Niewinter 01 - Gauntlgrym
hinter dem Bruenor verschwunden war. Wenige Schritte davor fuhr er herum, um sich dem Ungeheuer zu stellen.
Von hoch oben raste eine so schwere Klauenhand herunter, dass Drizzt nicht einmal versuchte, sie abzuwehren. Er wich aus und ließ den Arm auf den Boden prallen. Die drei Krallen des Monsters schlugen tiefe Kerben in Erde und Gestein.
Drizzt stach zu und duckte sich, wirbelte erst zur einen Seite, dann zur anderen und schlug zu, wann immer er eine Blöße entdeckte. Er ging jedoch kein Risiko ein, sondern bemühte sich nur, den Erdkoloss zu beschäftigen und abzulenken.
Da bemerkte er aus dem Augenwinkel Bruenor. Der Zwerg rannte auf den Felsen und lief dann einfach weiter, um sich mit einem großen Sprung von oben herabfallen zu lassen; dabei hielt er seine schartige alte Axt mit beiden Händen hoch über den Kopf. Der ganze Körper des Zwergs schien vornüber einzuknicken wie das Maul eines Riesenwolfs, so dass seine Muskeln dem Schwung, mit dem er die Axt in den Erdkoloss grub, noch zusätzliche Wucht verliehen.
Das Schattenwesen stieß einen seltsamen Grunzlaut aus, der eher überrascht klang als schmerzerfüllt. Dann machte er einen Schritt auf Drizzt zu. Seine Miene wirkte geradezu nachdenklich, als ob er plötzlich begriff, dass sein Ende bevorstand.
Drizzt beobachtete dieses eigenartige Begreifen so viele Herzschläge lang, dass er sich schließlich zur Seite werfen musste, um von dem stürzenden Ungetüm nicht begraben zu werden.
Trotz der vielen Untoten, denen sie noch gegenüberstanden, musste Drizzt lächeln, als er sah, wie Bruenor auf dem Schattenkoloss die letzten paar Fuß zur Erde herabritt. Der Schildarm des Zwergs umfasste noch immer die Axt, und die freie Hand hielt er so nach hinten, als ob er gerade ein Wildpferd zuritt.
»Da fällt mir ein gewisser Tundra-Yeti ein, Elf«, sagte der Zwerg, während er seine Axt herauszog. »Sieht so aus, als müsste man dich dauernd retten!«
»Willst du also auch dieses Gehirn hier schmoren wie damals bei dem Yeti?«, fragte Drizzt, der sich bereits nach dem nächsten Zombie umdrehte.
»Unsinn!«, schnaubte der Zwerg. »Wenn das nicht staubtrocken ist, bin ich ein bärtiger Gnom!«
Nach all den Jahren und all den Kämpfen, all ihren Verlusten und allen verschlungenen Wegen hätte Bruenor keine besseren Worte finden können, um Drizzt in diesem Moment zu trösten und zum nächsten – und übernächsten – Kampf zu motivieren.
Mit der Unterstützung von Andahar, Guenhwyvar und ein paar Mitgliedern der Karawane war der Angriff kurz darauf abgewehrt. Nur wenige Händler und Wachen hatten ein paar kleinere Wunden davongetragen, und weder die Gespanne noch die Wagen hatten ernsthaft Schaden genommen. Deshalb waren sie schon bald wieder unterwegs, und Drizzt ritt neben dem Treck her.
Bei Tagesanbruch war die Straße direkt nach Westen abgebogen, und sie gelangten aus dem Wald auf eine offene Ebene. Links lag das Meer, und nachdem das Gelände nach rechts so weit zu überblicken war, legten sich die meisten zum Schlafen hin.
Drizzt entließ sein magisches Reittier und stieg zu Bruenor auf den Bock des letzten Wagens. Der Anführer hatte ihnen mitgeteilt, dass sie mittags in Niewinter ankommen würden. Obwohl so viele müde waren, wollten sie keine Rast machen.
»Eine schöne Reise und gut bezahlt«, sagte Drizzt zu Bruenor. Er redete um des Redens willen, aber auch um sich wachzuhalten.
»Als wenn dir das wichtig wäre«, brummte Bruenor verschlafen.
Drizzt warf dem Zwerg einen fragenden Blick zu.
»Du machst das doch nur, um zu kämpfen!«, schimpfte Bruenor.
»Wir brauchen die Münzen«, erwiderte Drizzt.
»Du würdest es auch so machen. Hauptsache, deine Säbel haben zu tun.«
»Unsere Beutel sind nicht unerschöpflich, mein Freund. Für deine letzte Karte hast du ordentlich Gold hingelegt.«
»Das ist eine Investition, sag ich dir! Denk nur an all die Schätze, die wir in Gauntlgrym finden werden!«, beharrte Bruenor.
»Und diese Karte führt uns dorthin?«
»Wer weiß?«, entgegnete Bruenor. »Irgendeine wird schon stimmen.«
»Die Karte eines Calishiten – und zwar eines Piraten – soll uns zu einem Ort führen, den Tausende Zwerge in tausend Jahren nicht zu finden vermochten?«
»Ach, halt den Mund.«
Drizzt grinste.
»Du versteckst dich hinter deinen Säbeln«, erklärte Bruenor ernster.
Drizzt antwortete nicht, sondern blickte geradeaus auf die Straße und die Wagen vor ihnen.
»Das tust du schon immer. Ich weiß es«,
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