Night Sky 1 - Sklave des Blutes (German Edition)
bestimmten Grund, der überhaupt nichts mit ihm zu tun hatte. Zorn und Schwermut puschten und lähmten ihren Körper zugleich, warfen sie aus der Bahn. „Ist das dein letztes Wort?“
„Mein allerletztes“, knurrte er und wandte sich demonstrativ zum Fenster.
Jedem Menschen auf der Welt wäre etwas richtig Gutes als Erwiderung eingefallen, nur ihr Kopf strotzte vor Leere. Ihr kamen nur drei schwache Buchstaben über die bebenden Lippen: „Gut.“ Sie drehte sich um, floh regelrecht durch die Tür, die sich wie von Geisterhand öffnete, und stolperte lange Flure entlang, bis sie leise schnaufend und aufgelöst plötzlich in einem Büro stand. „Mist!“, fluchte sie, wollte umdrehen, um weiter den Ausgang aus diesem verfluchten Schloss zu suchen, da fiel ihr Blick auf den barocken Eckschreibtisch und die ausgebreiteten Unterlagen. „Arschloch“, fauchte sie in Jonas’ imaginäre Richtung, ging auf die Arbeitsplatte zu und wischte sich gründlich über die Augen, um eine klarere Sicht und Gedanken zu bekommen. Sie sah gehetzt durch die offen stehende Tür an der gegenüberliegenden Wand auf den Flur hinaus, dann konzentrierte sie sich auf die verschiedenartigen Schriftstücke. Obenauf lag ein offizielles Schreiben an den Verband der ‚Pharmaceutical Research and Manufactures of America‘ mit dem aussagekräftigen Betreff: Zulassungsdossier. Dem rasch überflogenen Inhalt entnahm sie, dass ein Medikament des Baker Konzerns die Phase III erfolgreich abgeschlossen hatte und sie die Zulassung bestrebten. Es ging um ein Pharmazeutikum, das eine um hundert Prozent erhöhte Wundheilung hervorrief.
Cira sank, ohne es zu wollen, in den barocken Holzstuhl und ließ die Blicke weiter über den Schreibtisch gleiten, da sie ahnte, dass sie mehr finden würde. Achtsam schob sie mit einem zittrigen Finger ein paar Blätter beiseite und entblößte drei ihr bekannte Artikel mit den Titeln:
Vampirbiss und Blutarmut! Ärzte bestätigen Berichte, Werwolf in Frisco!
und
Draculas Erben leben!
Darüber, und ihr nicht aufgefallen, weil dieser Zeitungsartikel noch unveröffentlicht war, lag ein Fax mit einem Presseartikel, der morgen erst erschien:
Poseidon verführt Witwe! Sexy Meermann beglückt einsame Witwe, bald Nachwuchs?
Cira riss sich von dem Anblick los, rannte über Flure, fand zufällig die Empfangshalle, stürmte die Treppe hinunter und holte erstmalig richtig Luft, als sie hinten in der Limousine saß und dem Fahrer ihre private Adresse nannte. Ihr Herz pochte bis zum Hals und sie brauchte eine Weile, bis sie die dichten Wolken aus dem Kopf verdrängt hatte und versuchte, klar zu denken.
Verflucht, warum war ihr das nicht viel früher aufgefallen? Die Familie Baker führte ein großes Pharmaunternehmen. Sie schlug sich im Geiste mit dem Holzhammer vor die Stirn. Jonas hatte ihr etwas zur schnelleren Wundheilung gegeben, drei Mal, nach den Kämpfen. Das Medikament war nicht zugelassen, er durfte es weder verwenden noch ihr davon erzählen. Sie stockte in der Überlegung. Weswegen hatte er darübergeleckt, fand er das erotisch? Obwohl sie die Mundwinkel verzog, gestand sie ein, dass sie es ziemlich erotisch gefunden hatte, wenngleich ihr Verstand sagte, dass fremdes Blut ablecken keinesfalls dieses Gefühl hervorrufen sollte. Okay, weiter im Text, weshalb interessierte sich ein umwerfend aussehender und stinkreicher Mann für sie?
Die erste Begegnung mit Mr. Baker war auf ihrem jungfräulichen Flug nach Dallas gewesen, die zweite im ‚Out‘, die dritte am Flughafen San Francisco und in ihrer Wohnung in Dallas. Cira blieb das Herz stehen, als ihr klar wurde, dass es nur eine Person gab, die immer gewusst hatte, wo sie sich aufhielt und meist sogar anwesend gewesen war: Amy. Sie schnappte nach Luft und drückte sich die Hände vor die Brust, weil sich verdammt noch mal alles so gut zusammenfügte und sie genau das nicht wahrhaben wollte.
Amy kam aus einer wohlhabenden Familie, über die sie nicht sprach, Amy versuchte seit Jahren, ihr einen Freund oder Liebhaber zu verschaffen, Amy war diejenige, die wusste, wie ein Mann beschaffen sein musste, auf den sie abfuhr. Amy hatte genug Geld, um jemanden wie Jonas zu bezahlen oder ihn aus dem Familienkreis zu kennen, Amy konnte teilweise ihre Wünsche beurteilen, wie sie verführt und berührt werden wollte, Amy hatte verstanden, dass nur ein außergewöhnlicher Kerl und eine haarsträubende Geschichte sie hinter ihrem vergitterten Ofen hervorholen würde und Amy schrieb
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