Night Sky 1 - Sklave des Blutes (German Edition)
Gesicht eine ungewohnte Härte. Sie ließ den Blick mit zusammengekniffenen Augen über den verkehrt herum angezogenen Pyjama, die Kaffeeflecken und zurück zu der farbenfrohen Gesichtshälfte gleiten. Cira wusste, dass sie ihr am liebsten die Kleider vom Leib gerissen hätte, um der Sache weiter auf den Grund zu gehen. Doch Amy unterdrückte den Impuls ausnahmsweise. „Mach dir keine Sorgen, ich bin mehrfach gründlich untersucht worden, und wie du siehst, hat der Heilungsprozess schon begonnen.“ Sie zwinkerte ihrer Freundin zu, was höllisch wehtat.
Amy schüttelte die lockige, kaffeebraune Mähne, um die jedes weibliche Individuum sie beneidete, schlug mit den Händen auf die Oberschenkel und sprang auf. „Wie immer: Härter im Nehmen, als die Polizei erlaubt. Aber ich hab einiges mitgebracht, was dich aufmuntern wird.“
Cira schluckte. Sie liebte Amy von ganzem Herzen, doch ihre Aufmunterungsversuche, meist bezüglich Männerbekanntschaften, waren nicht nur auswuchernd, sondern auch mehrheitlich ziemlich in die Hose gegangen und das war nicht wortwörtlich zu verstehen. Okay, sie lebte langweilig, prüde und vor allem viel zu sehr in ihren Job verliebt, worin sie sich zum Glück ähnelten. Sie setzten beide alles ein, um an das gewünschte Ziel zu gelangen, aber genau so wollte sie sein.
Amys Siberian Husky stürmte bellend über den Flur und war kein Yard vor ihr, als nur ein Wort von Amy den Hund stoppen und ruhig werden ließ. Fire bettete die Schnauze auf ihren Schoß und fegte mit der buschigen Rute den Eisbeutel vom Wohnzimmertisch. Cira streichelte das weiche, schwarz-weiß gefleckte Fell, ein leises Hecheln verriet Fires Freude. „Ich freue mich auch.“ Sie klopfte mit der Handfläche neben sich. Die blauen Augen des Huskys wanderten zum Frauchen, das es ihm aufseufzend erlaubte. Mit einem Satz sprang er aufs Sofa und schmiegte sich an sie, legte den Kopf auf ihre Füße. Cira kraulte ihn und lächelte. Fire durfte nicht auf Möbel springen. Wie gut, dass Amy heute ihren großzügigen Tag hatte und Fire genau wusste, was eine Ausnahme war und was nicht. Der beste Hund der Welt. Sie hätte gern genauso einen gehabt, doch woher die Zeit nehmen und nicht stehlen? Es war gut, wie es war, die Verantwortung für ein Lebewesen, größer als ein Vogel, war nichts für sie.
Amy stellte die Tütensammlung neben das Sofa und Cira kommentierte die Dinge, die ihre Freundin herauskramte.
„Gummibärchen, sehr gut, Harry Potter sieben, wunderbar. Eine Magnumflasche Veuve Clicquot Champagner, wow, was hast du vor? Die erste Staffel von Lost auf DVD, wie geschmackvoll.“ Sie grinste. „Lass uns mit allem gleichzeitig anfangen.“
Als nach einer Weile die Hauptdarstellerin Evangeline Lilly, der Amy unheimlich ähnlich sah, nach dem Absturz der Maschine über den Strand irrte, brach es aus Cira hinaus. Der vergangene Tag lief vor ihr ab und sie beschrieb Amy jede Situation, wie sie diese erlebt hatte.
Amy schob sich hinter sie, umschlang sie mit den Armen und wiegte sie, hörte ihr zu, bis sämtliche Worte und Tränen versiegt waren. Fire blieb auf ihren Füßen liegen, hob ab und zu den Kopf, um ihr einen Hundeblick zuzuwerfen und danach eine andere Körperstelle zu wärmen.
Cira seufzte, es tat gut, sich alles von der Seele zu reden, obwohl sie sich für stärker gehalten hätte. Es war nichts passiert, niemand war ernsthaft verletzt worden. Warum verhielt sie sich, als hätte sie ein Trauma davongetragen, ohne es zu wissen? Weiß Gott, sie hatte schon Schlimmeres erleben und verdrängen müssen, um zu überleben. Sie sollte endlich zur Ruhe kommen, das Geschehene ab- und wegschließen. Das hätte sie längst getan, würde diese Unsicherheit, dass sie etwas Wichtiges versäumt oder vergessen hatte, sie nicht vollumfänglich niederdrücken.
Amy zog sie kraftvoll auf die wackeligen Beine. Die hellen Sprenkel in ihren geheimnisvollen, schwarzen Augen schienen wie Sterne am Nachthimmel zu funkeln. „Schluss mit dem hätte, wenn, und aber. Du lebst, deinen Passagieren geht es gut, der Mistkerl sitzt in Gewahrsam und dein Flugzeug hat keinen Kratzer abbekommen.“ Amy bugsierte sie zum Badezimmer, sah das Kaffeemalheur und setzte sie kurzerhand auf die Kommode im Flur, solange sie die Spuren beseitigte und das Badewasser lief.
Sanftes Wellenrauschen erfüllte das Zimmer, als Amy Cira half, in die Wanne zu steigen. Ihre Freundin verkniff sich einen Kommentar – bei ihr zu Hause hätte eine CD mit Rock oder
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