Nightside 9 - Wieder einmal Weltenbrand
meinen besten Zeiten. Ich war definitiv ein wenig neidisch.
„Sieht das Foyer ohne die nicht um einiges größer aus?“, fragte der Wanderer. „Sollen wir reingehen?“
„Warum nicht?“, sagte ich. „Ich denke, du hast hier allen Schaden angerichtet, der möglich war.“
Er lachte.
Ich öffnete die Türen zum eigentlichen Clubbereich und der Wanderer stolzierte hinein, die Hände immer noch tief in den Manteltaschen. Er hätte nicht gelassener aussehen können, wenn er in sein eigenes Wohnzimmer spaziert wäre. Chandra und ich nahmen wieder unsere Positionen links und rechts von ihm ein. Aber ob wir ihn unterstützen oder zurückhalten wollten, hatte ich noch nicht entschieden.
Den riesigen Amüsierbereich des Clubs zu betreten, war, als spaziere man in den kitschigsten Zirkus der Welt. Überall bunte Lichter, knallige Primärfarben und alle möglichen Trophäen. Leute saßen an Tischen, liefen in dem großen, freien Zentralbereich umher oder gammelten an der riesigen Bar herum. Musik dröhnte aus verborgenen Lautsprechern und ging im Getöse von so vielen Leuten, die lachten, brüllten und ihr Bestes gaben, jedem um sie herum zu beweisen, dass sie sich amüsierten, fast unter. Dauernd sahen sie sich um, was der Rest tat, es bestand schließlich die Gefahr, dass jemand mehr Spaß hatte. Auch musste man unbedingt wissen, wer mit wem da war.
Es gab Spieltische – Karten, Würfelspiele und Roulette – und Anzeigetafeln mit den Quoten für alle möglichen Wetten. Es gab auch andere Spiele, nur waren die nicht ganz so nett. Wie etwa eine große Grube in einer Ecke, wo man ohne Handschuhe boxte, mit Messern kämpfte oder Betrunkene gegen Lebewesen der verschiedensten Größen und Bedrohungsstufen antraten. Um die Grube herum, deren Wände von Schicht um Schicht von Blut schwarz gefärbt waren, wurde heiß gewettet. Teuer angezogene Damen klammerten sich an die Oberarme von Herren, machten „Oooh“ und „Aaah“ und kicherten angesichts von Blut erfreut. Herren in teuren Anzügen warfen sich in Pose, und Damen tigerten in der neuesten Mode auf und ab, damit es auch nur ja jeder sah, als wollten sie sagen „Seht mich an. Ich bin da! Ich gehöre hierher.“ Nur dass sie sich nicht solche Mühe hätten geben müssen, wenn das tatsächlich der Fall gewesen wäre.
Von ihren Tischen aus sahen die schweren Jungs dem ganzen Zirkus mit leeren, nichtssagenden Gesichtern zu. Sie hatten schon alles gesehen. Die schweren Jungs: der Große Mann, Mr. Big, der Lulatsch … die Männer, die über alles die Kontrolle hatten, denen alles gehörte und die nichts außer ihnen selbst interessierte. Man konnte das Testosteron in der Luft fast wittern. Sie waren alle groß, feist, hässlich und nachlässig in exquisite Anzüge gepfropft. Männer, denen ihr Aussehen egal war, weil es sie nicht länger kümmern musste. Frauen fühlten sich wegen des Geldes, der Macht und des Status, ja selbst des rauen Glamours ihrer Gangsterexistenz zu ihnen hingezogen. Es gab schon immer solche Frauen. Die einen sind völlig kaltblütig. Die anderen fühlen sich von Gangstern angezogen wie Motten von der Flamme.
Die Frauen kamen und gingen, die Jungs blieben dieselben. Sie waren in Begleitung von Frauen in weinbefleckten Blusen und verschmierter Schminke, die bei allem lachten, wovon sie dachten, es könne lustig sein, und sich an den Arm ihrer Lebensmittelmarke klammerten, sich an ihre Männer schmiegten und sich einredeten, sie seien wichtig, nur weil sie bedeutende Männer hatten.
Selbstverständlich hatte jeder schwere Junge seinen eigenen kleinen Hofstaat, seinen Kreis von Speichelleckern und Bewunderern, Geschäftspartnern und Beratern und ganzen Armeen von steingesichtigen Leibwächtern. Männer, die Befehle befolgten, Geschäfte abwickelten und zuhörten, wenn ihr Herr und Meister sprach, und nie etwas anderes sagten oder taten, als er von ihnen erwartete. Auch wenn in diesen Kreisen sich niemand wirklich wohlfühlte oder gelassen war, da sie alle wussten, dass man sie innerhalb eines Herzschlages ersetzen oder aus einer Laune heraus fortzerren und erschießen konnte. Nun, das war der Preis dafür, den großen Jungs so nahe zu kommen. Im Glauben und der Hoffnung, dass etwas Macht ebenso zu ihnen herunterträufeln würde wie das Geld.
Der Knabenclub – der einzig wahre Aufenthaltsort, wenn man in der Nightside in jedes schmierige, schmutzige Geschäft verwickelt war.
Der Lärm war ohrenbetäubend, Leute frohlockten und kreischten und
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