Nightside 10 - Für eine Handvoll Pfund: Geschichten aus der Nightside Band 10 (German Edition)
lächelte ich vergnügt, entschlossen, ihm eine gute Show zu liefern. Ich hörte, wie sich die schweren Messingtüren hinter mir schlossen, blickte aber nicht zurück.
Ms. Fate warf sich neben mir in eine Superheldinnen-Pose, wobei sie ihre Lederfäuste knapp über dem Einsatzgürtel in die Hüften stemmte. Ihr dunkles Cape legte sich langsam und dramatisch um sie. Nur dank ihres Rufs und ihrer schieren Ausstrahlung sah sie nicht im Geringsten tuntig oder belustigend aus. Das getrocknete Werwolfblut, das über das Leder gespritzt war, half wahrscheinlich dabei. Fürst Schrei warf sich an meiner anderen Seite in eine lässig-elegante Pose, während sein gelangweilter Gesichtsausdruck andeutete, dass er sich hier notgedrungen unter das gemeine Volk mischte und dass sich jeder der Anwesenden geehrt fühlen sollte, dass er sich dazu herabgelassen hatte, seinen Weg zu einem viel interessanteren Ort hier zu unterbrechen. Typisch Elf, mit anderen Worten, und ich … stand gerade, sah in meinem weißen Trenchcoat groß aus und ließ jeden einen guten Blick auf mich erhaschen. Ich war John Taylor, und das musste genügen.
Doktor Fells Fußvolk beunruhigte mich. Ich hatte es gerade entdeckt. Jeder Gangsterboss und jeder Obermacker hatte sie: junge Männer mit magerem, hungrigem Aussehen, die darauf brannten, in das Unternehmen einzugreifen, nur um zu demonstrieren, wie viel bösartiger und extremer als ihre Kollegen sie waren. Kampfhunde mit gut sitzenden Anzügen, die die Wölbungen der sich im Holster befindlichen Colts und anderen Waffen nicht verstecken konnten. Es waren viele von ihnen anwesend, die sich lässig in der Menge zwischen mir und ihrem Boss aufgestellt hatten. Es gab nichts, was ich nicht schon gesehen und womit ich sogar gelegentlich schon den Boden aufgewischt hatte … aber hier war es anders. Es war etwas in ihren Augen … er war in ihren Augen.
Topmodels bewegten sich lustlos durch die Menge, trugen grelle kleine Nummern und merkwürdig gestylte Kleider, während sie Tabletts mit Drinks, Häppchen und den neuesten chemischen Wonnen anboten. Sie waren alle schön und bewegten sich kreuz und quer durch den Raum, wobei sie sich wie Vogelscharen in perfektem Einklang bewegten. Sie lächelten die ganze Zeit breit, aber es waren zu perfekte, unverwandte Mienen, als dass sie hätten real sein können. Manchmal streckten sich die Gäste, um ihre perfekten Körper zu liebkosen oder zu schlagen, und manchmal zog jemand ein Mädchen auf seinen Schoss – dann sahen das Lächeln noch unwirklicher aus.
Dies war Doktor Fells Narrenhof, und er bestand aus unzähligen lebenden Puppen, mit denen er spielen konnte.
Der Mann selbst saß über ihnen allen, auf dem traditionellen Podium, und posierte steif auf einem Stuhl, der aus mit mumifizierten Muskel- und Sehnenstr äng en zusammengebundenen menschlichen Knochen bestand. Wahrscheinlich stammten sie von seinen vielen verstorbenen Opfern. Doktor Fell trug einen verblichenen Traueranzug und war eine große, dünne Gestalt mit dumpf-grauer Haut und einem scheußlichen, verstümmelten Gesicht. Ein halbes Dutzend nackter Frauen stand im Halbkreis hinter seinem abscheulichen Stuhl. Jede von ihnen war auf andere Art missgestaltet oder abartig. Fehlende oder entstellte Gliedmaßen, ausgestochene Augen. Man musste sie nur ansehen, um zu wissen, dass sie nicht so geboren, sondern so gemacht worden waren. Sie waren, wie sie waren, weil es Doktor Fell gefiel. Einige von ihnen hielten Messer, einige Pistolen und wieder andere scheußlich aussehende magische Waffen. Jede besaß einen beklemmenden, dunklen Zauber und eine gefährliche Anziehungskraft. Doktor Fells persönliche Leibwächterinnen und Meuchelmörderinnen.
Ich begann, mich zu erinnern, wo ich seinen Namen gehört hatte, und ich glaubte nicht, dass wir weiterkommen würden.
Doktor Fell hatte sich die Augen mit einem weißglühenden Kruzifix ausgebrannt. Jetzt waren seine verbrannten, verschrumpelten Augenlider von zwei großen, kreuzförmigen Narben versiegelt. Er war als abtrünniger Pfarrer in die Nightside gekommen und hatte sein Sehvermögen auf der Suche nach einer größeren Vision aufgegeben. Was er ansah, wechselte vollständig die Loyalität. Es gab Gerüchte, dass er noch nicht einmal in einen Spiegel gesehen hatte … und der Mann, der hierher gekommen war, um der Finsternis zu zürnen, hatte sie am Ende umarmt. Er trug eine Dornenkrone, die hart in seine Stirn drückte, und Rinnsale aus Blut rannen über
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