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Nightside 10 - Für eine Handvoll Pfund: Geschichten aus der Nightside Band 10 (German Edition)

Nightside 10 - Für eine Handvoll Pfund: Geschichten aus der Nightside Band 10 (German Edition)

Titel: Nightside 10 - Für eine Handvoll Pfund: Geschichten aus der Nightside Band 10 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green , Oliver Graute
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sie.“
    „Ja“, sagte ich geduldig. „Das wusste ich, aber höchstwahrscheinlich wussten sie es nicht, bis du es ihnen erzählt hast. Jetzt muss ich mit einer ganz neuen Drohung kommen.“
    „Ah“, sagte Ms. Fate. „Ich halt jetzt die Klappe.“
    „Sie stehen nicht auf der Liste“, knirschten die Steingolems synchron mit tiefer Stimme.
    „Wohl kaum“, stimmte ich zu. „Aber ich denke, Sie werden feststellen, dass Doktor Fell mich dennoch sehen will.“
    Die beiden klotzigen Köpfe drehten sich langsam einander zu, es gab eine stille Absprache, bevor sich die zwei Gesichter wieder mir zuwandten.
    „Treten Sie ein“, sagten sie im Chor. „Doktor Fell wird mit Ihnen und Ihren Freunden sprechen.“
    „Wundervoll“, sagte Ms. Fate strahlend. „Klingt nicht besonders furchteinflößend.“
    Fürst Schrei schnaubte laut, trat vor und bohrte einen langen Finger tief in das bloße Gesicht des nächsten Golems. Mit einigen schnellen Bewegungen ritzte er lange, beeindruckende Furchen in den Stein und gab dem Golem so ein glückliches Gesicht. Dem anderen schenkte er ein bekümmertes Gesicht, dann trat er zurück und musterte sein Werk. Er nickte zufrieden.
    „Lassen Sie sich vom Personal keine Frechheiten gefallen.“
    „Man kann Sie nirgends mit hinnehmen“, sagte ich.
    „Doktor Fell wird das nicht mögen“, brummte Ms. Fate.
    „Gut“, sagte ich. „Wenn wir jetzt reingehen, bleibt dicht hinter mir, pisst nicht in die Topfpflanzen und verhaltet euch zivilisiert. Wenn irgendwer irgendetwas anfängt, dann werde ich es sein, und ich mag es nicht, wenn man mir die Show stiehlt.“
    Ich ging voran, und die dunklen, grauen Eingangstüren schwangen langsam vor uns auf. Die Neontafel hatte nun zu dem Spruch „Tuet Buße!“ gewechselt. „Nette Geste“, dachte ich. Hinter den Eingangstüren befand sich eine karge, spartanische Lobby mit rissigem Wandputz und schmierigem Holzboden. Am anderen Ende der Lobby war eine weitere Doppeltür zu sehen, die scheinbar aus massivem Messing war. Ich ging auf sie zu, aber sie öffnete sich nicht von allein. Ich gab ihr probehalber einen Stoß, und sie schwang langsam Stück für Stück zurück, wobei ihre versteckten Gegengewichte absolut lautlos blieben. Grelles Licht leuchtete in dem sich erweiterten Spalt, das zu gleißend war, um direkt hineinzusehen. Ich konnte nichts erkennen, weswegen ich wartete, bis sich die Tür weit genug ge öffnet hatte, um dann hindurchzugehen – mit dem größten Selbstvertrauen der Welt und der Bereitschaft, absolut jeden, der nicht gerade Mitglied eines der bedeutenden Pantheons war, von oben herab anzusehen.
    Ms. Fate schritt stolz neben mir, ganz die gefeierte Verbrecherjägerin, die sie war, und Fürst Schrei … war Fürst Schrei.
    In dem Augenblick, als wir durch die Türen gingen, dimmte sich das Licht wieder auf ein erträgliches Maß, und Doktor Fells merkwürdiger Hof breitete sich vor uns aus. Er sah wie ein Zirkus aus – von der anderen Seite. Ein geheimnisvolles Karussell seltsamer Wonnen und verdrehter Grotesken, bonbonfarbene Clowns mit aufgemaltem, anzüglichem Grinsen und missgebildete Supermodels mit einer unheimlichen, verwundeten Aura. Kalt dreinblickende Männer in eleganten Freizeitanzügen saßen steif in übergroßen Sesseln, umringt von schönen Knaben und gut bestückten Mädchen in allen extremen Moden vergangener Jahrzehnte. All dies fand in einer Farbpalette statt, die erschreckend grell war und deren Bestandteile sich beinahe schmerzhaft bissen.
    Es gab keine Musik, keine Hintergrundunterhaltung, nur ein stetiges Stimmengewirr geflüsterter Unterhaltungen.
    Jedes Gesicht wandte sich uns nun zu, das Flüstern aber ging weiter. Niemand hatte uns etwas zu sagen. Sie inspizierten uns mit leeren, ausdruckslosen Gesichtern und starrten uns an wie Tote, als hätte jemand das Leben und alle Leidenschaft und Unabhängigkeit aus den Anwesenden herausgeprügelt oder sie alle vollkommen eingeschüchtert. Viele hielten Champagnergläser in Händen, aber niemand schien daraus zu trinken. Sie sahen aus, ob seien sie schon immer an Doktor Fells Hof und würden dort auch für immer bleiben. Sie waren weder seine Vasallen noch seine Gefolgsleute und schon gar nicht seine Armee – sie gehörten ihm, er konnte mit ihnen tun, was immer er wollte.
    Hier und da flammte plötzlich Licht in dem einen oder anderen Augenpaar auf, und ich erinnerte mich, dass Doktor Fell scheinbar fähig war, durch ihre Augen zu sehen. Deswegen

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