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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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jetzt...«
    »Eine Distanz.«
    »Ja. Und ich kann nichts daran ändern.«
    »Nein, das können Sie nicht.«
    »Aber ich möchte es immer noch. Ich
gehöre zu den Leuten, die glauben, wo ein Problem ist, da ist auch ein Weg, die
Dinge zurechtzurücken und das Problem zu lösen.«
    »Sie meinen, Sie haben mal zu diesen Leuten gehört.«
    Befürchtet hatte ich das schon, aber es
versetzte mir einen Stoß, es zu hören. Nach einer Weile sagte ich: »Ja, das ist
es wohl. Und jetzt... Ich weiß nicht. Wie kann ich einfach weitermachen, wenn
ich nicht mehr daran glaube, daß sich die Dinge wirklich ins Lot bringen
lassen?«
    Hy schwieg.
    »Ich glaube, man macht einfach weiter«,
fügte ich hinzu. »Ich zumindest habe es so gemacht. Wie ein Automat
weitermachen. Weil es wahrscheinlich ein
paar Dinge gibt, die
man ins Lot bringen kann. Weil es vielleicht...«
    »Weil es vielleicht was?« Seine Stimme
war jetzt tiefer, und es schwang eine undefinierbare Emotion in ihr mit.
    »Weil es vielleicht... irgend etwas
gibt.«
    Er ließ sich von der Bank auf die
Planken gleiten und ergriff meine Hand. »Kommen Sie her, McCone.«
    Ich zögerte nur eine Sekunde, und dann
rutschte ich zu ihm. Er legte den Arm um meine Schultern, und ich lehnte meinen
Kopf an. Nach einer Weile tastete er herum und fand das letzte Bier. Wir
teilten es uns und ließen uns in der stillen Dunkelheit treiben.

 
     
     
     
     
    Z weiter T eil
    S an F rancisco

9
     
    »Es sieht bei mir so aus«, sagte Rae,
»daß ich diese Berichte über die beiden Klienten aufsetzen muß, was aber nicht
lange dauert. Dann setze ich mich auf Earl Hopwoods Fährte.«
    Es war Dienstag morgen, halb zehn.
Meine Assistentin hockte bei All Souls im Schneidersitz auf meinem Bürosofa.
Sie trug Jeans und ein rostbraunes Sweatshirt, das geradezu perfekt zu ihren
Sommersprossen und ihren kastanienbraunen Locken paßte. Ihre Garderobe wurde
zwar immer besser, seit Willie Whelan ihr den Spaß am Deficitspending
beigebracht hatte. Aber sie wählte dabei immer noch gern Farbtöne, die auf ihr
Haar und ihren Teint abgestimmt waren. Das führte dann zu dem total falschen
Eindruck, sie wäre eine etwas fade kleine Person. War das ein letzter Rest
Unsicherheit, der noch aus ihrer frühen, gefühlsmäßig völlig schiefgelaufenen
Ehe herrührte? Oder hatte es etwas damit zu tun, daß sie bald ihre endgültige
Lizenz als Privatdetektivin bekommen würde und daher aus unerfindlichen Gründen
glaubte, stets unauffällig erscheinen zu müssen?
    »Shar, hörst du mir überhaupt noch zu?«
    »Ja, klar. Ich war nur ein wenig in
Gedanken. Hör mal, wenn Tracy Miller vom Straßenverkehrsamt keine Lust hat, uns
nach so kurzer Zeit schon wieder einen Gefallen zu tun und Earl Hopwoods
Unterlagen herauszusuchen, dann laß sie. Dieses neue Datenschutzgesetz bringt
sie da nämlich in eine Klemme.« Anlaß zu dem neuen Gesetz war der Mord an einer
Schauspielerin durch einen geistesgestörten Fan gewesen, der einen Detektiv
beauftragt hatte, ihm ihre Adresse zu besorgen. Jetzt durfte das
Straßenverkehrsamt, das lange Zeit für Ermittler aller Art zu den wertvollsten
Informationsquellen gehört hatte, nichts mehr herausrücken, außer an
Polizeibehörden und an Gesellschaften, die direkt mit Autos zu tun hatten, zum
Beispiel Versicherungsunternehmen. Meine Freundin Tracy sah immer noch einmal
fallweise etwas für mich nach, aber ich wollte sie nur noch in besonders
wichtigen Fällen darum bitten.
    Rae fragte: »Wenn sie nicht will, was
soll ich als nächstes machen?«
    »Sieh zu, daß du herausbekommst, wo und
unter welchem Namen Hopwoods Tochter derzeit lebt. Eigentlich hatte ich mir vom
Straßenverkehrsamt eine Information über ein in jüngster Zeit ausgestelltes
Strafmandat für Hopwood erhofft. Das hätte uns zu seinem augenblicklichen
Aufenthaltsort führen können — also eine reichlich vage Angelegenheit.«
    Sie nickte und notierte sich etwas auf
ihrem Block. »Erzählst du mir wohl ein bißchen mehr über den Fall?«
    »Morgen. Ich lasse sogar einen Lunch
springen. Aber heute habe ich keine Minute Zeit mehr. Ich muß sofort meine
Mutter am Busbahnhof abholen. Sie kommt um halb sechs.«
    Raes blaue Augen flackerten, und sie
sah schnell zur Seite. Sie gehörte zu den Leuten bei All Souls, die letzten
Sommer jene andere Seite von mir erlebt hatten, die kaltblütige, mörderische,
und bei ihr spürte ich die anscheinend unüberbrückbare Distanz am stärksten.
Früher hätte sie mich bedrängt, bis ich

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