Night World - Prinz des Schattenreichs - Night World - Black Dawn
wegsackte, schlug sie gegen die Wand des Karrens. Die Welt begann zu zittern und kehrte langsam und vage zurück.
»Oh Gott«, sagte Maggie. »Oh Gott. Das haben sie dir angetan? Wie konnten sie das tun?«
»Das ist noch gar nichts«, antwortete das Mädchen. »Das haben sie gemacht, als ich das erste Mal geflohen bin. Und jetzt bin ich wieder geflohen - und ich bin wieder geschnappt worden. Diesmal werden sie etwas Schlimmeres tun.« Sie ließ ihre Bluse fallen, und sie rutschte wieder herunter und bedeckte ihren Rücken.
Maggie versuchte, zu schlucken, aber ihr Mund war viel zu trocken. Bevor sie recht wusste, dass sie sich bewegte, packte sie auch schon die Arme des Mädchens von hinten.
»Wie heißt du?«
»Wen inter-...«
»Wie heißt du?«
Das rothaarige Mädchen warf ihr einen eigenartigen Blick über die Schulter zu. Dann hoben sich ihre Arme unter Maggies Händen, als sie die Achseln zuckte.
»Jeanne.«
»Jeanne. Es muss aufhören«, sagte Maggie. »Wir können nicht zulassen, dass sie Menschen solche Dinge antun. Und wir müssen von hier fort. Wenn sie dich ohnehin dafür bestrafen werden, dass du geflohen bist, welchen Unterschied macht es dann, wenn du es jetzt noch einmal versuchst? Meinst du nicht auch?«
Maggie gefiel die Art, wie ihre Stimme klang, ruhig und tüchtig und rational. Die schnelle Entscheidung, etwas zu unternehmen, löschte zwar nicht die Erinnerung an das aus, was sie soeben gesehen hatte, aber es machte die ganze Situation erträglicher. Sie hatte etwas Grausames mitangesehen, und sie würde etwas dagegen unternehmen. So einfach war das. Gegen etwas so Böses musste vorgegangen werden, sofort.
Sie begann zu weinen.
Jeanne drehte sich um und bedachte sie mit einem langen, abschätzenden Blick. Auch P.J. weinte sehr leise.
Maggie stellte fest, dass ihr die Tränen langsam ausgingen. Außerdem nutzten sie nichts. Als sie zu weinen aufhörte, sah Jeanne sie noch immer aus schmalen Augen an.
»Also willst du es ganz allein mit der gesamten Nachtwelt aufnehmen«, bemerkte sie.
Maggie wischte sich die Wangen ab. »Nein, nur mit denen hier.«
Jeanne musterte sie noch einen Moment lang, dann richtete sie sich abrupt auf. »Okay«, sagte sie so plötzlich, dass Maggie zusammenzuckte. »Tun wir’s. Wenn wir eine Möglichkeit finden.«
Maggie schaute in den hinteren Teil des Wagens. »Was ist mit diesen Türen?«
»Die sind von außen mit Ketten verschlossen. Es hat keinen Sinn, dagegenzutreten.«
Wie aus dem Nichts kam Maggie ein Bild in Erinnerung. Sie selbst und Miles in einem Ruderboot auf dem
Lake Chelan mit ihrem Großvater. Wie sie das Boot mit Absicht ins Schaukeln gebracht hatten, während ihr Großvater schrie und tobte.
»Was ist, wenn wir uns gleichzeitig alle zusammen abwechselnd von einer Seite auf die andere werfen? Wenn es uns gelänge, den Wagen umzukippen, würden die Türen vielleicht aufspringen. Das sieht man doch immer bei gepanzerten Wagen. Vielleicht würde auch eine Wand des Karrens dabei brechen, sodass wir hinauskommen könnten.«
»Und vielleicht stürzen wir auch direkt in eine Schlucht«, versetzte Jeanne schneidend. »Es ist ein weiter Weg hinab ins Tal, und diese Straße ist schmal.« Aber in ihren Augen las Maggie widerwilligen Respekt. »Ich schätze, wir könnten es versuchen, wenn wir an einer Wiese vorbeifahren«, meinte sie langsam. »Ich kenne da eine Stelle. Ich sage nicht, dass es funktionieren wird; wahrscheinlich wird es das nicht. Aber...«
»Wir müssen es versuchen«, stellte Maggie fest. Sie sah Jeanne direkt in die Augen. Für einen Moment war da etwas zwischen ihnen - ein Aufblitzen von Verständnis und Übereinstimmung. Ein Band.
»Sobald wir draußen sind, müssen wir rennen«, sagte Jeanne, immer noch langsam. »Sie sitzen dort oben.« Sie zeigte auf die Decke im vorderen Teil des Karrens, über Maggies Kopf. »Dieses Ding ist gebaut wie eine Postkutsche, okay? Da oben ist ein Sitz mit den beiden Kerlen. Professionelle Sklavenhändler sind harte Burschen. Sie werden uns die Flucht nicht leicht machen.«
»Wenn der Wagen kippt, werden sie vielleicht zermalmt«, meinte Maggie.
Jeanne schüttelte scharf den Kopf. »Nachtleute sind stark. Es braucht mehr als das, um sie zu töten. Wir müssten einfach loslaufen und so schnell wir können in Richtung Wald rennen. Unsere einzige Chance besteht darin, zwischen den Bäumen zu verschwinden - und zu hoffen, dass sie uns nicht aufspüren können.«
»In Ordnung«, erwiderte
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