Night Sky 1 - Sklave des Blutes (German Edition)
höchstwahrscheinlich zu parkähnlichen Grundstücken hinaufführten. Der Fahrer bog von dem Weg ab und blieb vor einem zweiflügeligen, schmiedeeisernen Gitter stehen, ließ die Scheibe hinunter und meldete sie an einer Freisprechanlage an. Neugierig wechselte Cira auf die Sitzreihe ihr gegenüber, drehte sich im Nacken des Chauffeurs nach vorn, um besser aus der Frontscheibe der Limousine sehen zu können. Die Spitzen des Gitterzauns ragten über drei Yards hoch, das Tor reich bestückt mit getriebenen Ornamenten und eingefasst zwischen zwei mächtigen, schwarzen Marmorsäulen auf denen steinerne Figuren hockten, die aussahen wie schaurige Drachen. Sie wirkten lebendig, filigran hatte jemand sie bis ins Detail ausgearbeitet. Hinter dem Tor schlängelte sich ein Kiesweg inmitten eines dichten Waldes bergan, bis das Grün ihn schluckte. Wow, das war echt der Hammer. Was für eine Villa sie erwartete, konnte sie sich ausmalen.
Die Flügel des Tores glitten nach innen und der Fahrer lenkte den Wagen die waldüberdachte Alleenauffahrt hinauf, die kein Ende nehmen wollte. Nach einer halben Meile fuhren sie auf ein Rondell zu, in dessen Mitte ein spektakulärer Marmorbrunnen prangte, dahinter ragte ein kreideweißes Schloss auf, das man erst sah, wenn man um die letzte Biegung kam.
Cira zwang sich zur Ruhe, als der Chauffeur die Tür öffnete und ihr galant die Hand reichte. Sie ging ein paar Schritte, der Kies knirschte und sie legte den Kopf in den Nacken. Vor ihr breitete sich ein lang gezogenes, auffällig asymmetrisches Bauwerk von außerordentlicher Schönheit aus. Weiße Ziegel formten hohe Türme, an den Ecken befindliche Ziertürmchen, in Spiralen eingerahmte Giebel, schmiedeeiserne Balkone und unzählige Skulpturen ließen dieses Schloss einem Märchen entspringen. Ihre Augen fanden neue sagenhafte und mystische Einzelheiten, wie die Zinnen auf entfernteren Brustwehren, die Figuren darstellten, die sie nicht benennen konnte. „Mann“, glitt es ihr ungewollt über die Lippen. Sie drehte sich staunendumher und registrierte weitere Details. Wie reich waren die Bakers? Sie hätte sich besser informieren sollen, bevor sie hierherkam, dass alles wirkte ziemlich einschüchternd. Und sie hatte geglaubt, Jonas eines auszuwischen, indem sie in der Suite blieb – schließlich hatte er sie darum gebeten – und sich andere Dinge auf die Hotelrechnung leistete. Sie schüttelte den Kopf, er würde es nicht bemerkten, wenn sie sich die Limousine gekauft hätte, die sie hergefahren hatte. Auf der ‚Silver Angel‘ hatte sie sich einreden können, dass es Ny’lanes Jacht war und nicht seine, aber dieses Schloss, der angelegte Park, der Wald, der die Gebäude dicht umlagerte, raubte ihr die Neugierde und den Enthusiasmus, ihn zur Rede zu stellen. Wie gut, dass es tagsüber und kein Vollmond war. Sie schluckte und blickte sich um, da sie das starke Gefühl verspürte, dass sie lieber den Rückzug antreten sollte und sich gleichzeitig bewusst war, den Fahrer nicht gebeten zu haben, zu warten. Doch der Chrysler stand auf einem Stellplatz neben einer ziemlichen langen Garage mit robustem Rolltor. Der Chauffeur wartete aus freien Stücken auf sie. Ob er heute nur für sie reserviert war? Sie fühlte sich fehl am Platze und ihr wurde immer mulmiger zumute, vor allem, weil sie spürte, dass Jonas in der Nähe war, sich zumindest auf diesem Grundstück aufhielt, das so groß wie Treasure Island schien. Sie sollte sich besser nicht mit diesen reichen Wesen einlassen, wie sehr sie diesen … Was-auch-Immer begehrte und sie sich durch ihn begehrt fühlte.
Eine mächtige Doppeltür öffnete sich oberhalb der ausladenden Rundbogentreppe, ein Diener deutete eine Verneigung an und bat sie mit einer Armbewegung lächelnd ins Innere des Schlosses. Sie schritt rückwärts, auf die Limousine zu, hielt augenblicklich inne, als sie eine warme Hand kurz auf ihrem Rücken spürte. Erschrocken wirbelte sie herum und wich zurück.
Lange Wimpern neigten sich über die schwarzen Augen eines ovalen Gesichts, das zu einem großen Mann gehörte, der den Kopf senkte, ebenfalls einen Schritt zurücktrat und die Arme hinter dem maßgeschneiderten Seidenanzug verbarg.
„Verzeiht, dass ich Sie schreckte, Misses.“ Er erhob bedächtig den imposanten Oberkörper und nickte nahezu unmerklich in Richtung des Schlosses. „Ms. Cira Anderson, wähne ich. Der Pförtner verkündete Ihre Ankunft.“
Cira fing sich, weil ihr das Zeitungsfoto von der Beerdigung
Weitere Kostenlose Bücher