Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
Vom Netzwerk:
— in Erinnerung an meine einzige Frankreichreise — einen Pernod bestellt,
doch zwecks Bewahrung eines klaren Kopfes entschied ich mich für Mineralwasser.
Während des Essens las ich in den Papieren, die Marcy Cheung mir mitgegeben
hatte. Was ich über Ong fand, war in knappen Worten dasselbe, was sie mir
erzählt hatte, aber was ich über die Transpacific Corporation las, fesselte
meine Aufmerksamkeit.
    Zunächst einmal schienen mir ihre
jüngsten An- und Verkäufe im Widerspruch zu dem Plan zu stehen, groß in das
Minengeschäft einzusteigen. Sie hatten noch nie mit Schwerindustrie zu tun
gehabt, falls man nicht die Reederei zu diesem Komplex zählte — was ich nicht
tat. Außerdem hatten sie die meisten Anteile daran abgestoßen, als sie ihre
Aktivitäten in die Staaten zu verlegen begannen. Hier hatte Transpacific sich
auf den Erwerb gewerblicher Immobilien verlegt: Bürohäuser, Parkhäuser, Hotels.
Darüber hinaus hielt sie eine Minderheitsbeteiligung an der jüngsten
chinesischen Bank der Stadt. Doch von ihrem Eigentum in der Stadt hatte sie
vieles vor ein paar Jahren wieder verkauft, um damit einen Ferienkomplex im
Carmel Valley zu finanzieren. Ein zweiter Komplex war in Palm Desert geplant.
    Ich fragte mich, warum Ong und seine
Partner sich wohl auf dieses neue Betätigungsfeld gestürzt hatten. Und wie
hatten sie überhaupt von der Goldmine im Stone Valley erfahren?
Höchstwahrscheinlich durch Mick Erickson. Aber woher hatten sie die Expertisen
über die Durchführbarkeit des Projekts erhalten? Natürlich hatte man Geologen
beauftragt, doch die konnten nur Empfehlungen geben. Die letzte Entscheidung
mußte vom Management gefällt werden. Und warum eine erneute Diversifizierung,
wo die Gesellschaft allem Anschein nach ihre Schwerpunkte gerade erst enger
definiert hatte? Dazu mußte ich Larry nach seiner Meinung fragen. Und wenn ich
Informationen über die Erforschung und Erschließung von Bodenschätzen brauchte,
konnte ich George fragen. Er würde mir jemanden aus der früheren Firma seiner
Familie nennen. Die Kostakos hatten ihr Geld mit Öl und Erdgas gemacht.
    Schließlich wandte ich mich Marcys
Fragenkatalog für das Interview mit Ong zu. Sie waren geradeaus und direkt und
sollten ihn und Transpacific im bestmöglichen Licht erscheinen lassen. Ich las
sie mir zweimal durch, markierte ein paar Stellen, an denen ich meine eigenen
Fragen einflechten konnte, ohne den Gesprächsfluß zu unterbrechen oder ihn
merken zu lassen, daß ich auf mehr aus war als auf eine schmeichelhafte Eloge.
Ich stopfte die Mappe in den Aktenkoffer, zahlte meine Rechnung und durfte dann
in der Parkgarage des Embarcadero Centers eine Summe berappen, die nur wenig
unter dem Gesamtwert meines Wagens lag.
    Es war schon nach vier, als ich zu All
Souls zurückkam. Ted und der Xerox-Monteur standen über das Innenleben unseres
häufig defekten Kopiergeräts gebeugt und hielten Rat. Also griff ich nach den
Notizzetteln, die mich betrafen, und nahm sie mit nach oben. Die einzige
Botschaft, die sofort beantwortet werden mußte, kam von Kristen Lark. Ich rief
in Bridgeport an und sprach mit drei Leuten, ehe ich sie am Apparat hatte.
    »Ich wollte nur nachfragen, ob Sie
inzwischen etwas über Michael Erickson erfahren haben«, sagte sie.
    Ich berichtete, was ich bisher in
Erfahrung gebracht hatte, und schloß: »Ich bin ziemlich sicher, daß seine Frau
vor etwas Angst hat, aber ich komme nicht darauf, wovor.«
    »Nun ja, ihr Mann ist gerade ermordet
worden. Ich weiß nicht, wie es Ihnen ginge, mich jedenfalls würde das ganz
schön durcheinanderbringen.«
    »Sicher, aber das hier ist etwas
anderes.«
    »Vielleicht hat sie Grund zu der
Befürchtung, daß sie als nächste drankommt.«
    »Vielleicht, aber das glaube ich nicht.
Ich hatte den Eindruck, sie fürchtete sich eher vor einer Frage, die ich
stellen könnte, vor irgend etwas, das im Laufe der Ermittlungen an den Tag
kommen könnte.«
    »Warum war sie dann bereit, mit Ihnen
zu reden?«
    »Wahrscheinlich ist sie gar nicht auf
den Gedanken gekommen, es abzulehnen. Ich habe ihr gesagt, daß ich mit der
Polizei zusammenarbeite. Ich habe das Gefühl, Margot Erickson gehört zu den
Menschen, die nicht im Traum darauf kämen, die Zusammenarbeit mit einer Behörde
zu verweigern. Sie könnte aber auch deswegen dazu bereit gewesen sein, weil sie
erfahren wollte, wieviel ich weiß.«
    »Glauben Sie, daß sie wußte, was ihr
Mann hier vorhatte?«
    »Das bezweifle ich. Er hat seine Spuren
so gut

Weitere Kostenlose Bücher