Night Sky 1 - Sklave des Blutes (German Edition)
einfiel, übernahm automatisch seine würdige Haltung und versuchte sich an der Aussprache. „Und Sie müssen Jonas’ Bruder Alexander sein. Es freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen, Mr. Baker.“
Seine Erscheinung mutete fast genauso atemberaubend an wie die von Jonas, sein kurzes Haar glänzte ebenso tiefschwarz und seidig. Die Wortwahl war wesentlich gewählter, doch der Akzent, der leicht knurrende Brummton ähnelte sich. Auch ohne das Beerdigungsfoto hätte sie auf Geschwister getippt, weil seine vornehme und bedrohliche Art ihn verriet.
„Woher beziehen Sie Ihre Kenntnis?“
Cira lächelte ihn an, legte übertrieben galant ihre Hand in seine dargebotene Handbeuge zwischen Zeigefinger und Daumen. „Er hat mir von Ihnen erzählt.“
Die hochgezogene Braue entging ihr nicht, während sie die Treppe emporstiegen und in eine atemberaubende Empfangshalle traten. Fast verwurzelte sie vor Nervosität mit dem Marmor. Die Rundbogentreppe mit dem schmiedeeisernen Stiegengeländer, den engelgleichen Figuren, der bordeauxfarbene Teppich, der die vielen Stufen schützte, der gewaltige Deckenlüster, waren genau das, was sie erwartete, nachdem sie die Außenfassade des Schlosses gesehen hatte. Sie linste zur Seite. Ihre Hand lag in der Pranke eines Vampirs, sie war sich nahezu sicher und ihr Herz sprang aus der Brust und rannte bereits die Alleenauffahrt hinab, zurück in ihre Wohnung, um die Tür fest zu verschließen. Oh Mann, was war sie für ein leichtgläubiges Gänschen! Sie ließ sich doch wahrhaftig von äußerlichen Fassaden überreden, dass sie gerade in ein Märchen eintauchte und das nur, weil es ihr so gut gefiel. Denk nach, Cira! Gefühle täuschten, Eindrücke täuschten, aber Fakten, wie die in den von ihr studierten Fächern wie Elektrotechnik, Mechanik, Informatik oder Aerodynamik täuschten niemals. Im Geiste begann sie, die vergangenen Wochen auf Tatsachen abzuklopfen, während ihr unpassenderweise das Herz kurz stehen blieb, als Jonas’ tiefes Grollen die Eingangshalle erfüllte.
Er lehnte wie der Herrscher des Schlosses in einen dunklen Anzug gewandet an der Brüstung zur Rundbogentreppe und starrte Alexander aus wütenden Augen an. Und sie, sie konnte nur zu ihm hinaufblicken, sprachlos, wegen seiner atemberaubenden Erscheinung, haltlos, wegen der prickelnden Empfindungen, die ihren Körper erzittern ließen und hirnlos, wegen der Gefühle, die ihren Geist in wattierte Wolken schubsten.
„Ich beabsichtigte lediglich, Ms. Anderson ins Wohnzimmer zu geleiten und ihr meine Gesellschaft anzubieten, da du noch indisponiert warst.“
„Danke.“
Das eine Wort aus Jonas’ Mund klang wie ein Peitschenhieb und sie verübelte es ihrem galanten Begleiter nicht, dass er stumm eine Verbeugung andeutete und nach unten in einem Säulengang verschwand. Jonas stand bei ihr, bevor sie den Blick auf ihn richtete. Sein erotisch wirkender Duft umwallte sie und mischte sich mit einem weiteren metallischen Geruch. Ein erschreckter Laut drang aus ihrer Kehle, als er sie grob am Arm packte, sie gewissermaßen durch endlose Flure schleifte, bis er endlich in einer Art Wohnzimmer stehen blieb und ohne sein Zutun die Tür ins Schloss donnerte. Der Hall füllte die dahinterliegenden Gänge und Cira zuckte zusammen, vollends verwirrt und jetzt wütend.
„Was machst du hier?“
Sie wand sich aus dem starren Griff und war versucht, ihm eine Ohrfeige zu verpassen. „Spinnst du? Was ist bloß los mit dir?“
Er stapfte zum anderen Ende des riesigen Saals, sah aus dem Fenster und schien die Umgebung abzusuchen. „Warum bist du nicht im Hotel?“
„Weil ich mit dir reden wollte.“ Ihre Stimme klang sanfter, als sie beabsichtigt hatte. Das lag daran, dass in ihr wirre Gefühle tobten, seitdem sie Jonas vor sich sah. Das Leben war erträglicher, als sie die Sehnsucht noch nicht kannte. Er sah göttlich aus, gerade, wenn er vor Wut schäumte, wenn er die Kinnpartie vorschob und die Fäuste ballte, wenn sein Jackett das Spiel derMuskeln nicht verhüllte und sein Anblick ihr warme Empfindungen in gewisse Regionen schickte.
„Oh Mann!“ Er stöhnte auf, zerwühlte sich die Haare, um sie verzweifelt und dann bitterböse durch geschlitzte Pupillen anzufunkeln. „Da gibt es nichts mehr zu bereden. Geh ins Hotel oder sonst wo hin, wir sind fertig miteinander.“
Cira schluckte und schwankte ein wenig, weil sie mit so einer Heftigkeit nicht gerechnet hatte. Sie hatte ihn am Strand zurückgewiesen, aber doch aus einem
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