Nightside 9 - Wieder einmal Weltenbrand
Sexpraktiken, und wo immer es auf dieser Welt Geschäfte gibt, kann man sicher sein, dass irgendwer seinen Reibach macht. Wenn es sein muss, mit Gewalt.“
„Diese … Leute gehören also zum Knabenclub“, schloss Chandra.
„Nur die miesesten, ekelhaftesten und generell unangenehmsten Exemplare ihrer Art“, meinte ich.
Chandra Singh ließ sich das durch den Kopf gehen.
„Warum treten wir nicht einfach die Tür ein und schmeißen ein gutes Dutzend Brandbomben hinterher?“ Er lächelte flüchtig. „Wenn man Monsterjäger ist, lernt man, vor allem praktisch zu denken.“
„Sie könnten jeden da drin töten“, sagte ich, „und den meisten von uns ist das bereits das ein oder andere Mal in den Sinn gekommen, aber innerhalb einer Stunde würden die Toten ersetzt werden. An Leuten auf dem Weg nach oben gibt es hier nie einen Mangel, und die warten nur auf eine Chance, zu beweisen, dass sie noch größere und fiesere Arschlöcher sind als diejenigen, deren Platz sie einnehmen.“
Chandra sah mich ernst an. „Warum bleiben Sie an diesem grässlichen Ort, Taylor? Ich habe Geschichten über Sie gehört … Sie scheinen kein so schlechter Mensch zu sein. Was hält Sie in der Nightside?“
„Ich gehöre hierhin“, antwortete ich. „Zu all den anderen Bestien.“
Ich erhöhte das Tempo. Ein Teil von mir sorgte sich, dass wir zu spät kamen und nur ein weiteres Massaker vorfinden würden, und ein anderer Teil fragte sich, ob das so eine schlimme Sache wäre … aber nicht jeder im Knabenclub verdiente es zu sterben. Nur die meisten.
Der Club erhob sich glitzernd, in allen Farben gleißend und fast erschlagen von einem gigantischen Technicolor-Neonzeichen vor uns in den Nachthimmel. Natürlich wieder ohne das geringste Anzeichen, worum es sich bei dem Club tatsächlich handelte. Entweder wusste man das, oder es ging einen feuchten Kehricht an. Die Mitgliedschaft wurde streng nur auf Einladung verliehen, eine Anerkennung seiner Zeitgenossen, dass man es geschafft hatte, dass man endlich mächtig und wichtig genug war, einer der schweren Jungs zu sein.
Direkt vor der Tür wartete der Wanderer. Er lehnte entspannt an einer Straßenlaterne. Er trug seinen langen Staubmantel, hatte die Hände in den Taschen vergraben und lächelte leichthin, einen Fuß auf dem Nacken des ohnmächtigen Türstehers des Clubs. Chandra und ich blieben stehen, wobei wir sorgsam darauf achteten, einen veritablen Respektabstand einzuhalten. Der Türsteher war groß genug, um ein Halbtroll zu sein, aber nun lag er ohne offensichtliche Wunde mit dem Kopf in der Gosse. Der Wanderer nickte uns zu, dann standen wir alle einige Zeit nur da, um uns gegenseitig zu taxieren.
Der Wanderer sah genau so aus, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Aber von Angesicht zu Angesicht war er so viel … mehr. Ihn umgab eine Atmosphäre, eine Präsenz, eine fast überwältigende Intensität, als sei er der einzig echte Mensch in einer Welt aus Betrügern und Möchtegerns. Seine Augen waren hell und fröhlich, sein Lächeln war schelmisch und draufgängerisch, und alles an ihm strahlte eine fast spirituelle Unverschämtheit aus. Ich bin hier, um im Namen Gottes unaussprechliche Dinge zu tun, schien seine Haltung fast hinauszuschreien. Was werdet Ihr dagegen tun? Er sah aus wie ein Mann, der tatsächlich alles tun würde, wonach ihm gerade der Sinn stand, und zwar mit einem Lachen auf den Lippen und einem Lied im Herzen. Dieser Mann genoss seine Taten.
Tote Männer und Frauen und Hunde – und Kinder in Käfigen .
„John Taylor“, sagte der Wanderer schließlich mit einer gut aufgelegten Stimme. „Ich hatte Sie mir irgendwie größer vorgestellt.“
„Das höre ich ziemlich oft“, antwortete ich.
„Wer ist Ihr Freund da?“
„Ich bin Chandra Singh, Monsterjäger!“, antwortete Chandra stolz.
„Gut für Sie“, sagte der Wanderer.
Chandra war etwas gereizt, als er merkte, dass sein Name und sein heiliger Ruf dem Wanderer absolut nichts sagten. Er baute sich zu seiner vollen Größe auf, um noch besser mit seiner herrlichen Rajseide und dem glitzernden Diamanten angeben zu können, der in seinem Turban aufblitzte.
„Auch ich bin ein heiliger Krieger“, sagte er verdrießlich. „Auch ich vollbringe das Werk Gottes und zerschmettere die, die die Unschuldigen bedrohen!“
„Wie putzig“, gab sich der Wanderer unbeeindruckt. „Versuch bitte, nicht im Weg rumzustehen.“
Chandra merkte, dass ihn jemand aufzog, und brach in ein gewaltiges Lachen
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