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Nimm dich in acht

Nimm dich in acht

Titel: Nimm dich in acht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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er seine Meinung wohl geändert«, sagte Susan. »Er hat Mrs. Clausen zur Praxis begleitet, blieb aber nicht lange. Er sagte, er habe einen Termin, den er nicht absagen könne.«
    »Ich an seiner Stelle hätte den Termin sausenlassen«, sagte Nedda trocken. »Zufällig weiß ich, daß Jane ihn im letzten Jahr zu einem der Treuhänder des Clausen-Trusts ernannt hat. Was mag so wichtig gewesen sein, daß er sie allein ließ? Zumal er wußte, daß Jane eine Frau hätte treffen können, die ihr womöglich den Mann beschreiben könnte, der für das Verschwinden ihrer Tochter verantwortlich ist, ja vielleicht sogar ihr Mörder sein kann?«

    12
    In Donald Richards’ großem Apartment am Central Park West war auch seine Praxis untergebracht. Die Räume, in denen er seine Patienten empfing, betrat man durch einen separaten Eingang im Korridor. In den fünf Zimmern, die er für sich reserviert hatte, herrschte die ausgesprochen maskuline Atmosphäre eines Haushalts, dem schon lange Zeit keine Frau mehr ihren Stempel aufgedrückt hatte. Vor vier Jahren war seine Frau Kathy, ein Topmodel, während eines Shootings in den Catskills ums Leben gekommen.
    Er war nicht dort gewesen, als es geschah, und er hätte es sicherlich auch nicht verhindern können, und trotzdem hatte er nie aufgehört, sich die Schuld zu geben. Auf jeden Fall war er bis heute nicht darüber hinweggekommen.
    Das Kanu, in dem Kathy posiert hatte, war sechs Meter von dem Boot des Fotografen und seines Assistenten entfernt gekentert. Die schwere antike Robe aus der Zeit der Jahrhundertwende hatte sie die Tiefe gezogen, ehe ihr jemand zu Hilfe kommen konnte.
    Die Taucher hatten ihre Leiche nie gefunden. »Der See ist so tief, daß der Grund sogar im Sommer gefroren ist«, sagte man ihm.
    Vor zwei Jahren hatte er die letzten Fotos, die in seinem Schlafzimmer an sie erinnerten, weggepackt. Er hoffte, auf diese Weise einen Schlußstrich ziehen zu können.
    Aber natürlich änderte sich dadurch nichts, und schließlich gestand er sich ein, daß er nach wie vor das Gefühl hatte, etwas nicht zu Ende gebracht zu haben.
    Sowohl er als auch Kathys Eltern hatten den sehnlichen Wunsch, ihre sterblichen Überreste bei ihrer Familie –

    ihren Großeltern und dem Bruder, den sie nie gekannt hatte – beerdigen zu lassen.
    Er träumte oft von ihr. Manchmal sah er sie in dem kalten Wasser liegen, unter einem Felsvorsprung eingeklemmt -Dornröschen in ewigem Schlaf. Manchmal veränderte sich der Traum. Ihr Gesicht zerfloß, und andere Gesichter schoben sich davor. Und sie alle flüsterten: »Es war deine Schuld.«
    Der Text auf dem Buchumschlag von Verschwundene Frauen ging mit keinem Wort auf Kathy oder auf das ein, was ihr zugestoßen war. Der Kurzbiographie unter seinem Foto war zu entnehmen, daß Dr. Donald Richards schon sein Leben lang in Manhattan wohnte, daß er in Yale studiert, seinen Doktor in klinischer Psychologie in Harvard und seinen Magister in Kriminologie an der Universität von New York gemacht hatte.
    Nach der heutigen Sendung von Fragen Sie Dr. Susan fuhr er direkt nach Hause. Rena, seine aus Jamaica gebürtige Haushälterin, wartete dort schon mit dem Mittagessen auf ihn. Sie hatte kurz nach Kathys Tod bei ihm angefangen, vermittelt durch ihre Schwester, die den Haushalt seiner Mutter in Tuxedo Park führte und bei ihr wohnte.
    Don war überzeugt, daß seine Mutter Rena jedesmal, wenn sie nach Tuxedo Park kam, mit Fragen über sein Privatleben löcherte. Sie hatte ihm unmißverständlich zu verstehen gegeben, daß er ihrer Meinung nach mehr unter Leute gehen sollte.
    Während des Mittagessens dachte Don an Karen, die Frau, die während der Übertragung angerufen hatte. Susan Chandler hatte sich offenbar über seinen Vorschlag geärgert, mit ihm weiter über diese ganze Sache zu sprechen. Er lächelte, als er sich daran erinnerte, wie Susans haselnußbraune Augen sich verdunkelt hatten. Ihr Unwille war nicht zu übersehen gewesen.
    Susan Chandler war eine interessante und sehr attraktive Frau. Ich rufe sie an und lade sie zum Essen ein, entschied er. Möglich, daß sie in intimer Atmosphäre freier über den Fall redet.
    Die ganze Sache faszinierte ihn. Regina Clausen war vor drei Jahren verschwunden. Die Frau, die sich Karen nannte, hatte erzählt, daß sie sich erst vor zwei Jahren auf eine Romanze auf See eingelassen hatte. Bestimmt würde Susan Chandler zu dem zwangsläufigen Schluß kommen, daß der Mann – wenn es denn ein und derselbe war –, der

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