Nightschool. Du darfst keinem trauen
ihre Hand und hörte zu. Gelegentlich entfuhr ihr ein mitfühlendes »Ts, ts«, doch die meiste Zeit ließ sie Allie einfach ihr Herz ausschütten.
»Ich verstehe einfach nicht, wie sie lauter solche Sachen zu mir sagen kann – und über mich«, sagte Allie schließlich, als sie sich allmählich etwas beruhigt hatte und aufhören konnte zu schluchzen.
Rachel wartete, bis ihre Tränen versiegt waren, ehe sie antwortete.
»Jo hat … Probleme«, sagte sie diplomatisch. »Sie ist nicht die Allerstabilste. Und bei ihr zu Hause ist es auch nicht … so toll. Aber sie hat ein gutes Herz. Das wissen wir alle. Sie wird von Katie und ihrer Zickenschar manipuliert, damit sie diesen Quatsch über dich glaubt. Aber das ist ein schwacher Trost, ich weiß. Es tut weh. Ich wünschte, ich könnte irgendwas für dich tun.«
Sie reichte Allie eine Packung Taschentücher. »Die kriegt sich schon wieder ein. Und wenn es so weit ist, wird es ihr leidtun, dass sie das alles gesagt hat.«
»Ist das der Grund, warum du dich vorher nie so richtig mit Jo und Lisa abgegeben hast?«, fragte Allie und trocknete sich die Augen. »Weil Jo, wie hast du gesagt: nicht die Allerstabilste ist?«
Rachel zögerte mit ihrer Antwort. »Ich hatte meine eigene … Begegnung mit Jos Clique. Das ist schon ’ne Weile her. Erinnerst du dich noch, wie ich dir erzählt habe, dass Lucas einer von den Freunden ist, mit denen man nie etwas anfangen könnte?«
Allie nickte.
»Na ja, das stimmt so nicht ganz.« Rachel betrachtete ihre Hände. »Ich war wahnsinnig verknallt in Lucas, als ich vor zwei Jahren hier angefangen habe. Er hat mich sozusagen unter seine Fittiche genommen. Es gab hier nicht viele Asiaten, und ich war deshalb ein bisschen gehemmt. Aber er hat mir das Gefühl gegeben, absolut willkommen zu sein, und, na ja, du weißt ja, wie das läuft. Wenn so ein lustiger, gut aussehender Typ dich mehr oder weniger adoptiert … Ich hab mich total in ihn verliebt.«
Allie sah sie überrascht an. Rachel zuckte mit den Achseln. »Ein paar Wochen später taucht so eine hübsche Blonde auf, spät im Trimester. Lucas schaut sie einmal an und …« Sie klatschte in die Hände und ließ sie dann auseinanderfallen. »Wurde auf ewig mein bester Freund.«
Allie sah sie verwundert an. »Aber sie haben sich doch getrennt?«
»Oh, ja.« Rachel rollte mit den Augen. »Sie haben sich getrennt. Nachdem sie einen totalen Zusammenbruch hatte.« Sie seufzte. »Aber wahrscheinlich konnte ein Teil von mir ihm nie vergeben, dass er ihr den Vorzug vor mir gegeben hat. Und ein anderer Teil von mir konnte ihr nie verzeihen, dass sie ihn vor diese Wahl gestellt hat. Vielleicht war’s auch derselbe Teil von mir.«
»Das ist ja doof«, sagte Allie.
Rachel lächelte traurig. »Ja, voll doof.«
Seit geraumer Zeit nun schon war Rachel Allies Fels in der Brandung. Sie wirkte so weise und für ihr Alter ungewöhnlich reif – und Allie hätte ihr gern erzählt, was Carter und sie in Erfahrung gebracht hatten. Wenn irgendjemand wusste, was zu tun war, dann sie. Sie hatte sich zurückgehalten, weil sie Carter versprochen hatte, dass sie es niemandem erzählen würde. Aber all diese Informationen für sich zu behalten, kam ihr nahezu unmöglich vor. Und sie hatte sonst niemanden, dem sie es erzählen konnte. Und vielleicht konnten Carter und sie Rachels Hilfe ja brauchen.
Sie sah Rachel lange an, während sie ihren inneren Kampf focht.
»Was ist denn?«, fragte Rachel verdutzt.
Allie wischte sich die letzten Tränen aus den Augen. »Ich muss dir noch was sagen.«
»Du hast was getan?«
Carters ungläubige Stimme hallte im Gartenpavillon wider. Es war nach dem Abendessen, die Sonne stand bereits ziemlich tief und tauchte die Wipfel um sie herum in ein goldenes Licht. Sie saßen auf einer Steinbank, auf die noch Sonnenlicht fiel.
Allie reckte stur das Kinn. »Ich vertraue ihr, Carter. Und alleine schaffen wir das alles nicht.«
»Nein, aber wir sollten beide gemeinsam entscheiden, wem wir was erzählen, Allie. Es wird nicht lange ein Geheimnis bleiben, wenn wir rumlaufen und, ohne uns abzusprechen, jedem alles erzählen, dem wir meinen vertrauen zu können«, sagte er. »Ich meine, ich bin ja auch nicht einfach zu Lucas gegangen und hab ihm alles erzählt.«
Allie dachte daran, wie Lucas durchs Gehölz gepoltert war.
»Mach das nicht«, sagte sie rasch.
Carter warf ihr einen verärgerten Blick zu. »Jetzt mal im Ernst, Allie: Wie viel weißt du denn wirklich von
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