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Nightside 10 - Für eine Handvoll Pfund: Geschichten aus der Nightside Band 10 (German Edition)

Nightside 10 - Für eine Handvoll Pfund: Geschichten aus der Nightside Band 10 (German Edition)

Titel: Nightside 10 - Für eine Handvoll Pfund: Geschichten aus der Nightside Band 10 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green , Oliver Graute
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und diese mit ihrem Spiegel zu studieren. Es kostete sie nur einige Sekunden, den Mechanismus zum Laufen zu bringen, dann kletterten wir über die versinkende Wand und rannten durch die zitternden Steingänge. Wir versuchten, nicht auf die sich steigernden, laut seufzenden Geräusche überall um uns herum zu achten. Staub fiel in dicken Wolken, und wir beide husteten keuchend, während wir liefen. Wir hielten unsere Hände über Münder und Nasen, um uns vor dem Schlimmsten zu bewahren. Ich weiß nicht, wie lange wir rannten, während wir dem Licht des Spiegels folgten, aber es erschien wie ein Weg, der nie enden würde. Noch Jahre danach hatte ich Träume, in denen ich wieder dort war, für immer vor der Dunkelheit und dem Staub davonrannte.
    Aber schließlich erreichten wir die Seitentür und fanden wieder zurück nach draußen, auf die Straße der Götter. Wir hasteten weiter und hielten nicht an, bevor wir sicher auf der anderen Straßenseite waren. Wir schauten gerade rechtzeitig zurück, um zu sehen, wie die Spitze der Pyramide zerfiel und in sich zusammenstürzte, bis nichts mehr übrig war außer einem großen Loch im Boden.
    „All das Gold“, sagte ich.
    „Das ist alles deine Schuld“, sagte Polly.
    „Wie kommst du darauf?“, fragte ich interessiert. „Alles lief super, bis du der Mumie den Stab entrissen hast.“
    „Es ist deine Schuld, weil du mich gedrängt hast!“
    Man konnte gegen so eine Logik nicht argumentieren. „Entschuldige“, sagte ich.
    „Gib mir den Stab. Du weißt nicht, was man damit tun kann.“
    „Er möchte, dass ich ihn habe“, widersprach ich nachdrücklich.
    Polly starrte mich an.
    ***
    Wir nahmen ein Taxi zu unserem nächsten Ziel. Die meisten Menschen misstrauten Taxis, aber ich fand, man könne sich immer auf den Fahrer verlassen, solange man ihm eine Pistole an den Hinterkopf drückte. Polly hatte versprochen, der nächste Gegenstand auf unserer Liste sei viel einfacher zu erlangen, und ich entspannte mich ein wenig, als wir in den Norden der Stadt mit seinen vielen exklusiven Clubs und Bars fuhren. Man fand dort eine viel bessere Kategorie von Abschaum. Wir hielten nach einem Paar Chaoswürfeln, einfachen Wahrscheinlichkeitswechslern, Ausschau; Polly zufolge konnte man die besten ihrer Art in Wu Fangs Garten der Genüsse finden.
    Jeder kannte Wu Fangs skandalös-dekadentes Geschäft: eine der exklusivsten und teuersten Spielhöllen in der gesamten Nightside. Was schon was heißen wollte. Den Garten der Genüsse gab es seit den frühen 30er Jahren des 20. Jahrhunderts – und ebenso Wu Fang. Mein Vater kannte beide von früher und schwor, dass der orientalische Herr in all den Jahren nicht gealtert war. Es gab viele Gerüchte über den Mann, wobei die meisten wirklich geschmacklos waren, und Wu Fang dementierte kein einziges davon. Vor allem nicht die ekelhaftesten.
    Wir hatten keine Probleme hineinzukommen. Polly zeigte den Smoking tragenden Türstehern eine Handvoll Platinkreditkarten, und sie stritten um das Privileg, uns die Tür zu öffnen. Der Garten der Genüsse hieß immer jeden willkommen, der mehr Geld als Verstand hatte. Wie bei vielen Etablissements der Nightside war das Innere um vieles größer als das Äußere. Das war der einzige Weg, alles unterzukriegen. Oder, wie mein Vater zu sagen pflegte, der Raum dehnte sich aus, um die verfügbaren Sünden aufzunehmen.
    Drinnen erstreckte sich Wu Fangs Garten der Genüsse, soweit das Auge reichte: ein wahrhaftiger Dschungel mit fernöstlichen Bäumen und Pflanzen, wo riesige fleischige Pflanzen in der wohlduftenden Luft blühten. Vögelchen in erschreckend bunten Farben flatterten über unsere Köpfe hinweg oder schwebten über schmollenden Blütenblättern. Ein Fluss, über den in regelmäßigen Abständen überdachte Brücken führten, wand sich durch den Dschungel. Die reichen Düfte, die in der Luft hingen, rauschten in meinem Kopf herum. Es war, als röche man den Himmel selbst.
    Polly und ich wanderten gemütlich an einem hinabstürzenden Wasserfall vorbei, genossen den leichten Nebel der Wassertropfen in der Luft und nickten den Berühmtheiten und Geldadligen, an denen wir vorbeigingen, zu, als gehörten wir dort genauso hin wie sie. Sie nickten freundlich zurück, denn wir waren schließlich dort, also mussten wir auch dorthin gehören.
    Auf kleinen Lichtungen befanden sich Spieltische für jedes Glücksspiel, das man sich vorstellen konnte, und einige, die Wu Fang extra aus anderen Realitäten

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