Night World - Gefährten des Zwielichts - Smith, L: Night World - Gefährten des Zwielichts - Night World - Soulmate
Stofftasche und zog einen Umschlag
heraus. »Das ist für dich und für meine Mom – nur für den Fall des Falles. Wenn ihr bis zu meinem Geburtstag nichts von mir hört, dann möchte ich, dass ihr ihn aufmacht.«
»Hast du mir nicht zugehört? Ich werde dich begleiten. Ich weiß nicht, was mit dir los ist, aber ich werde dich nicht allein davonlaufen lassen.«
»Und ich kann dich nicht mitnehmen.« Hannah schaute fest in die glänzenden Katzenaugen. »Bitte, versteh mich, Chess. Es ist etwas, das ich allein tun muss. Außerdem brauche ich dich hier, damit du mich decken kannst, damit du meiner Mom erzählen kannst, ich sei bei dir zu Hause, sodass sie sich keine Sorgen macht. Okay?« Sie streckte die Arme aus und schüttelte Chess sachte. »Okay?«
Chess schloss die Augen, dann nickte sie. Sie schniefte und ihr Kinn begann zu zittern. Hannah umarmte sie abermals. »Danke«, flüsterte sie. »Du bist und bleibst meine beste Freundin. Für immer.«
Am Montagmorgen machte Hannah sich, statt zur Schule zu gehen, auf den Weg zum Flughafen in Billings. Sie fuhr den Ford – ihre Mom hatte ihn am Wochenende repariert. Sie dachte, Hannah wolle die nächsten Tage bei Chess verbringen, um für die Abschlussprüfungen zu lernen. Es war beängstigend, aber auch berauschend, allein mit einem Flugzeug zu fliegen und in eine Stadt zu
reisen, in der sie noch nie zuvor gewesen war. Die ganze Zeit, während sie in der Luft war, dachte sie: näher, näher, näher – und betrachtete den Ring mit der schwarzen Rose an ihrem Finger.
Sie hatte ihn aus dem Papierkorb in ihrem Zimmer gefischt. Jetzt drehte sie die Hand hin und her, um zu beobachten, wie die schwarzen Edelsteine das Licht einfingen. Die Brust schnürte sich ihr zu.
Was ist, wenn ich ihn nicht finden kann?, dachte sie.
Und dann war da noch die andere Angst, die sie sich nicht einmal selbst eingestehen wollte. Was war, wenn sie ihn tatsächlich fand und er sie nicht mehr wollte? Schließlich hatte sie ihm einige Dutzend Mal gesagt, dass sie ihn hasste, und ihm befohlen, sich für immer von ihr fernzuhalten.
Darüber werde ich nicht nachdenken. Es hat keinen Sinn.
Zuerst muss ich ihn aufspüren, und was immer danach geschieht … geschieht.
Der Flughafen von Las Vegas war überraschend klein. Überall standen Spielautomaten herum. Hannah holte ihre Reisetasche vom Gepäckkarussell und ging dann nach draußen. Als sie in der warmen Wüstenluft stand, versuchte sie zu entscheiden, was sie als Nächstes tun sollte.
Wie findet man Hexen?
Sie wusste es nicht. Sie hielt es nicht für wahrscheinlich,
dass sie im Telefonbuch standen. Also vertraute sie einfach auf ihr Glück und machte sich auf den Weg dorthin, wohin auch alle anderen gingen. Zum Las Vegas Boulevard, dem Strip.
Es war von Anfang an ein Fehler und dieser Nachmittag und die folgenden Ereignisse sollten zu den schlimmsten Erfahrungen in ihrem Leben gehören.
Dabei hatte es gar nicht so schlecht angefangen. Der Strip war bunt und glitzerte, vor allem als es dunkel wurde. Die Hotels waren so bizarr und verwirrend, dass es Hannah den Atem verschlug. Eines von ihnen, das Luxor, war geformt wie eine riesige schwarze Pyramide mit einer Sphinx davor. Hannah beobachtete lachend, wie farbige Laserstrahlen aus den Augen der Sphinx schossen. Was hätte Ha-nahkt davon gehalten?
Aber nach einer Weile bekamen die Lichter und das Gedränge etwas beinahe Übelkeit erregendes. Etwas … Ungesundes. Die Menschenmengen waren so gewaltig, sowohl in den Hotels als auch auf der Straße, dass Hannah sich kaum frei bewegen konnte. Alle schienen es eilig zu haben – bis auf die Leute, die wie gebannt vor Spielautomaten standen.
Es fühlt sich … gierig an, befand Hannah schließlich, nachdem sie im Geiste nach dem richtigen Wort gesucht hatte. All diese Leute wollen Geld gewinnen. All diese Hotels wollen das Geld dieser Leute nehmen. Und natürlich sind die Hotels am Ende die Gewinner. Sie haben
hier eine Art riesiger Venusfalle geschaffen, um Leute anzulocken. Und einige dieser Leute sehen nicht so aus, als könnten sie es sich leisten zu verlieren.
Das Herz war ihr buchstäblich schwer und sie fühlte einen unangenehmen Druck auf ihren Lungen. Sie wollte Montana und einen Horizont, der so weit entfernt war, dass sich der eigene Geist öffnen konnte. Sie wollte frische Luft. Sie wollte Raum.
Aber noch schlimmer als die Atmosphäre von Habgier und Gewinnsucht war die Tatsache, dass sie keine Hexen fand.
Einige Male
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