Nightside 10 - Für eine Handvoll Pfund: Geschichten aus der Nightside Band 10 (German Edition)
Prächtigeres. Ich wollte der Indiana Jones der Nightside sein, der verlorene Schätze aus alten Verstecken ausgräbt und für mehr Geld verkauft, als ich jemals in meinem Leben ausgeben könnte. Ich verbrachte viel Zeit in den Bibliotheken der Nightside, grub mich geduldig durch ausrangierte Regale und private Sammlungen, sichtete Tagebücher und Almanache und sehr private Geschichten. Suchte nach Hinweisen, die mir die richtige Richtung zeigten und setzte mich auf die Spur bedeutender, kostbarer Gegenstände, die der Geschichte durch die Finger geschlüpft waren. Es hatte schon immer Schatzjäger in der Nightside gegeben, aber ich redete mir ein, dass niemand jemals so methodisch vorgegangen war wie ich. Manchmal musste man nur richtig hinschauen.
Ich war gerade zwanzig und hatte schon einige wenige Triumphe gehabt. Hatte ein paar wichtige Gegenstände aufgetrieben. Einen der sieben Originalschleier, mit denen Salome zur Erlangung des Kopfes Johannes des Täufers vor ihrem Vater tanzte. Einen Satz Gebisse aus den Zähnen aus dem Schädel des Marquis de Sade und eines von Mister Stabs Messern. Nichts Großartiges, aber genug, um Ansehen zu erlangen, das mir ordentlich Geld einbrachte.
Ich musste etwas Besonderes, etwas Wichtiges finden – etwas, das die Leute aufrüttelte und dem sie Beachtung schenkten. Den Heiligen Gral oder Excalibur oder das fehlende Herz Merlin Satansbruts. „Setz dir hohe Ziele, und du erreichst sie“. Solche Sprüche hatte ich in jenen Tagen einige auf Lager.
Ich trank in jener Nacht gerade einen schön kühlen Merlot in der Humbug-Bar. Ein kleiner, sehr exklusiver Ort für ehrgeizige, junge Leute auf dem Weg nach oben. Eine zivilisierte Bar für jedes strahlende, junge Ding, das sich darauf vorbereitete, absolut alles zu tun, um an die Spitze zu gelangen. Die Art von Ort, wo man Visitenkarten anstatt Namen austauscht, wie ein Hai lächelt, gekleidet ist wie ein Pfau und so geschickt zusticht, dass das Zieles erst merkt, wenn man wieder weg ist. Die Humbug-Bar war eher gemütlich als modern, mit reichlich polierten, eichengetäfelten Wänden, gepolsterten Nischen, um darin zu trinken, und nur der schönsten Musik im Hintergrund. Für die Nightside wohltuend normal und kultiviert. Eine Oase der Ruhe und Gelassenheit und nie voll, da die Leute nicht wegen Ruhe und Gelassenheit in die Nightside kamen.
Der Ort wurde von einer gutartigen, alten Dame in Tweed, Perlen und Zwicker betrieben. Ergraut, mütterlich, ein Verstand wie ein Tellereisen, wenn es ums Geld ging. Miss Eliza Fritton, immer freundlich, immer zuvorkommend und niemals einen Penny auf Kredit. Sie benutzte die Schrotflinte hinter der Theke nur, wenn es sein musste. Sie hatte davor eine Privatschule für Mädchen geleitet. Bis die Schülerinnen sie einäscherten und die halbe Belegschaft einem gigantischen Weidenmann opferten. „Was für feurige Mädchen“, pflegte Miss Fritton wehmütig nach ihrem zweiten Portwein mit Zitrone zu sagen.
In jener Nacht redete ich mit dem Strandguträuber, einem dürren alten Hungerhaken mit militärischem Benehmen, der überraschende Mengen an Schätzen aufgetrieben hatte, indem er seine Zeit in kleinen Antiquitätenläden und Ramsch-Zauberläden verbrachte, die in der Nightside wie Pilze aus dem Boden schossen. Sie kümmerten sich um all das weniger wertvolle Treib- und Strandgut, das durch die Zeitschleifen oder in den Taschen von Touristen und Geldeintreibern aus anderen Dimensionen und Realitäten hier landete. Das meiste davon war natürlich wertlos, aber der Strandguträuber konnte einen Königspinguin in der Wüste finden. Er hatte eine gute Woche gehabt, sodass ich ihn meine Getränke bezahlen ließ und geduldig zuhörte, während er in einer trockenen, untertriebenen Art und Weise mit seinen Erfolgen prahlte.
„Die erste Seite von Shakespeares ‚Lohnende Liebesmüh‘. Ein Betamax-Video von Orson Welles ’ ‚Heart of Darkness‘. Eine alte Single von den Quarrymen, allerdings ziemlich zerkratzt, so leid es mir tut, das zu sagen. Ich liebe Alternativgeschichten. Obwohl ich glaube, ich hätte weiterhin glücklich leben können, ohne einen nackten, breitbeinigen Hugh Hefner in einer 1950er Ausgabe des Playgirl zu sehen. Oh, und ein ziemlich interessanter Aschenbecher, der aus einer Werwolfsklaue gefertigt war. Nettes kleines Stück mit der beunruhigenden Angewohnheit, sich bei jedem Vollmond in eine menschliche Hand zurückzuverwandeln. Noch verstörender, schätze ich, wenn man
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