Niewinter 01 - Gauntlgrym
steckten schon viel zu lange in ihren Scheiden, und auch Taulmaril, der Herzenssucher, hing schon zu lange über seiner Schulter.
Drizzt hielt auf den Qualm zu, der hoffentlich ein Zeichen dafür war, dass etwas nicht stimmte. Eine bevorstehende oder bereits begonnene Schlacht vielleicht.
Solange noch genug Feinde warteten, die es wert waren …
Bei der nächsten Abzweigung wählte er den Weg nach Süden, auch wenn dieser nicht direkt auf den Rauch zuführte. Drizzt kannte diese Gegend ziemlich gut und nahm wahr, dass der Rauch aus dem Berg Dankglut aufstieg, einem der wenigen echten Berge in den Felsspitzen. Er hatte zwei Gipfel, einen niedrigeren im Norden und einen höheren südöstlich davon. Beide waren aus nacktem Fels, weil dort irgendwann einmal der ganze Wald verbrannt war und die Erosion dann die Erde fortgespült und weggeweht hatte.
Der Dunkelelf wusste, dass man sich dem Berg am besten von Südosten her näherte, und dabei konnte er sich auch gleich einen guten Überblick verschaffen. Deshalb bog er in Höhe des Berges sogar noch weiter ab und hielt auf einen hohen Hügel im Südosten zu, der sich gut als Aussichtspunkt eignete. Der Rauch schien aus der Spitze des tiefer gelegenen, nördlichen Gipfels zu quellen.
Am Fuß des steilen, bewaldeten Hügels entließ Drizzt sein Einhorn. Mit dem Bogen in der Hand kletterte er den Hang hoch, immer von Baum zu Baum, damit er vor dem nächsten Schritt sicheren Halt fand. Schließlich erreichte er die Kuppe. Drizzt überlegte, ob er auf einen Baum klettern sollte, entschied sich dann aber für eine Felsnase auf der Westseite, direkt gegenüber dem Berg mit den zwei Gipfeln.
Als er ins Freie trat, schirmte er seine Augen mit einer Hand ab, um einen besseren Blick auf den Ursprung des Qualms zu haben. Er sah weder Armeen ziehen noch Drachen am blauen Himmel.
Vielleicht ein Freudenfeuer in einem Barbarenlager? Eine Riesenschmiede?
Nichts davon erschien ihm logisch. Um ein so großes Feuer derart lange zu nähren – die Rauchfahne war schon tagelang sichtbar –, hätte man einen ganzen Wald verheizen müssen. Bruenor hatte natürlich behauptet, das müsse eine Zwergenschmiede sein, ein Zwergenfeuer aus einem alten Zwergenreich, aber das behauptete der Zwerg schon lange bei jedem Zeichen.
Drizzt starrte lange in die Ferne und verfolgte die Linie so weit hinunter, wie es nur ging. Als etwas Wind aufkam und der düstere Schleier ein wenig zerstob, bemerkte er dort auch etwas Rotes, Streifen zwischen den Steinen.
Dann flog die Welt in die Luft.
Auf der Erzgo-Alegni-Brücke in Niewinter standen Barrabas der Graue und Erzgo Alegni. Auch sie bemerkten den Rauch, der von hier aus besser zu sehen war, weil sie näher dran waren.
»Ein Waldbrand?«, überlegte Barrabas. »Ich war nicht sehr nah dran, und die Leute in Letzthafen wussten auch nicht mehr als ihr hier in Niewinter.«
»Und du hieltest es nicht für nötig, mal genauer nachzusehen?«, blaffte Alegni.
»Ich hielt meine Informationen über die Magier von Tay und die von ihnen geplante Katastrophe für dringlicher.«
»Du bist also nicht auf die Idee gekommen, dass das eine mit dem anderen zu tun haben könnte? Vielleicht wartet da drüben im Nordosten schon ein roter Drache darauf, dass diese Sylora ihn losschickt.« Noch während er dies sagte, ging der Befehlshaber der Nesserer auf der Brücke auf das ferne Schauspiel zu, legte seine Hände auf das Geländer und blickte nachdenklich nach Norden.
»Wäre ich dorthin geritten und nicht rechtzeitig hier eingetroffen, bliebe noch weniger Zeit, sich darauf einzustellen«, hielt Barrabas dagegen.
Alegnis sah sich nicht zu ihm um.
»Das mag sein«, sagte der Tiefling kurz darauf. »Aber jetzt zieh los und sieh zu, was du in Erfahrung bringen kannst.« Diesmal blickte er sich um. Barrabas machte ein missmutiges Gesicht. »So weit ist es gar nicht.«
»Schwieriges Gelände, weitab vom Weg.«
»Du redest, als ob ich …«, setzte Alegni an, brach aber ab, als Barrabas entsetzt die Augen aufriss.
Erzgo Alegni fuhr zu dem niedrigen Berg mit der Qualmwolke herum – dem Berg, der gerade in den Himmel gesprungen war, wie es aussah, wo sich harter Stein in etwas Geschmeidigeres verwandelte, wie eine Wolke aus unglaublich dichter Asche.
Die Ashmadai im Niewinterwald fielen betend vor Glück auf die Knie. Sie waren von dem Anblick überwältigt, weil sie wussten, dass er einen wundervollen Todesring einläutete.
»Oh, die Götter sind wahrlich mit uns!«,
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