Niewinter 4: Die letzte Grenze
Göttern!«, rief Ambergris.
»Bei Jarlaxle, würde ich sagen«, stellte Drizzt klar.
»Allerdings«, erwiderte Artemis Entreri, als dieser zusammen mit dem überraschend bedrückten Afafrenfere ebenfalls auf den Wagen stieg.
Drizzt umarmte Dahlia und nickte dem Mann zu. Ambergris begrüßte ihren alten Cavus Dun-Kameraden voller Herzlichkeit.
»Heda, was guckst du so finster?«, fragte sie den Mönch, der nur den Kopf schüttelte.
»Wie das?«, fragte Drizzt. »Ambergris sagte, ihr wärt versteinert.«
Entreri zuckte mit den Schultern.
»Ich kann mich kaum erinnern«, gestand Dahlia. »Ich sah diese grässliche Kreatur, und dann war ich in den Katakomben, und Jarlaxle stand neben mir und grinste übers ganze Gesicht.«
»Athrogate hat uns verraten, wo ihr steckt«, fügte Entreri hinzu. »Geht es ins Eiswindtal?«
»Allerdings«, bestätigte Drizzt, dem angesichts der drei verlorenen Kameraden ein Stein vom Herzen fiel.
Dahlia drückte sich fest an ihn, und er erwiderte ihre Umarmung. Sie löste sich gerade ausreichend, um zu einem leidenschaftlichen Kuss anzusetzen.
Er küsste sie kurz zurück, drehte dann aber den Mund weg. »Effron, gib unseren Freunden etwas zu essen!«, sagte er übertrieben fröhlich, um mit diesem Nachdruck seine verräterische Reaktion herunterzuspielen.
Als er Dahlia jedoch ansah, entdeckte er den Schmerz in ihren Augen und wusste, dass sein Ausweichmanöver sinnlos gewesen war. Er drückte sie noch einmal an sich, aber dieses Mal riss sie sich los und setzte sich demonstrativ gegenüber zu Effron, nicht neben Drizzt.
Sie mussten reden, und zwar bald, das wusste Drizzt. Er fragte sich, ob die Ehrlichkeit, die Dahlia verdient hatte, die Gruppe spalten würde. Vielleicht, dachte er, und deshalb war er es ihr und allen anderen schuldig, dieses Gespräch noch vor ihrer harten Reise ins Eiswindtal zu suchen.
Alle sechs stiegen vom Wagen und setzten sich zum Essen ans Feuer, doch dort ging es nur um Oberflächlichkeiten, denn in Wahrheit hatten sie einander wenig zu sagen.
Für die Hälfte von ihnen war immerhin die Zeit stehen geblieben, und die Gefangenschaft von Drizzt und Effron war auch nicht besonders ereignisreich gewesen.
Nach dem Essen bestritt Ambergris die Unterhaltung. Sie erzählte, wie der Kampf ausgegangen war und wie sie Jarlaxle getroffen hatte.
Dieser Teil ihrer Geschichte ließ Drizzt und Entreri aufhorchen.
»Tiago Baenre«, flüsterte Drizzt, als die Zwergin Jarlaxles Rettungsaktion in Luskan beschrieb. Nach allem, was er von Athrogate gehört hatte, klang das logisch, und da Tiago und dessen Begleiter offenbar wussten, wer zu Drizzt gehörte, änderte er noch einmal seine Meinung.
Er würde erst offen mit Dahlia reden, wenn sie alle weit weg und in Sicherheit waren. Um ihretwillen.
Nicht weit entfernt lauschte noch jemand ihrem leichten Geplauder, so gut er konnte. Madigan Pruett diente Schiff Rethnor und wusste, dass sein Hochkapitän Wert darauf legen würde, Neues über Dahlia zu hören.
Aber Madigan war sich nicht sicher, ob er diese Neuigkeiten an sein Schiff weitergeben sollte, denn er hatte von einem anderen gehört, der die Parole ausgegeben hatte, dass er jegliche Informationen über Drizzt Do’Urden gut entlohnen würde.
Heute Abend war Madigan Pruett gekommen, um der Karawane noch verschiedene Dinge von Schiff Rethnor zu liefern. Angesichts dieser gewinnträchtigen Chance beschloss er, selbst hier anzuheuern, aber nur bis zum Südzugang des Passes durch den Grat der Welt. Wenn das Wetter hielt, waren es nur wenige Tage bis dorthin.
Dann würde er seine Informationen dem mitteilen, der so gut bezahlte, einem fremden Zauberer mit dem Namen Huervo der Sucher.
Hundert Meilen südöstlich und tausend Fuß unter der Erde weckte Saribel Xorlarrin ihren Bruder und lief mit ihm in aller Eile in Tiago Baenres Zimmer.
Jeden Abend bat Saribel die Zofen der Spinnenkönigin bei ihren Gebeten, ihre Suche zu unterstützen. Außerdem hatte sie den Auftrag erhalten, mit den Spionen, die Tiago in Niewinter, Letzthafen und anderen Städten der Region einsetzte, Kontakt zu halten.
»Wir müssen in aller Eile nach Luskan zurück«, erklärte Ravel Xorlarrin dem Drow-Krieger.
»Hat man die Zwergin gefunden?«, fragte Tiago Baenre.
»Besser«, erwiderte Ravel und sah Saribel an.
»Drizzt Do’Urden ist endlich aufgetaucht«, sagte sie.
Diese Nachricht beglückte Tiago, ohne ihn zu überraschen, denn er hatte damit gerechnet, seit ihm die Zwergin, Ambergris,
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