr das Glas.
    »Was ist mit der Brosche passiert?« fragte er.
    »Ich habe sie im Meer versenkt«, erwiderte sie nach einigem Zögern. »Ich hatte sie noch ein paar Jahre behalten, sie aber nicht getragen, sondern irgendwo versteckt. Als ich dann heiratete, hatte ich das Gefühl, es wäre irgendwie ein Betrug.«
    »Die Brosche zu behalten?«
    »Ja. Sie war ein Stück von dir. Ich hatte das Gefühl, daß es nicht richtig war.«
    »Wo hast du sie versenkt?«
    »Auf einer der Piers draußen bei La Jolla.«
    »Weißt du noch wo? Es spielt übrigens keine Rolle. Sand und Gezeiten haben inzwischen ganze Arbeit geleistet. Solltest du dir aber in den Kopf setzen, einen anderen Kerl zu heiraten, kannst du wenigstens so nett sein, mir zu erzählen, wann und wo du dieses Ding zu versenken gedenkst, damit ich meine Taucherausrüstung in Bereitschaft habe.«
    Sie lachte auf.
    »Was der Botschafter Schwedens vereint, können die Menschen nicht scheiden«, sagte sie und wandte sich zu ihm. Sie küßte ihn so, daß sie den Champagner gleichzeitig auf seinen nackten Bauch schüttete. Er hüpfte hoch und kippte sein eigenes Glas um.
    »Was für ein Glück, daß das Bett so groß ist«, kicherte sie, als sie den Schaden besichtigten. »Hier ist eine trockene Ecke, wo wir schlafen können.«
    Sie rutschten zu dem trockenen Teil hinüber, der groß genug zu sein schien, und rückten Kopfkissen und Decke zurecht.
    »Als ich ein kleiner Junge war«, sagte er nachdenklich, »habe ich einmal in einer Sonntagsmatinee einen Film gesehen. Es ging um edle Helden und schwarzhaarige Schurken, natürlich Mexikaner, und Galopp Galopp, mit allem, was dazugehört. Eigentlich erinnere ich mich nur an eine Szene des Films, im Grunde nur an ein Bild. Der Schurke mit einem dünnen schwarzen Schnurrbart und Reithosen mit runden Silberscheiben als Revers, dazu Sombrero und Poncho, ich nehme an, daß der Kerl so aussah. Woran ich mich aber erinnere, ist die Frau des Schurken, die gegen Ende des Films wahrscheinlich von den weißen Helden aus Texas gerettet wurde. Sie wurde also entführt. Ja, die Frau des Schurken sah so aus wie du, allerdings mit einem längeren Hals. Sie war eine mexikanische Variante von Ava Gardner. Und an diesem Hals trug sie eine Halskette, die aus Gold und Rubinen bestand. Es waren nicht kleine Rubine, wie du sie hast, sondern sie waren mindestens so groß wie Taubeneier. Ich sehe dieses Bild noch in aller Schärfe vor mir. Die Frau hatte das Haar zu so einer hohen Frisur hochgesteckt, du weißt schon, gestützt von kurzen breiten Kämmen und einem Schleier über dem Haar. Es war unerhört schön.«
    »Ja? Und?« sagte Tessie. »Willst du, daß ich mir für morgen so eine Frisur mache? Ich weiß, was du meinst.«
    »Ja, fabelhafte Idee!« sagte er begeistert. »Schaffst du das?«
    »Ich weiß nicht«, erwiderte sie unsicher, »dazu braucht man Hilfe.«
    »Ja, aber die gibt’s doch hier im Hotel. Wir bestellen eine Friseuse. Du kannst sogar eine bekommen, die spanisch spricht, wenn du willst. Die wird dann schon verstehen, worum es geht.«
    »Glaubst du, die haben hier so was?« fragte sie.
    »Ja. Hier haben sie alles. Du kannst in zwanzig Minuten eine geröstete Ente bekommen oder einen Juwelier, der aufs Zimmer kommt, oder

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