Nimm dich in acht
sich den beiden Frauen genähert hatte, weitere Opfer ins Visier nehmen könnte.
Susan sticht da in ein Wespennest, überlegte Donald Richardson. Er fragte sich, was zu tun wäre.
13
Im Flugzeug auf dem Rückweg nach Kalifornien trank Dee Chandler Harriman ein Perrier, zog ihre Sandalen aus und lehnte sich in ihrem Sitz zurück. Ihr honigblondes Haar floß über ihre Schultern. Da sie seit langem an bewundernde Blicke gewöhnt war, vermied sie es bewußt, zu dem Mann gegenüber des Gangs hinzusehen, der zweimal versucht hatte, ein Gespräch anzufangen.
Ihr schlichter goldener Trauring und ein schmaler goldener Halsreif waren der einzige Schmuck, den sie trug. Auch ihr Designer-Nadelstreifenkostüm bestach durch seine Einfachheit. Neben ihr in der zweiten Reihe saß niemand, und darüber war sie froh.
Am Freitag nachmittag war sie in New York angekommen. Sie stieg in dem Apartment ab, das ihre Belle Aire Modeagentur im Essex House unterhielt, und traf sich in aller Stille mit zwei jungen Models, die sie unter Vertrag zu nehmen hoffte. Die Gespräche waren vielversprechend verlaufen, der Tag rundum ein Erfolg gewesen.
Nur schade, daß sie über den Samstag, als sie ihre Mutter besucht hatte, nicht das gleiche sagen konnte. Der Anblick ihrer zerquälten Mutter, die immer noch unter der Abtrünnigkeit ihres Vaters litt, hatte sie vor Mitgefühl in Tränen ausbrechen lassen.
Ich hätte nicht so gemein zu Susan sein dürfen, überlegte sie. Sie war die ganze Zeit für Mutter da, sie hat die Hauptlast der Trennung und der Scheidung getragen.
Aber dafür hat sie ja auch eine akademische Ausbildung, dachte Dee. Ich dagegen muß mit meinen siebenunddreißig Jahren froh sein, daß ich ein High-School-Diplom habe. Schon mit siebzehn gab es für mich nur die Arbeit als Model – für andere Dinge hatte ich keine Zeit. Sie hätten darauf bestehen müssen, daß ich aufs College gehe. In meinem Leben habe ich nur zwei weise Entscheidungen getroffen, die Heirat mit Jack und daß ich meine Ersparnisse in die Agentur investiert habe.
Peinlich berührt erinnerte sie sich, wie sie Susan angeschnauzt hatte, sie könne eben nicht verstehen, wie es wäre, seinen Mann zu verlieren.
Schade, daß ich ihr gestern auf Dads Party nicht mehr begegnet bin, dachte Dee, aber ich bin froh, daß ich heute morgen bei ihr angerufen habe. Es war mein Ernst, als ich sagte, daß ich Alex Wright toll finde.
Um Dees Lippen spielte ein Lächeln, als sie an den gutaussehenden Mann mit den warmen, gescheiten Augen dachte – attraktiv, einnehmend, Sinn für Humor, gute Erziehung. Er hatte sich erkundigt, ob es einen Mann in Susans Leben gebe.
Auf seine Bitte hin hatte sie ihm Susans Praxisnummer gegeben. Das konnte sie ihm nicht abschlagen, hatte sich jedoch dagegen entschieden, ihm auch ihre Privatnummer zu sagen.
Dee schüttelte den Kopf, als die Stewardeß anbot, ihr Perrier nachzuschenken. Das Gefühl der Leere, das sie seit dem Besuch bei ihrer Mutter spürte und das sich bei dem Anblick, wie ihr Vater und seine zweite Frau sich zuprosteten, vertieft hatte, drohte sie zu überwältigen.
Es fehlte ihr, verheiratet zu sein. Sie wollte wieder in New York leben. Dort hatte Susan sie mit Jack, einem Werbefotografen, bekannt gemacht. Kurz nach ihrer Hochzeit waren sie nach Los Angeles gezogen.
Fünf gemeinsame Jahre waren ihnen vergönnt gewesen; dann, an einem Wochenende vor zwei Jahren, hatte er unbedingt Ski laufen wollen.
In Dees Augen brannten Tränen. Ich bin es leid, einsam zu sein, dachte sie ärgerlich. Schnell griff sie nach ihrer großen Schultertasche, kramte darin und fand, was sie suchte: eine Broschüre über eine zweiwöchige Kreuzfahrt durch den Panamakanal.
Warum nicht? dachte sie. Seit zwei Jahren habe ich keinen richtigen Urlaub gemacht. Die Angestellte im Reisebüro hatte ihr gesagt, daß auf dem nächsten Kreuzfahrtschiff noch eine schöne Kabine frei wäre.
Gestern hatte ihr Vater sie gedrängt, die Gelegenheit zu ergreifen. »Erster Klasse. Ich übernehme die Kosten, Schatz«, hatte er versprochen.
Das Schiff stach in einer Woche von Costa Rica aus in See. Ich bin mit von der Partie, entschied Dee.
14
Es machte Pamela Hastings nichts aus, abends hin und wieder allein zu sein. George, ihr Mann, war auf Geschäftsreise in Kalifornien; ihre Tochter Amanda studierte auf dem College, im ersten Jahr am Wellesley.
Amandas Vorlesungen hatten vor knapp einem Monat begonnen, und so sehr sie ihr auch fehlte, Pamela mußte
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