NIGHT SHOW - Thriller (German Edition)
eingeladen worden bin? Von Trotteln, die sich als Gottes Geschenk für jede Frau betrachten. Sie waren die Einzigen, die genug Mumm hatten, mich anzurufen. Aber glaubst du, die hätten sich je für mich als Person interessiert? Was sich in meinem Kopf oder in meinem Herzen abgespielt hat, war denen scheißegal. Die wollten nur, was unter meinen Kleidern steckt. Wer je wissen will, wie sich Einsamkeit anfühlt, muss nur mal mit einem Kerl in den Wald fahren, der einen als bloßes Spielzeug betrachtet.«
»Tut mir leid«, sagte Joel.
Linda hielt an der nächsten Kreuzung an. Rechts ging es ins Ortszentrum, links zum Fluss. Sie schaute Joel an. Er wirkte verwirrt und bedrückt, aber nicht länger nervös. »Normale nette Burschen – Burschen wie du – haben mich nie angerufen.«
Er zuckte mit den Schultern.
»Hast du gedacht, ich wäre zu gut für dich?«
»Irgendwie schon.«
»Hast du gedacht, ich würde dich auslachen?«
»Vielleicht.«
Linda streckte den Arm aus und streichelte seine Hand. »Warum sollte ich das tun?«
Er schüttelte den Kopf und schien Mühe beim Schlucken zu haben.
»Gib dir einen Ruck, Joel. Fahren wir gemeinsam zum Fluss. Bitte. Ich ... ich will nicht allein sein.«
»Also gut.«
Sie bog nach links ab.
Der Fluss schlängelte sich fünf Meilen nördlich der Stadt durch ein dicht bewaldetes Gebiet. Ein Teil der Bäume war für die Öffentlichkeit gerodet worden. Man hatte Tische und Grills aufgestellt, Sand für einen kleinen Strand aufgeschüttet und einen Schotterparkplatz angelegt. An Sommertagen wimmelte es dort von Familien, jungen Pärchen und Teenagern, die Frisbees warfen, wenn sie sich nicht gerade im Wasser abkühlten. Nachts wurde es zu einem beliebten Treffpunkt für romantische Dates.
Linda war häufig nach Einbruch der Dunkelheit dort gewesen. Im Freien auf Decken. In Autos. In der Regel spielte sie bereitwillig mit. Oft genug hatte sie sich aber auch bewusst mit Idioten eingelassen, um zu wissen, wie es sich anfühlte, wenn man benutzt wurde – oft genug, um Joel von ihrem bedauernswerten Schicksal zu überzeugen.
Wie üblich erwies sich der Parkplatz als überfüllt. Sie fuhr daran vorbei.
»Wo willst du hin?«, fragte Joel und brach damit das lange Schweigen.
»Ein Stück weiter. Ich kenne ein hübsches Fleckchen, an dem uns nicht so viele Leute stören werden.«
»Oh. Okay.« Er klopfte auf seine Knie, als müsste er unbedingt seine Hände beschäftigen.
»Du hast doch nichts dagegen, oder?«
»Nein. Wo immer du hinwillst, ich hab kein Problem damit.« Er trommelte weiter auf seine Beine. Dabei starrte er abwechselnd durch die Windschutzscheibe, durch das Seitenfenster und auf seine klopfenden Hände. Er schaute überall hin, nur nicht zu Linda.
»Ist nicht nötig, nervös zu sein.«
»Ich? Ich bin nicht nervös.«
»Weißt du, ich beiße nicht.«
»Nur in Hähnchen?«, fragte er und lächelte matt.
Linda rang sich ein kehliges Lachen ab.
Joel grinste und zuckte mit den Schultern. »Was sagt der Fuchs, wenn er aus dem Hühnerstall kommt?«, fragte er.
»Keine Ahnung, was?«
»Raus aus den Federn.«
Linda wieherte und schüttelte den Kopf.
»Warte, ich weiß noch einen. Kennst du den Unterschied zwischen erotisch und pervers?«
»Nein.«
»Erotisch ist, wenn man eine Frau mit einer Hühnerfeder zum Orgasmus streichelt. Und pervers?«
Linda verlangsamte die Fahrt und rollte auf den holprigen Randstreifen. »Sag’s mir.«
»Pervers ist, wenn das Huhn noch dranhängt.«
»Oh Mann.«
Die beiden stiegen aus. Joel kicherte immer noch leise. Linda reichte ihm den Picknickkorb und die Kühltasche hinaus. Sie selbst griff nach ihrem Handtuch und einer ausgebleichten rote Decke, dann ging sie in den Wald voraus.
»Ist es weit bis zum Fluss?«
»Maximal eine Stunde zu laufen.«
Er lachte erneut. »Weißt du«, meinte er, »dein Sinn für Humor gefällt mir.«
»Danke. Siehst du, ich hab dir ja gesagt, dass ich auch nur ein Mensch bin.«
»Weißt du, was grün ist und auf Knopfdruck rot wird?«
»Nein, was?«
»Kermit der Frosch in einem Mixer!«
So ging es die nächsten 15 Minuten weiter, während sie durch das dichte Unterholz stapften, über umgestürzte Bäume kletterten und sich unter tief herabhängenden Ästen duckten. Schließlich erreichten sie den Fluss. Wenige Meter vom Ufer entfernt entdeckte Linda eine mit Gras bewachsene Lichtung. Sie breitete die Decke aus, setzte sich, trat die Schuhe von den Füßen und streckte genüsslich ihre
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