Niewinter 4: Die letzte Grenze
warteten. Artemis Entreri würde das alles nicht lustig finden.
»Wohin jetzt?«, fragte Dahlia.
Drizzt wandte sich nach Westen. Sie waren zu weit außerhalb. Inzwischen befanden sie sich in einem Waldgebiet, das keiner von ihnen kannte. »Zurück nach Niewinter«, entschied der Drow.
»Du willst Entreri und die anderen allein im Wald lassen, wenn hier ein Vampir umherstreift?«
»Wenn wir nicht bis zur Dämmerung bei ihnen ankommen, werden sie in die Stadt zurückkehren«, sagte Drizzt abwesend. An die anderen konnte er jetzt nicht denken. Diese Jagd war plötzlich wichtiger.
»Vampir …«, wiederholte Dahlia unheilvoll.
»Morgen finden wir ihn.«
»Du verwöhnst mich«, bemerkte Dahlia. »Das gefällt mir.«
Drizzt wollte ihr nicht erklären, worum es ihm wirklich ging, besonders als Dahlia nun mit einem verschmitzten Lächeln näher kam.
»Vampir«, sagte sie noch einmal. Ihre Augen glitzerten.
Drizzt betrachtete ihr Lächeln und wäre gern auf ihr Triumphieren eingegangen. Seine Grübeleien machten dies allerdings unmöglich.
Dahlia schob sich vor ihn, legte beide Arme um seine Schultern und sah ihm in die Augen. »Kein Widerspruch?«, flüsterte sie.
Drizzt schmunzelte.
»Vampir«, wiederholte sie, und nun wurde ihr Gesichtsausdruck lüstern. Ihr Mund wanderte zur Seite, und sie biss ihm spielerisch in den Hals.
»Immer noch kein Widerspruch?«, fragte sie, während sie etwas heftiger noch einmal zubiss.
»Ich sehe, du hoffst auf einen Vampir«, antwortete Drizzt, dem es gerade schwerfiel, seine Gedanken zu sortieren. Abgesehen vom gemeinsamen Reiten war dies das erste Mal, dass sie sich berührten, seit sie Gauntlgrym verlassen hatten. »Ich würde dich von deinem erklärten Weg abbringen.«
Dahlia rückte von ihm ab. »Hoffen?«
»Oder du hoffst, selbst einer zu werden«, erwiderte Drizzt grinsend.
Dahlia lachte und drückte sich fest an ihn. Sie hob die Lippen an sein Ohr, küsste ihn zärtlich und fragte dann: »Hast du mir verziehen?«
Drizzt schob sie auf Armeslänge von sich und sah ihr forschend ins Gesicht. Er konnte nicht abstreiten, dass er sie anziehend fand, besonders wenn sie ihr Haar offen trug und die Kriegsbemalung verblasste.
»Es gibt nichts zu verzeihen.«
»Meinen Kuss mit Entreri?«, fragte Dahlia. »Deine Eifersucht?«
»Das war das Schwert, das sich meine Unsicherheit zunutze machte und mir schlimme Dinge einflüsterte.«
»Bist du sicher, dass das alles war?«, fragte sie und strich Drizzt die langen weißen Haare aus dem Gesicht. »Vielleicht hat das Schwert nur mit dem gespielt, was es in dir gefunden hat.«
Drizzt schüttelte schon den Kopf, bevor sie zu Ende gesprochen hatte. »Es gibt nichts zu verzeihen«, wiederholte er. Fast hätte er hinzugefügt: Hast du dir denn verziehen? , behielt diesen Gedanken jedoch lieber für sich. Er wollte die Wunde, die das Auftauchen des verkrüppelten jungen Zauberers ihr zugefügt hatte, nicht noch einmal aufreißen.
»Lass uns nach Niewinter zurückkehren«, sagte Drizzt.
Diesmal war es Dahlia, die den Kopf schüttelte. »Später«, sagte sie und zog ihn zu einem Lager aus Moos.
Dahlia berührte Drizzt am Arm. Als er von seinem Eintopf aufsah, nickte sie zur Tür der Taverne hin.
Es überraschte ihn nicht, die drei hereinkommen zu sehen, und auch Artemis Entreris sauertöpfisches Gesicht hatte er so erwartet. Sobald der Mann ihn bemerkte, führte er die anderen beiden direkt zum Tisch der Elfen.
»Der Winter naht rasch«, stellte Entreri fest und zog gegenüber von Drizzt einen Stuhl heran. »Die Nacht ist kalt«, fügte er hinzu, da Drizzt nicht reagierte.
»Dann ist es ja gut, dass ihr in die Stadt zurückgekommen seid«, erwiderte der Drow ungerührt.
»Na, bestens«, flüsterte Afafrenfere der Zwergin zu. »Es wird mir ein Genuss sein, wenn die beiden sich an die Kehle gehen.«
Ambergris schnaubte.
Drizzt schien das alles nicht zu stören. Er wandte sich wieder seinem Essen zu oder wollte dies zumindest, bis Entreris Hand über den Tisch schnellte und sein Handgelenk packte.
Der Drow hob langsam den Blick und sah den Mann an.
»Ich weiß es nicht zu schätzen, wenn man mich im kalten Wald warten lässt«, sagte Entreri.
»Wir haben uns verlaufen«, erwiderte Drizzt.
»Wie kannst du dich verlaufen haben?«, fragte Entreri. »Schließlich hast du unseren Treffpunkt festgelegt.«
»Unser Weg hat uns nach Osten geführt, auf unbekanntes Gelände«, warf Dahlia ein.
»Welcher Weg?«, hakte Entreri
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