Night World - Gefährten des Zwielichts - Smith, L: Night World - Gefährten des Zwielichts - Night World - Soulmate
Bleistift kaute. »Hör mal – was immer auch geschieht, wer immer auch diese Notizen schreibt, ich denke, dein Unterbewusstsein versucht, dir etwas mitzuteilen. Das beweisen die Träume.
Aber es teilt dir nicht genug mit. Ich wollte etwas vorschlagen, etwas, an das ich nicht wirklich glaube, das wir aber trotzdem versuchen könnten. Etwas, um direkt in dein Unterbewusstsein vorzustoßen, sodass wir es fragen können, was vor sich geht.«
Direkt zu ihrem Unterbewusstsein vorstoßen … Hannah hielt den Atem. »Hypnose?«
Paul nickte. »Ich bin kein großer Hypnose-Fan. Aber es handelt sich dabei nicht etwa um eine magische Trance, wie das Fernsehen und die Filme es dich glauben machen wollen. Es ist lediglich ein Geisteszustand, in dem man ein wenig entspannter ist, in dem die Wahrscheinlichkeit ein wenig größer ist, sich an bedrohliche Dinge zu erinnern, ohne daran zu ersticken. Aber es ist nichts, das du allein erreichen könntest, in dem du zu Hause Atemübungen machst.«
Hannah war nicht glücklich. Hypnose bedeutete, die Kontrolle aufzugeben. Wenn nicht Paul gegenüber, dann gegenüber ihrem eigenen Unterbewusstsein. Aber was soll ich sonst tun? Sie saß da und lauschte einen Moment lang auf die stille Hilflosigkeit in ihrem Geist. Kein Mucks von der kühlen Windstimme oder der Kristallstimme – und das war gut so. Trotzdem deutete es auf die Tatsache hin, dass sie keine Alternative hatte.
Sie sah Paul an. »Okay. Lassen Sie es uns versuchen.«
»Wunderbar.« Er stand auf, legte den Bleistift weg und griff dann nach einem Buch, das auf der Ecke seines
Schreibtischs gelegen hatte. »Immer vorausgesetzt, dass ich noch weiß, wie … Okay, wie wär’s, wenn du dich auf die Couch legen würdest?«
Hannah zögerte, dann zuckte sie die Achseln. Also doch. Aber wenn ich es schon tue, kann ich es auch gleich richtig machen. Sie legte sich hin und starrte zu den dunklen Balken der Decke empor. Obwohl sie sich jämmerlich fühlte, verspürte sie einen beinahe unwiderstehlichen Drang zu kichern.
Hier lag sie nun, auf der Couch eines echten Psychologen, und wartete darauf, hypnotisiert zu werden. Ihre Freunde in der Schule würden es niemals auch nur in Betracht ziehen, zu einem Psychofritzen zu gehen – denn hier draußen in Montana war es absolut in Ordnung, verrückt zu sein. Schließlich war ein wenig Exzentrik geradezu notwendig, um überhaupt in diesem harten Land leben zu können. Nicht in Ordnung war allerdings das Eingeständnis, dass man nicht allein damit fertig wurde, dass man der Angelegenheit zu viel Beachtung schenkte und um Hilfe bat. Und sich hypnotisieren zu lassen, war noch schlimmer.
Sie alle denken, ich sei die Unabhängigste von ihnen, diejenige, die alle Sinne vollkommen beisammenhat. Wenn sie mich jetzt sehen könnten.
»Okay, ich möchte, dass du es dir bequem machst und die Augen schließt«, sagte Paul. Er hockte mit einer Hüfte auf der Schreibtischkante, das Buch in der Hand,
während sein Bein herunterbaumelte. Seine Stimme war leise und besänftigend – die professionelle Stimme.
Hannah schloss die Augen.
»Jetzt möchte ich, dass du dir vorstellst, du würdest schweben. Einfach schweben und dich sehr entspannt fühlen. Es gibt nichts, woran du denken musst, keinen Ort, an den du gehen musst. Und jetzt siehst du dich eingehüllt in ein wunderschönes violettes Licht. Es hüllt dich vollständig ein und du entspannst dich mehr und mehr …«
Die Couch war überraschend bequem. Ihre Form passte sich ihrem Körper perfekt an, stützte sie, ohne irgendwo zu drücken. Es war leicht, sich vorzustellen, dass sie schwebte, leicht, sich das Licht vorzustellen, das sie einhüllte.
»Und jetzt spürst du, wie du tiefer hinabschwebst … in einen tieferen Zustand der Entspannung. Und du bist umgeben von einem dunkelblauen Licht. Das blaue Licht ist überall um dich herum, es leuchtet durch dich hindurch, und du fühlst dich noch wohler, noch entspannter …«
Die sanfte, beruhigende Stimme fuhr fort, und auf ihre Anweisung hin stellte Hannah sich Wellen aus buntem Licht vor, die ihren Körper um- und durchfluteten. Dunkelblau, smaragdgrün, goldgelb, leuchtend orange. Hannah sah alle möglichen Farben. Es ging erstaunlich mühelos; ihr Verstand zeigte ihr einfach die Bilder.
Und während die Farben kamen und gingen, vertiefte
sich ihre Entspannung und sie fühlte sich warm und beinahe schwerelos. Sie konnte die Couch unter sich nicht länger spüren. Sie schwebte auf Licht.
»Und
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