Night World - Gefährten des Zwielichts - Smith, L: Night World - Gefährten des Zwielichts - Night World - Soulmate
verwickelte sie Rezeptionistinnen und Kellnerinnen in ein Gespräch. Aber wenn sie beiläufig fragte, ob es in der Stadt irgendwelche seltsamen Leute gebe, die Hexerei praktizierten, sahen sie Hannah an, als sei sie verrückt.
Um neun Uhr abends war ihr schwindelig, sie war erschöpft und ihr war übel vor Mutlosigkeit.
Ich werde sie niemals finden. Was bedeutet, dass ich ihn niemals finden werde.
Sie ließ sich auf eine Bank vor dem Stardust Hotel fallen und fragte sich, was sie als Nächstes tun sollte. Ihre Beine schmerzten und ihr Kopf hämmerte. Sie wollte Chess’ Geld nicht für ein Hotel ausgeben – aber sie hatte bemerkt, dass Polizeibeamte Leute verscheuchten, wenn sie versuchten, auf der Straße zu schlafen.
Warum bin ich nur hierhergekommen? Ich hätte eine
Zeitungsannonce aufgeben sollen: »Suche verzweifelt nach Thierry.« Ich hätte wissen müssen, dass dies nicht funktionieren würde.
Noch während sie dies dachte, erregte irgendetwas an einem Jungen in der Menge ihre Aufmerksamkeit.
Er war nicht Thierry. Er hatte nicht einmal Ähnlichkeit mit Thierry. Bis auf die Art, wie er sich bewegte.
Es war die gleiche Anmut, die sie sowohl bei Thierry als auch bei Maya gesehen hatte, diese mühelose Kontrolle über jede Bewegung, die sie an eine Dschungelkatze erinnerte. Und sein Gesicht … er sah auf eine beinahe unheimliche, zerzauste Art gut aus.
Als er zu dem hohen Neonschild des Stardust aufblickte, glaubte sie zu sehen, dass sich das Licht in seinen Augen widerspiegelte.
Er ist einer von ihnen. Ich weiß es. Er ist ein Geschöpf der Nachtwelt.
Ohne sich Zeit zum Nachdenken zu nehmen, sprang sie auf, warf sich ihre Tasche über die Schulter und folgte ihm. Es war nicht leicht. Er ging schnell und sie musste immer wieder Touristen ausweichen. Er entfernte sich vom Strip und strebte auf eine der stillen, schwach beleuchteten Straßen zu, die parallel zum Strip verliefen. Es war eine vollkommen andere Welt hier, nur einen Häuserblock entfernt von dem Glitter und Gedränge. Die Hotels waren klein und schlecht in Schuss. Bei den Geschäften schien es sich größtenteils um Pfandhäuser
zu handeln. Alles wirkte schäbig und geradezu niederschmetternd. Hannah spürte ein Prickeln auf ihrem Rücken.
Sie folgte jetzt der einzigen Gestalt auf einer verlassenen Straße. Jeden Augenblick würde er bemerken, dass sie ihn verfolgte – aber was konnte sie tun? Sie wagte es nicht, ihn aus den Augen zu lassen.
Der Junge führte sie in immer schlimmere und noch schlimmere Gegenden – heruntergekommen war das richtige Wort dafür. Die Straßenlaternen standen hier weit auseinander und dazwischen lagen immer wieder stockdunkle Abschnitte. Urplötzlich machte er eine scharfe Kurve nach links und schien hinter einem Gebäude mit dem Schild »Gerry’s Geldverleih« zu verschwinden. Hannah begann zu laufen, um ihn einzuholen, und fand sich in einer schmalen Gasse wieder. Es war extrem dunkel. Einen Moment lang zögerte sie, dann machte sie entschlossen einige Schritte vorwärts. Beim dritten Schritt tauchte der Junge hinter einem Müllcontainer auf.
Er sah sie an und wieder fing Hannah das Aufblitzen von Licht in seinen Augen auf. Sie stand ganz reglos da, während er langsam auf sie zukam. »Verfolgst du mich oder so was?«, fragte er. Er wirkte erheitert. Er hatte ein scharf geschnittenes Gesicht mit einem beinahe spitzen Kinn und dunkles Haar, das ungekämmt aussah. Er war nicht größer als Hannah, aber sein Körper wirkte kraftvoll und drahtig.
Er ist das geborene Schlitzohr, dachte Hannah.
Als er sie erreichte, musterte er sie von Kopf bis Fuß. In seinen Zügen stand eine Mischung aus Lüsternheit und Hunger. Hannahs Arme überzogen sich mit einer Gänsehaut. »Es tut mir leid«, sagte sie und versuchte, ihre Stimme ruhig und direkt klingen zu lassen. »Ich bin dir tatsächlich gefolgt. Ich wollte dich etwas fragen – ich suche nach jemandem.«
»Du hast ihn gefunden, Baby«, erwiderte der Junge. Er sah sich hastig um, als wolle er sich davon überzeugen, dass außer ihnen niemand in der Gasse war.
Und dann, bevor Hannah noch ein Wort sagen konnte, stieß er sie gegen die Mauer und hielt sie dort fest.
KAPITEL DREIZEHN
»Wehr dich nicht«, keuchte er. »Es wird einfacher für dich, wenn du dich entspannst.«
Hannah war verängstigt und wütend zugleich. »Wovon träumst du nachts?«, stieß sie hervor und rammte ihm ein Knie in die Lenden. Sie hatte nicht Maya überlebt und war Tausende von
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